URI: 
       # taz.de -- Leichenfund in Myanmar: Gefesselt, getötet und verbrannt
       
       > In Myanmar geht das Militär immer brutaler gegen seine Gegner vor. Jetzt
       > wurden die Leichen von bis zu 39 Personen gefunden.
       
   IMG Bild: In diesen ausgebrannten Fahrzeugen wurden die Leichen gefunden
       
       Berlin taz | In Myanmar sind am Samstag die verkohlten Leichen von rund 30
       Personen in ausgebrannten Fahrzeugen gefunden worden. Beim zur Gemeinde
       Hpruso gehörenden Dorf Moso im Kayin-Staat, (auch Karenni genannt) im Osten
       des Landes wurden lokalen Nichtregierungsorganisationen zufolge Leichen und
       Leichenteile von 27 bis 39 Personen entdeckt, darunter von Frauen und
       Kindern. Einigen Leichen sollen die Hände auf dem Rücken gefesselt worden
       sein. In sozialen Medien kursierten grausamste Bilder verbrannter
       Leichenreste.
       
       In einer [1][gemeinsamen Erklärung] werfen 59 lokale Organisationen dem
       108. Infanteriebatallion der herrschenden Militärjunta vor, am Freitag 40
       Dorfbewohner gefangen und bei lebendigem Leib samt ihrer Fahrzeuge
       verbrannt zu haben. Die Organisationen fordern die internationale
       Gemeinschaft auf, die „terroristische Militärjunta“ für dieses „Massaker“
       zu bestrafen.
       
       Ein Sprecher der Junta erklärte laut der Nachrichtenagentur AFP, dass es am
       Freitag in Hpruso Zusammenstöße gab, nachdem Soldaten vergeblich versucht
       hätten, sieben „verdächtige“ Autos anzuhalten. Mehrere Menschen seien
       getötet worden, sagte der Sprecher, ohne Einzelheiten zu nennen. Laut der
       vom Militär kontrollierten Zeitung Mirror Daily seien sieben Lkw mit
       „Terroristen“ beschossen worden.
       
       Bei den Getöteten handelt es sich laut den Nichtregierungsorganisationen
       aber um Zivilisten, die sich vor Kämpfen in Sicherheit bringen wollten.
       
       ## Zwei Mitarbeiter von Hilfsorganisation vermisst
       
       Nach Angaben der im Untergrund agierenden oppositionellen Gegenregierung,
       die sich Nationale Einheitsregierung (NUG) nennt, seien die fliehenden
       Zivilisten vom Militär gestoppt und festgesetzt worden. Als vier lokale
       militärnahe Milizionäre um deren Freilassung verhandeln wollten, seien die
       vier vom Militär erschossen worden.
       
       Ähnliche Angaben machte auch die Karenni Nationalities Defense Force
       (KNDF), wie sich die lokale Widerstandsmiliz nennt. Sie hatte zusammen mit
       Augenzeugen als erste von der Tötung der Zivilisten berichtet und Fotos vom
       Tatort gemacht.
       
       Wahrscheinlich wurden auch zwei Mitarbeiter der internationalen
       Hilfsorganisation Save the Children getötet. [2][Die Organisation erklärte]
       am Samstag zwei Mitarbeiter als vermisst, die in der Region unterwegs
       gewesen seien. Ihr Auto sei angegriffen worden und ausgebrannt. Die beiden
       Mitarbeiter seien auf dem Rückweg von einem Einsatz gewesen.
       
       „Das Militär hat Berichten zufolge Menschen aus ihren Autos gezwungen,
       einige festgenommen, andere getötet und ihre Körper verbrannt“, erklärte
       die Organisation. Sie verurteilte den Angriff als Bruch des humanitären
       Völkerrechts und erklärte, ihre Arbeit dort vorübergehend einzustellen.
       
       ## Taktik der „verbrannten Erde“
       
       Myanmars Militär hat mit dem Putsch am 1. Februar die Macht an sich
       gerissen und bezeichnet mittlerweile alle Oppositionellen als
       „Terroristen“. In den ersten Wochen waren die Proteste gegen den Putsch
       friedlich gewesen, aber angesichts des brutalen Vorgehens des Militärs
       haben sich inzwischen an vielen Orten bewaffnete Gruppen, sogenannte
       Selbstverteidigungskomitees, gegen das Militär gebildet.
       
       Es gehört zur Einschüchterungstaktik der Generäle, Dörfer niederzubrennen
       und auch unbeteiligte und wehrlose Dorfbewohner einschließlich Frauen und
       Kinder zu töten, wenn es in deren Umgebung zu Widerstandsaktionen kam.
       Bereits am 7. Dezember wurden elf Zivilisten, darunter fünf Minderjährige,
       vom Militär in einem Dorf in der Region Sagaing samt Fahrzeugen verbrannt.
       
       Die Washington Post hat in einer am 23. Dezember veröffentlichten
       [3][aufwändigen Recherche] rekonstruiert, wie das Militär die Kleinstadt
       Thantlang im Chin-Staat im Westen von Myanmar systematisch mit
       Brandstiftungen zerstört hat und dabei auch nicht davor zurückschreckte,
       die Ortskirche abzubrennen.
       
       Der Artikel zieht Parallelen zum Vorgehen des Militärs im Jahr 2017. Damals
       vertrieb das Militär Hunderttausende Angehörige der muslimischen
       Rohingya-Minderheit nach Bangladesch und brannte ihre Dörfer ab.
       
       Das Militär geht aber auch mit Luftangriffen und Artillerie gegen
       Dorfmilizen wie auch gegen Flüchtlinge vor. So sind seit dem 15. Dezember
       einige Tausend Angehörige der Karen-Ethnie unter Beschuss bei der Stadt
       Myawaddy über den Grenzfluss Moei nach Thailand geflohen. Vereinzelt sollen
       dabei auch Geschosse auf thailändischem Gebiet eingeschlagen sein.
       
       26 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://progressivevoicemyanmar.org/2021/12/26/statement-on-the-massacre-of-karenni-people-by-terrorist-military-junta/
   DIR [2] https://www.savethechildren.org/us/about-us/media-and-news/2021-press-releases/burned-bodies-found-in-myanmar-staff-missing
   DIR [3] https://www.washingtonpost.com/world/interactive/2021/myanmar-military-burn-villages-tatmadaw/?tid=ss_tw
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Massaker
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Militärdiktatur
   DIR Thailand
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Rohingya
   DIR Schwerpunkt Myanmar
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Facebook fällt bei Test durch: Weiter Hass-Postings gegen Rohingya
       
       Sicherungen gegen Hass und Hetze von Facebook greifen nicht, zeigt eine
       Menschenschrechtsorganisation mit fingierten Anzeigen am Beispiel Myanmars.
       
   DIR Widerstand gegen die Militärjunta: Schrei der Stille in Myanmar
       
       Leere Straßen, geschlossene Läden: Am 1. Jahrestag des Putsches beteiligen
       sich viele an einem stillen Streik. Der Ausnahmezustand wurde verlängert.
       
   DIR Sanktionen gegen Militärjunta: Total verlässt Myanmar
       
       Erfolg für Juntagegner: Zwei große Öl- und Gaskonzerne verlassen Myanmar
       wegen Menschenrechtsverletzungen und mangelnder Rechtsstaatlichkeit.
       
   DIR Unglück in Jade-Mine in Myanmar: Bis zu hundert Menschen vermisst
       
       In einem Bergwerk im Norden Myanmars sind Minenarbeiter von einer
       Schlammlawine überrascht worden. Nach Überlebenden wird gesucht.
       
   DIR Wegen Verbreitung von ethnischem Hass: Rohingya klagen gegen Facebook
       
       Angehörige der aus Myanmar vertriebenen Ethnie geben dem US-Konzern eine
       Mitschuld an ihrem Schicksal. Sie verlangen nun Schadenersatz.
       
   DIR Friedensnobelpreisträgerin in Myanmar: Zwei Jahre Haft für Suu Kyi
       
       Die birmanische Politikerin Aung San Suu Kyi ist zu einer Haftstrafe
       verurteilt worden. Myanmars Generäle geben sich unbeeindruckt von
       Protesten.