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       # taz.de -- Mädchenbildung in Tansania: Auch Mütter dürfen lernen
       
       > Tansania kippt das Schulbesuchsverbot für Schwangere. Präsidentin Samia
       > Suluhu Hassan kommt damit auch einer Forderung der Weltbank nach.
       
   IMG Bild: Jedes Mädchen soll zur Schule gehen: Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan
       
       Daressalam taz | Tansanias Entscheidung, das [1][Verbot des Schulbesuches]
       für schwangere Mädchen und junge Mütter aufzuheben, ist ein Sieg für junge
       Frauen, die bisher durch Schwangerschaft das Recht auf Bildung einbüßten
       und zu einem Leben in Armut und Abhängigkeit verurteilt wurden. Es ist auch
       der jüngste in einer Reihe von Schritten der neuen Präsidentin Samia Suluhu
       Hassan, um die drakonische Politik ihres Vorgängers John Magufuli zu
       überwinden, der im März verstorben war.
       
       Der Schritt ebnet auch den Weg zu einer Wiederaufnahme der
       [2][Zusammenarbeit mit der Weltbank]. Diese hatte Finanzhilfen in Höhe von
       500 Millionen US-Dollar von einer Aufhebung der Schulverbotsgesetzgebung
       [3][abhängig gemacht].
       
       Bildungsministerin Joyce Ndalichako bestätigte die Entscheidung, die auch
       mit dem Ende der besonders erniedrigenden Praxis einhergeht, pubertierende
       Mädchen an Schulen zu Schwangerschaftstests zu verpflichten, um zu
       entscheiden, ob sie gehen müssen oder bleiben dürfen. Dies stößt seit
       Jahren auf Kritik von Menschenrechtsorgansationen.
       
       Das Verbot erstreckte sich nicht nur auf Schwangere. 37 Prozent der Frauen
       in Tansania heiraten vor ihrem 18. Geburtstag und sind damit bis jetzt
       automatisch vom Schulunterricht ausgeschlossen gewesen. Dies ist seit den
       1960er Jahren so und wurde zuletzt kontinuierlich verschärft: ein neues
       Schulgesetz von 2002 erlaubte den Rauswurf aus der Schule, wenn ein Schüler
       oder eine Schülerin „den Bund der Ehe eingeht“ oder einen „Verstoß gegen
       die Moral“ verübt.
       
       Der im März verstorbene Präsident John Magufuli stellte sich im Jahr 2017,
       zwei Jahre nach seiner Wahl, ausdrücklich hinter eine harte Auslegung
       dieser Politik. „Solange ich Präsident bin, werden keine Schwangeren in die
       Schule gelassen“, sagte er und erließ ein entsprechendes Dekret, das den
       Schulbesuch für Schwangere ausdrücklich verbot, „ob Ober- oder
       Grundschule“.
       
       Über 55.000 Mädchen wurden aus diesen Grund bereits zwischen 2003 und 2011
       aus Tansanias Schulen geworfen, so das globale „Centre for Reproductive
       Rights“. Die Weltbank schätzt die Zahl der erzwungenen Schulabbrüche in
       Tansania auf 5500 pro Jahr, tansanische Organisationen sprechen von 8000.
       
       Mit dem neuen Schuljahr dürfte das nun enden. „Dieser wichtige Beschluss
       unterstrecht das Bestreben des Landes, Mädchen und junge Frauen zu
       unterstützen und ihre Bildungschancen zu verbessern“, lobte die lokale
       Weltbanksprecherin Loy Nabeta. Nakali Meaning vom UN-Kinderhilfswerk Unicef
       twitterte: „Für jedes Mädchen… Hoffnung, Chancen, Möglichkeiten!“
       
       Der autonome Landesteil Sansibar hat bereits vor einigen Monaten das Recht
       von jungen Müttern bestätigt, nach der Kindsgeburt zur Schule
       zurückzukehren.
       
       Nach Tansanias Schritt ist Äquatorialguinea das einzige Land in Afrika, das
       Schwangeren noch den Schulbesuch verbietet. Im März 2020 hatte [4][Sierra
       Leone] ein entsprechendes Verbot in Reaktion auf ein westafrikanisches
       Gerichtsurteil aufgehoben.
       
       2 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hrw.org/news/2021/10/06/tanzania-pregnant-student-ban-harms-thousands
   DIR [2] https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2021/05/27/tanzania-world-bank-supports-expanded-access-to-opportunities-and-services-especially-for-women-and-youth
   DIR [3] https://www.hrw.org/news/2020/04/24/tanzania-q-ban-pregnant-girls-and-world-bank-education-loan
   DIR [4] https://www.equalitynow.org/news_and_insights/one_year_on_victory_ecowas_girls_sierra_leone/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alloyce Kimbunga
       
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