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       # taz.de -- Rassismus bei der Berliner Polizei: Brennpunkteinheit im Fokus
       
       > Ermittlungen in Berlins zentraler Brennpunkteinheit gegen zwei
       > Polizisten: Es geht um Vorwürfe wie Volksverhetzung. Einer der beiden
       > wurde versetzt.
       
   IMG Bild: Einsatz im Görlitzer Park
       
       Berlin taz | Die Einrichtung der [1][Brennpunkt- und Präsenzeinheit] (BPE)
       hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) als zentrales Stück der
       Polizeireform gefeiert. Knapp zwei Jahre ist es das her. So lange sind die
       rund 125 Beamtinnen und Beamten der BPE an sogenannten
       kriminalitätsbelasteten Orten nun schon im Einsatz. Teile der
       Anwohnerschaft in den von Kriminalität betroffenen Kiezen sind dankbar,
       dass es die Einheit gibt. Andere sind voll der Kritik. Die BPE betreibe
       verbotenes Racial Profiling, so der Vorwurf.
       
       Und tatsächlich scheint es in der Einheit Rechtsverstöße gegeben zu haben.
       Am Freitag hat die Polizeipressestelle auf Nachfrage der taz bestätigt,
       dass gegen zwei Polizeivollzugsbeamte Ermittlungen eingeleitet worden
       seien; einer der beiden sei „umgesetzt“ worden. Details gab die
       Pressestelle nicht bekannt.
       
       Nach Informationen der taz soll es um Vorwürfe wie rassistische
       Beleidigungen und Volksverhetzung bei Kontrollen gehen sowie um sexuelle
       Belästigung zum Nachteil von Polizeiangehörigen. Bei dem versetzten
       Beschuldigten soll es sich um einen Dienstgruppenleiter handeln. Die BPE
       ist in vier Dienstgruppen gegliedert.
       
       Danach gefragt, wie sie den Vorgang bei der BPE bewerte, teilte
       Polizeipräsidentin Barbara Slowik mit, „die Polizei Berlin duldet kein
       menschenverachtendes Verhalten, in welcher Ausprägung auch immer, in den
       eigenen Reihen“, sagte Slowik. Jeder Polizist müsse sich zu den Werten des
       Grundgesetzes unumstößlich bekennen. Wer das nicht tue, zerstöre den Ruf
       eines ganzen Berufsstandes. Im aktuellen Jahr wurden 54 Strafverfahren
       gegen Berliner Polizeibedienstete wegen fremdenfeindlicher, homophober oder
       verfassungsfeindlicher Delikte eingeleitet. Im Vorjahr waren es 30.
       
       ## Einsatz an kriminalitätsbelasteten Orten
       
       Das Besondere an der BPE ist, dass sie ausschließlich an sogenannten
       kriminalitätsbelasteten Orten (kbO) zum Einsatz kommt. Konkret sind das
       Warschauer Brücke, Görlitzer Park, Alexanderplatz, Kottbusser Tor und
       Hermannplatz. Die Bilanz nach dem ersten Jahr, auch bedingt durch Corona,
       war ein deutlicher Rückgang von Gewalttaten und Diebstählen an den
       Einsatzorten. „Wir betrachten es definitiv als Erfolg, was da passiert“,
       sagte Polizeipräsidentin Slowik, als sie im Januar 2020 Bilanz zog.
       
       Von den aktuell bekannt gewordenen Vorwürfen dürften sich vor allem
       Kritiker wie die Anwohner:inneninitiative Wrangelkiez United
       bestätigt fühlen. [2][Görlitzer Park und Wrangelkiez] sind wegen des dort
       stattfindenden Drogenhandels Schwerpunkte der Polizeieinsätze. Wrangelkiez
       United und andere Initiativen aus der Flüchtlingsarbeit hatten sich
       zusammengeschlossen, weil sie bei den Kontrollen stark vermehrt Racial
       Profiling beobachten.
       
       An kriminalitätsbelasteten Orten kann die Polizei anlasslose Kontrollen
       durchführen. Anlasslose Kontrollen sind das Einfallstor für Racial
       Profiling, weil es zumeist Schwarze Menschen und People of Colour trifft.
       Regelmäßig würde die Polizei im Wrangelkiez bis zu 12-monatige
       Aufenthaltsverbote aussprechen, schreibt Wrangelliez-United auf ihrer
       Website. Sie fordern: „Die rassistische Diskriminierung von Schwarzen
       Menschen, People of Color und Sinti*zze und Rom*nja in unserem Kiez“
       müsse sofort gestoppt werden.
       
       Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken, plant zur Praxis der
       Aufenthaltsverbote, alsbald eine parlamentarische Anfrage zu stellen. Dass
       eine Person ein Jahr lang Verbot im Görlitzer Park habe, „geht gar nicht“,
       sagte Schrader am Sonntag zur taz. „Diese Praxis läuft gezielt auf eine
       Verdrängungsstrategie von marginalisierten Personen hinaus.“
       
       ## Kontrollquittungen geplant
       
       Bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD haben Linke und Grüne wie
       berichtet durchgesetzt, dass die Polizei bei Identitätsüberprüfungen [3][an
       kriminalitätsbelasteten Orten eine Kontrollquittung ausstellen] muss;
       vorausgesetzt, die Betroffenen verlangen das. In Bremen geschieht das
       bereits. Auch damit soll dem Racial Profiling begegnet werden.
       
       Als Polizeipräsidentin Slowik die BPE vor zwei Jahren aus der Taufe hob,
       geschah das mit der Ansage, nur Freiwillige würden in die Brennpunktstreife
       aufgenommen. Niemand werde gezwungen. Nach Ablauf von drei Jahren bestehe
       dann aber freie Dienststellenauswahl – ein durchaus attraktives Angebot an
       Polizeibeamte.
       
       Der Einsatz gegen die Straßenkriminalität bedingt, dass die Beamten es mit
       marginalisierten Gruppen zu tun haben. Und es ist auch aus Polizeikreisen
       zu vernehmen: Kleinkriminelle zu jagen, die sich dem Verfolgungsdruck
       schnell anpassen – kaum ist die Polizei verschwunden, sind sie wieder da –,
       ist kein begehrter Job. Kein Wunder also, dass die Arbeit in der BPE
       innerhalb der Polizei als nicht sonderlich attraktiv gilt.
       Nachwuchsprobleme sollen zum Teil bereits zur Folge haben, das Personal
       frisch von der Polizeischule zu der Einheit geholt wird.
       
       Nach Informationen der taz soll es in der Einheit durchaus Polizisten
       geben, die in dem Job Fingerspitzengefühl walten lassen. Doch dabei hilft
       es, wenn erfahrene, gestandene Kräfte den Job machen.
       
       12 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Plutonia Plarre
       
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