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       # taz.de -- Olympische Winterspiele an Afrika vorbei: Exklusives Sportfest
       
       > Die Olympischen Winterspiele gehen am afrikanischen Kontinent praktisch
       > vorbei. Das wird mehr oder minder als naturgegeben hingenommen.
       
   IMG Bild: Nigerianisches Bobteam bei den Winterspielen 2018: Seun Adigun und Akuoma Omeoga freuen sich
       
       Neunundvierzig Tage sind’s noch bis zur Eröffnung der Olympischen
       Winterspiele in Peking. Spiele, [1][die in sportlicher und politischer
       Hinsicht wohl viel Wirbel] machen werden. Aber nicht in Afrika. Denn die
       Winterspiele gehen an diesem Kontinent mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern
       in 55 Ländern praktisch vorbei. Olympia und Afrika verbinden sich im Sommer
       zu einer Gold-Silber-Bronze-Legierung (über 400 Medaillen), im Winter
       finden sie so gut wie gar nicht zusammen.
       
       Dass ein kompletter Kontinent bei einem der größten Sportfeste keine Rolle
       spielt, ist nicht Gegenstand von Sportkonferenzen, auf denen über
       Partizipation nachgedacht wird oder die Ermöglichung der ersten
       afrikanischen Wintermedaille, nein, es ist ein Zustand, der hingenommen
       wird – mit Verweis auf die klimatischen Bedingungen, die wirtschaftliche
       Lage. Und überhaupt.
       
       Während es in Deutschland gleich vier Rodelbahnen mit einem Millionenbudget
       gibt, steht in Afrika keine einzige. Es gibt – notabene – keine Skiweltcups
       und Schanzentourneen. Die einzige Schanze stand zwischen 1906 und dem Ende
       der 30er Jahre in Algier. Der Norweger Ragnar Ørmen sprang 1933 mit 28
       Metern Schanzenrekord auf der Anlage, die noch vorm Zweiten Weltkrieg
       zerstört wurde.
       
       Skifahren kann man zumindest in Marokko im Skigebiet Oukaïmeden sowie in
       Südafrika und Lesotho. Bei den letzten Winterspielen im südkoreanischen
       Pyeongchang entsandte der wintersportlich abgehängte Kontinent Sportler aus
       immerhin acht Ländern: Athleten aus Eritrea, Ghana, Kenia, Madagaskar,
       Marokko, Nigeria, Südafrika und Togo trugen zur größten Präsenz
       afrikanischer Länder bei einer Winterolympiade bei.
       
       ## 15-jährige südafrikanische Eiskunstläufer
       
       Von den fünfzehn Ländern, die Afrika zwischen 1960 und 2018 bei den
       Winterspielen vertreten haben, nahmen nur sieben Länder an mehr als einer
       Winterolympiade teil. Südafrika trat 1960 erstmals mit einem ausschließlich
       weißen Team an. Die jungen Athletinnen und Athleten, das Durchschnittsalter
       betrug gerade mal 15 Jahre, gingen alle im Eiskunstlaufwettbewerb an den
       Start. Kinder von weißen Südafrikanern konnten sich eine Ausbildung im
       Eiskunstlauf in Stadien leisten, die in den 1950er Jahren gebaut worden
       waren. Der Ausschluss wegen der Apartheidpolitik erfolgte 1962. Südafrika
       war raus – bis 1994.
       
       Marokko war das zweite afrikanische Land, das an den Winterspielen
       teilnahm. Fünf alpine Skifahrer fuhren zu den Spielen 1968 in Grenoble.
       Marokkos Teilnahme hatte eine gewisse Symbolkraft, da sich das Land erst
       vor gut einer Dekade von der französischen Kolonialherrschaft befreit
       hatte. Doch wegen des Konflikts in der Westsahara konnten keine Marokkaner
       zu den nächsten drei Winterolympiaden reisen. Auch zwischen 1992 und 2010
       schickte Marokko keine Alpinen auf die Olympiahänge.
       
       [2][Senegal wiederum] feierte seine erste von fünf Teilnahmen 1984, als der
       alpine Skifahrer Lamine Guèye das westafrikanische Land in Sarajevo
       vertrat. Guèye wurde im Senegal geboren, aber seine Familie schickte ihn
       nach dem Tod seines Großvaters Lamine Guèye, Chef der senegalesischen
       Partei für Sozialistische Aktion, im Alter von acht Jahren in die Schweiz.
       
       Guèye war der erste schwarze Afrikaner, der an Winterspielen teilnahm. Er
       belegte in der Abfahrt und im Riesenslalom die Plätze 45 und 57. Nach
       seiner Abfahrt sagte Guèye: „Wir haben im Senegal nicht einmal ein Wort für
       Abfahrt, weil wir keine Berge haben.“ Der größte Hügel im Senegal ist 645
       Meter hoch, es ist der Nepen-Diakha-Berg. Aber was sollen erst die
       Niederländer (130 Winter-Medaillen) sagen? Dort geht es maximal 323 Meter
       hinauf.
       
       17 Dec 2021
       
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   DIR Markus Völker
       
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