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       # taz.de -- Die Wochenvorschau für Berlin: Märchenhaftes in trüben Zeiten
       
       > Wie wäre es diese Woche mit einem Besuch in einer tadshikischen Teestube?
       > Die Märchenhütte kann man im Exil auf dem RAW-Gelände besuchen.
       
   IMG Bild: Märchenhaft flanieren lässt es sich auf dem St. Matthäus Kirchhof in Berlin-Schöneberg
       
       Der erste Schnee ist gefallen, einige Lebkuchen sind ebenfalls schon
       vernichtet, da wird es höchste Zeit, wieder die alten Märchenbücher
       rauszukramen – und das gilt auch für Erwachsene ohne Kinder oder Kinder im
       Umfeld, denn es gibt durchaus Weltliteratur in Märchenform, die eh noch
       nichts für Kinder ist, man denke nur an die des Romantikers E.T.A Hoffmann
       oder des dänischen Dichters Hans Christian Andersen.
       
       Aber auch abseits der abendlichen Lektüre auf dem Sofa passt es gerade zu
       den Anfechtungen der Zeit, sich in Berlin auf die Suche nach Märchenhaftem
       zu machen. Und damit seien nicht nur kulturelle Aktivitäten gemeint wie
       beispielsweise ein Besuch der Märchenhütte, die dieses Jahr auf dem
       RAW-Gelände im Exil ist. Viele Berliner*innen wissen beispielsweise
       nicht, dass die berühmtesten Märchensammler aller Zeiten, Jacob und Wilhelm
       Grimm, in Berlin beerdigt sind.
       
       Die hessischen Brüder waren nämlich politisch ziemlich aktiv und
       protestierten unter anderem 1837 gegen die Aufhebung einer liberalen
       Verfassung im Königreich Hannover. Darauf wurden sie des Landes verwiesen
       und kamen auf Einladung des preußischen König nach Berlin, wo sie dann
       [1][bis zu ihrem Tod lebten.] Begraben sind sie übrigens auf dem Alten
       St.-Matthäus-Kirchhof Berlin in Schöneberg, wo man bei der Gelegenheit auch
       noch die Gräber vieler anderer magischer Persönlichkeiten im Berliner
       Kulturleben besuchen kann, zum Beispiel [2][das von Musiker Rio Reiser],
       Musikerin und Gründungsmitglied der Lassie Singers, Almut Klotz,
       Filmverleiher Manfred Salzgeber.
       
       Auch anderswo gibt es in dieser nicht immer sehr fabelhaften Stadt
       Wunderbares zu entdecken. Den berühmten Märchenbrunnem am Eingang zum
       Volkspark Friedrichshain mit zahlreichen Skulpturen von Aschenputtel bis
       Rotkäppchen muss man sich leider für den Sommer aufsparen, denn die meisten
       der Skulpturen werden im Winter in große Holzkisten verpackt. Statt dessen
       lohnt sich vielleicht ein Ausflug ins Märchenviertel nach Köpenick, wo
       nicht nur in einer Siedlung aus den zwanziger Jahren einige Straßen nach
       den Namen berühmter Märchenfiguren benannt sind. Auch ein politisches
       Märchen wurde dort 2012 wahr, als die Bewohner gegen eine teure Sanierung
       auf die Barrikaden und ließen nicht locker ließen, bis der Investor
       einlenkte.
       
       Es geht aber auch internationaler, indem man beispielsweise mal wieder der
       Tadshikischen Teestube einen Besuch abstattet, im KunstHof in der
       Oranienburger Straße 27. In der Tadshikischen Teestube lässte es sich
       herrlich auf gemütlichen Sitzkissen lümmeln und [3][dem Blubbern des
       Samowar lauschen] – und hin und wieder gibt es dort sogar Märchenstunden
       aus 1001 Nacht. Das Mobiliar dieser Stube war übrigens 1974 im sowjetischen
       Pavillon auf der Leipziger Messe zu sehen, nach der Messe schenkte es die
       UdSSR der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft in der DDR.
       Seitdem hat sie nicht nur einen Systemwechsel überlebt, sondern auch noch
       den Rausschmiss aus dem angestammten Ort, dem Palais am Festungsgraben. Ist
       das nicht zauberhaft?
       
       6 Dec 2021
       
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