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       # taz.de -- SPD billigt rot-grün-roten Vertrag: „Wir werden es zusammen gut machen“
       
       > Viel Zuspruch für Franziska Giffey: Beim online abgehaltenen
       > SPD-Landesparteitag stimmen 91,5 Prozent der Delegierten dem
       > Koalitionsvertrag zu.
       
   IMG Bild: Freut sich über die Zustimmung der Berliner SPD zum Koalitionsvertrag: Franziska Giffey
       
       Berlin taz | Einen Sieg und das Gefühl, recht behalten und alle Kritik
       widerlegt zu haben, muss man auch einfach mal auskosten. Frau auch. Und
       darum gibt es zum Start des SPD-Landesparteitags am Sonntag ein Filmchen zu
       sehen, das Franziska Giffeys Weg von der Kür zur Parteichefin im November
       2020 bis hin zum Wahlsieg nachzeichnet. Giffey steht danach auch in echt am
       Rednerpult, anders als die meisten der rund 280 Delegierten, die wegen der
       Pandemie nur online teilnehmen. „Wir werden es zusammen gut machen“,
       verspricht sie denen mit Blick auf die rot-grün-rote Koalition. Einige
       Sätze von ihr und mehrere Dutzend Online-Wortmeldungen später ist das auch
       offiziell: Die SPD stimmt im Hotel Estrel als erster der drei Partner für
       den Koalitionsvertrag.
       
       Die dabei erzielten 91,5 Prozent sind zwar weniger als die tags zuvor
       erreichte Zustimmung zum Vertrag der Ampelkoalition auf Bundesebene,
       nämlich 98,8 Prozent. Aber weil der Berliner Landesverband als links gilt,
       dürfte die Parteirechte Giffey, die sich anschließend herzlichst für das
       Ergebnis bedankt, auch inoffiziell nicht unzufrieden sein.
       
       Es ist ein Parteitag, bei dem durchaus der Eindruck entstehen kann, dass es
       nicht viel zu bekritteln gibt aus SPD-Sicht oder dass die, die das so
       sehen, keine Lust auf übermäßiges kleinteiliges Nachkarten haben. Denn erst
       findet ein baldiger Antrag auf Schließung der Redeliste eine große
       Mehrheit, und dann kommen auch nicht mehr alle zu Wort, die dort noch drauf
       sind: Als noch elf Namen drauf sind, meldet sich eine weibliche Delegierte
       und beantragt erfolgreich ein Ende der Debatte. Ihr Argument: Es würden nur
       noch Männer auf der Liste stehen – drei Viertel der Delegierten, bei denen
       sich Männer und Frauen fast die Waage halten, überzeugt das.
       
       Auf die in kleinem Maße vorgebrachte Kritik geht die Parteispitze nicht ein
       – auf das Ende der Debatte folgt sofort die Abstimmung über den
       Koalitionsvertrag. Dabei hatte doch etwa ein Delegierter wissen wollen, wie
       denn die nun vereinbarte Videoüberwachung mit dem früheren
       Parteitagsbeschluss vereinbar sei, dass so etwas nur temporär und
       anlassbezogen stattfinden dürfe – das finde er nämlich so nicht im
       Vertragstext.
       
       Für Giffey steht der Vertrag für die „große Chance, Berlin als Stadt der
       Gleichstellung, der Vielfalt, der Weltoffenheit, als Stadt für all
       diejenigen zu gestalten, die hier frei und selbstbestimmt leben wollen“.
       Ein bisschen Druck auf Grüne und Linkspartei hält sie auch nicht für
       falsch: Die SPD habe nun den Weg geebnet, „wir hoffen sehr, dass dann auch
       unsere Partner zustimmen“.
       
       ## Lob von Woidke und Scholz
       
       Bei den Grünen steht nach einem ähnlichen harmonischen Kleinen Parteitag am
       Mittwochabend außer Frage, dass es auch beim offiziellen Abstimmungstreffen
       am 12. Dezember Zustimmung gibt. Bei der Linkspartei bleibt der
       Mitgliederentscheid abzuwarten, der bis zum 17. Dezember dauert (siehe Text
       links).
       
       Nette Worte bekommen die Berliner SPDler auch vom SPD-Chef und
       Ministerpräsidenten des Nachbarlands Brandenburg, Dietmar Woidke, zu hören.
       Der bekennt, ihm sei das Herz in die Hose gerutscht, als am Wahlabend die
       Prognose zum Wahlausgang die Grünen vorne sah. Die sei Gott sei Dank falsch
       gewesen, die SPD habe gewonnen – „Ihr habt diese Stadt gerockt“, lobt
       Woidke.
       
       Nach ihm steht der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mikro, den die
       SPD-Fraktion Anfang 2018 noch in Hamburg besuchte und sich von ihm, damals
       dort noch erfolgreicher Ministerpräsident, im Rathaus zum Thema zügiger
       Wohnungsbau beraten ließ. Er, immer für Ironie und etwas Spott gut, will im
       Estrel in seiner Rede ein bisschen weiter ausholen und schickt darum voran:
       „Bevor ich zum Wichtigsten komme, zu Berlin, möchte ich noch etwas zu
       Deutschland sagen.“ (sta)
       
       5 Dec 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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