URI: 
       # taz.de -- Märkisches Landbrot wird Stiftung: Backen und Sinn stiften
       
       > Das Unternehmen Märkisches Landbrot ist jetzt eine Stiftung, Gewinne
       > werden nicht mehr privatisiert. Ist das ein Vorbild für andere?
       
   IMG Bild: Frisch gebackenes Brot der Biobäckerei Märkisches Landbrot
       
       Der Bäcker Joachim Weckmann hat in diesem Jahr sein Unternehmen verschenkt.
       [1][Die Demeter-Brotbäckerei Märkisches Landbrot] ist seither eine
       gemeinnützige Stiftung. Künftig kann das Unternehmen weder verkauft noch
       vererbt werden – es gehört „sich selbst“, so Weckmann. Gewinne werden nicht
       mehr privatisiert, sondern gehen für gemeinnützige Zwecke an die Stiftung
       oder verbleiben im Betrieb.
       
       Dabei gilt die Rechtsform „Stiftung“ unter Wirtschaftsjuristen als überaus
       kompliziert. Sie sei für Klein- und Mittelständler, die vom sogenannten
       Verantwortungseigentum träumen, daher wenig geeignet.
       „Verantwortungseigentum scheitert oft an rechtlichen Hürden“, so Anne
       Sanders, Professorin an der Universität Bielefeld.
       
       „Diese Einschätzung ist meiner Erfahrung nach durchaus zutreffend“, so der
       frühere Unternehmer Weckmann. Man müsse sich mit vielen rechtlichen Details
       auseinandersetzen. Seine „lange Reise“ dauerte vier Jahre. Unterstützung
       gab es von der GLS Treuhand Stiftung und der internationalen Purpose
       Stiftung.
       
       „Unternehmen in Verantwortungseigentum“ haben in Deutschland durchaus
       Tradition. Eigentümer haben in ihnen Teilhaberechte, aber sind nicht am
       Gewinn beteiligt. Damit soll sichergestellt werden, dass Gesellschaften
       allein ihrem wirtschaftlichem Zweck dienen, nicht dem Gewinnstreben der
       Anteilseigner. Von großen Unternehmen wie Bosch und Zeiss wird dies ebenso
       vorgelebt wie von mittelständischen Unternehmen [2][wie Alnatura], oder von
       Neugründungen wie der Internetsuchmaschine Ecosia.
       
       ## Eigene Rechtsform gefordert
       
       Es sind verschiedene rechtliche Konstruktionen möglich, so Anne Sanders,
       aber alle gelten heute als unpraktisch und manche nur bedingt als
       zielführend. Das will seit November 2019 eine „Stiftung
       Verantwortungseigentum“ um den jungen Firmengründer Armin Steuernagel
       ändern. Sie fordert eine eigene Rechtsform für Firmen, die nicht zum
       profitablen Nutzen der Eigentümer geführt werden.
       
       Anne Sanders und Mitstreiter wie der Präsident des Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, legten einen entsprechenden
       Gesetzentwurf für eine „Gesellschaft mbH mit gebundenem Vermögen“ vor.
       Anders als bei einer Stiftung soll das Vermögen nicht „eingemauert“ werden:
       Die jeweiligen „Verantwortungseigentümer“ können den Firmenzweck ändern,
       Vermögen spenden oder sogar das Unternehmen auflösen. Hoffnungen der
       Initiatoren ruhen nun auf der neuen Bundesregierung.
       
       ## Der Umwelt etwas zurückgeben
       
       Allerdings haben Bundestag und Bundesrat Ende Juni bereits das
       Stiftungsrecht modernisiert. In Kraft treten werden die neuen Regelungen am
       1. Juli 2023. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen begrüßte das neue
       Gesetz, sieht jedoch Bedarf für weitere Reformschritte.
       
       Für Weckmann wäre die GmbH „mit gebundenem Vermögen“ wohl ebenso
       unattraktiv wie eine Genossenschaftsgründung. Seine Stiftung stellt sicher,
       dass das Unternehmen unverkäuflich und selbstständig bleibt und Gewinne dem
       Unternehmenszweck dienen und nicht privaten Gewinnen. Ähnlich funktionieren
       zwar auch Genossenschaften, aber die Genossenschaftsanteile können
       jederzeit verkauft und Gewinne „privatnützig“ ausgeschüttet werden. „Beides
       wollte ich auf keinen Fall.“ Das Märkische Landbrot wolle mit seiner
       gemeinnützigen Tätigkeit der Umwelt und der Gesellschaft etwas zurückgeben.
       
       ## Prozess in sechs Monaten abgeschlossen
       
       Märkisches Landbrot wurde 1930 in Berlin-Neukölln gegründet. 1981 übernahm
       Joachim Weckmann und stellte die Bäckerei auf ökologische Herstellung um.
       Heute beliefert sie nach Firmenangaben rund 330 Verkaufsstellen, vom
       Supermarkt bis zum inhabergeführten Bioladen. Der Umsatz betrug im
       vergangenen Jahr 9 Millionen Euro.
       
       Am Ende ging es dann doch recht schnell, so Bäcker Weckmann. „Nachdem wir
       uns einmal für die Umsetzung von Verantwortungseigentum mithilfe einer
       gemeinnützigen Stiftung entschieden haben, war der Prozess innerhalb von
       sechs Monaten abgeschlossen.“ Er kenne allerdings Fälle, bei denen es weit
       länger dauerte. Die Stiftung steht nun vor ihrer Konstituierung. „Mir war
       wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitbestimmen können.“
       
       Dazu gehört ein Betriebsrat, dazu gehören auch ökologisch wirtschaftende
       Zulieferer. „Entscheidungen sollen nach demokratischen Prinzipien geführt
       werden“, so Weckmann. Der 68-jährige Pionier bleibt für drei Jahre als
       Vorstand aktiv, um den Übergang in die nächste Generation zu regeln.
       
       16 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hausbacken-neu-definiert/!5344801/
   DIR [2] /Alnatura/!t5009796
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
       ## TAGS
       
   DIR Stiftung
   DIR Genossenschaft
   DIR Demeter
   DIR Backen
   DIR Brot
   DIR Unternehmen
   DIR Genossenschaften
   DIR Bremen
   DIR Wendland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Neue Unternehmensform gefordert: Wirtschaften jenseits von Profiten
       
       Wirtschaftsverbände wollen eine neue Unternehmensform. Damit sollen Gewinne
       im Unternehmen bleiben. Denn momentan kann das kompliziert werden.
       
   DIR Stadtplanerin über Wohnprojekte: „Meistens geht's um Kosten“
       
       Zusammen wohnen, aber wie? Baugemeinschaft, Genossenschaft oder
       Miethäusersyndikat? Stadtplanerin Ulrike Pelz erklärt die Vor- und
       Nachteile.
       
   DIR Neue Foodcoop in Bremen: Der Super-Supermarkt
       
       Eine Initiative will das Modell Foodcoop auf ein neues Level heben. Der
       Laden von Mitgliedern für Mitglieder soll größer und regelmäßig geöffnet
       sein.
       
   DIR Dokumentation „Wir alle. Das Dorf“: Wir bau’n uns unsere Utopie
       
       In ihrem Film „Wir alle. Das Dorf“ erzählen Antonia Traulsen und Claire
       Roggan von einem alternativen Bauprojekt im Wendland.