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       # taz.de -- Rechtsextreme Chatgruppen: AfD Bayern träumt vom Bürgerkrieg
       
       > Chats belegen den Radikalkurs der AfD Bayern. Landeschef Protschka ist
       > Gruppen-Admin, Boehringer, Anwärter für den Partei-Vorsitz, ist auch
       > dabei.
       
   IMG Bild: Anwärter für den Bundesvorsitz: Peter Boehringer, hier bei einer Querdenken-Demo in München
       
       Berlin taz | Es sind düstere Einblicke: Interne Telegram-Chats belegen
       eindrücklich die antidemokratische und rechtsextreme Gesinnung großer Teile
       der AfD Bayern. Das zeigen [1][Auswertungen des Bayerischen Rundfunks], der
       über interne Chats der geschlossenen Gruppe „Alternative Nachrichtengruppe
       Bayern“ mit mehr als 200 Mitgliedern berichtete und daraus am Mittwoch
       Auszüge veröffentlichte.
       
       Besonders drastisch sind die Enthüllungen, weil der bayrische Verband
       künftig sogar an Bedeutung gewinnen könnte. So entstammt der
       Bundestagsabgeordnete Peter Boehringer dem Landesverband, der von nicht
       wenigen in der Partei als Nachfolger von AfD-Chef Jörg Meuthen gehandelt
       wird.
       
       In der internen Chatgruppe war die Rede von einer notwendigen „totalen
       Revolution“ und von „Impfungen als „Genozid an Europäern“. Ebenso kursieren
       dort laut BR islamfeindliche- und rassistische Nachrichten. Ein
       Europaparlamentarier soll 2018 sogar vorgeschlagen haben, einen
       Schweinekopf vor einer Moschee abzulegen.
       
       Vor rund einem Jahr schrieb ein AfD-Kreisvorsitzender laut BR: „Ohne
       Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr.“ Wahlen
       „helfen ohnehin nicht mehr“. Die Landtagsabgeordnete Anne Cyron soll darauf
       geantwortet haben, dass man „ohne Bürgerkrieg aus dieser Nummer nicht mehr
       rauskommen“ werde. Der jetzige Landesvorstand Georg Hock stimmte dem zu.
       Eine andere Kreisvorsitzende schrieb: „Wir brauchen die totale Revolution.
       Anzünden müsste man diese ganze Politik.“
       
       ## Die Schlüsselfiguren der AfD Bayern chatten mit
       
       Einer der Administratoren der Gruppe ist dem Bericht zufolge der
       Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka, der auch im Bundesvorstand sitzt.
       Seit Oktober ist er auch Chef der AfD Bayern und verkörpert als Mitglied
       des offiziell aufgelösten rechtsextremen Flügels auch den völkischen
       Einfluss innerhalb des Landesverbandes. Auch ansonsten sind viele
       Schlüsselfiguren der AfD Bayern in der Telegram-Gruppe versammelt: 16 der
       18 bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten sind Mitglieder, sowie 11 von 12
       Bundestagsabgeordneten aus Bayern, 10 von 13 aus dem neuen Landesvorstand.
       
       Einige Teilnehmer sollen einzelnen Aussagen laut BR auch widersprochen
       haben. Auch gab es in der Gruppe heftige interne Streitigkeiten. Der
       Umgangston war dabei nicht weniger rau: Die AfDler*innen sollen sich
       gegenseitig als „Untermensch“ oder „Pavianbande“ beschimpft und sich mit
       Gewalt bedroht haben.
       
       Zumindest zu den Bürgerkriegs- und Revolutionsfantasien wolle der
       Landesvorstand aber offenbar jetzt aktiv werden, wie Protschka sagte, als
       er mit den Recherchen konfrontiert wurde. Auch versuchte Gruppen-Admin
       Protschka die Chats klein zu reden. Ohnehin habe er die Gruppe auf stumm
       geschaltet und lese nicht mehr mit. Dabei hat er laut BR auch in diesem
       Jahr selbst noch dutzende Beiträge verfasst.
       
       Der Bundestagsabgeordnete und Anwärter für den Bundesparteivorsitz, Peter
       Boehringer, postete auch in der Gruppe: Im März 2021 erhoffte er dort einen
       Schulterschluss mit „Impfskeptikern“. Inhaltliche Anknüpfungspunkte hätte
       es dafür jedenfalls genug gegeben: Boehringer ist schon früher mit
       antisemitischen Verschwörungsideologien aufgefallen und demonstrierte mit
       selbsternannten Querdenker*innen. Auch ist er bekannt für Neonazi-Sprech
       etwa bei Warnungen vor einer „Umvolkung“, beschimpfte Bundeskanzlerin
       Merkel unflätigst und fabulierte vom vergewaltigten „Volkskörper“.
       
       Dass er trotzdem als aussichtsreicher Kandidat auf den Bundesvorsitz neben
       dem derzeitigem AfD-Chef Tino Chrupalla gilt, spricht Bände über die Lage
       im Flügelkampf innerhalb der AfD. Zuletzt sagte der
       [2][AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland], dass er mit Boehringer als
       Parteichef sehr gut leben könne. Der bisherige Co-Chef Chrupalla gilt als
       gesetzt, wenn es wieder zu einer Doppelspitze kommt. Der Sachse war der
       Wunschkandidat der ostdeutschen AfD-Verbände sowie der völkischen Strömung.
       
       Der für den Dezember angesetzte Parteitag in Wiesbaden wurde unterdessen
       wegen der Corona-Lage verschoben. Er soll Anfang des Jahres stattfinden.
       Der innerhalb der AfD als gemäßigt geltende Jörg Meuthen tritt nicht wieder
       an. Als Nachfolge werden neben Boehringer auch die Fraktionsvorsitzende
       Alice Weidel aus Baden-Württemberg, NRW-Chef Rüdiger Lucassen oder die
       Hessin Joana Cotar gehandelt.
       
       1 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/afd-bayern-interner-chat-zeigt-radikalitaet,SqEpXK5
   DIR [2] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus235155668/Alexander-Gauland-AfD-Wir-muessen-den-Spaltpilz-in-die-Union-tragen.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
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