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       # taz.de -- Nachrichten zur Coronakrise: WHO skeptisch bei Impfpflicht
       
       > Die Weltgesundheitsorganisation sieht eine Pflicht als „absolut letztes
       > Mittel“. Der Bundestag debattiert derweil erneut über das
       > Infektionsschutzgesetz.
       
   IMG Bild: Vorbereitung für die Impfung in Hartlepool
       
       ## Bundestag debattiert über Coronaregeln
       
       Der Bundestag hat am Dienstag in Berlin über schärfere Beschränkungen im
       Kampf gegen die Corona-Pandemie beraten. Sie sollen bereits an diesem
       Freitag verabschiedet werden. Mit weiteren Änderungen am
       Infektionsschutzgesetz kommen die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP den
       Wünschen der Bundesländer nach, die sich in der vergangenen Woche auf ein
       bundesweit einheitliches Vorgehen verständigt hatten. Die Union warf der
       Ampel-Mehrheit vor, erneut zu spät auf die dramatische Lage zu reagieren.
       Die AfD griff insbesondere die Impfpflicht an.
       
       Der Gesetzentwurf, der am Freitag auch vom Bundesrat beschlossen werden
       soll, sieht eine Impfpflicht für Einrichtungen vor, in denen besonders
       gefährdete Menschen betreut, behandelt oder gepflegt werden, etwa
       Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime. Die Gesundheitspolitikerin der
       SPD Fraktion, Sabine Dittmar, verteidigte die Regelung. Sie sei ohne Frage
       ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten. Aber
       „auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Schwachen und
       Hilfsbedürftigen ist ein Grundrecht“, sagte sie. Sie könnten sich nicht
       aussuchen, wer sie versorge und müssten sich darauf verlassen können, dass
       nicht Gefahr für ihre Gesundheit drohe.
       
       Die SPD-Politikerin versicherte außerdem, dass der von der Ampel-Koalition
       versprochene Bonus für Pflegekräfte zu Beginn des Jahres 2022 angepackt und
       „so schnell wie möglich ausgezahlt“ werden solle. Die Prämie, für die SPD,
       Grüne und FDP eine Milliarde Euro einplanen, ist noch nicht Teil des
       Gesetzesvorhabens.
       
       Der Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes sieht als Reaktion
       auf die hohen Infektionszahlen vor, dass Bundesländer künftig wieder
       Gastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen schließen sowie größere
       Veranstaltungen absagen können. Zudem soll der Kreis jener, die
       Corona-Schutzimpfungen verabreichen dürfen, befristet auf Tierärzte,
       Zahnärztinnen und Apotheker ausgeweitet werden. Ärztinnen und Ärzte können
       das Impfen – wie bereits heute – auch an Pflegekräfte delegieren. (epd)
       
       ## Polen führt Teil-Impfpflicht ein
       
       In Polen gilt vom 1. März an eine Impfpflicht für Ärzt:innen,
       Lehrer:innen und Sicherheitskräfte. Gesundheitsminister Adam Niedzielski
       kündigt weiter an, das Personal in Restaurants und ähnlichen öffentlichen
       Orten werde verpflichtet, Impfzertifikate zu überprüfen.
       
       Zudem sollen Reisende, die nicht aus Staaten des Schengen-Abkommen stammen,
       ab dem 15. Dezember einen negativen Test bei der Einreise vorweisen. (rtr)
       
       ## Scholz sieht Gesellschaft wegen Corona nicht gespalten
       
       Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht sich bei der
       Verschärfung von Coronamaßnahmen von einer Mehrheit der Menschen in
       Deutschland unterstützt. „Man muss ganz klar sagen: Die Gesellschaft ist
       eben nicht gespalten, sondern überwiegend einer Meinung“, sagte er nach der
       Unterzeichnung des Koalitionsvertrags der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP
       am Dienstag in Berlin.
       
       Allerdings gebe es auch solche, die „aggressiv“ agierten, weil sie anderer
       Meinung seien. Davon dürfe sich die Gesamtgesellschaft nicht anstecken
       lassen, sondern müsse dies „mit aller Entschiedenheit“ zurückweisen.
       
       Zum Fackelzug mutmaßlich rechter Gruppen vor dem Haus der sächsischen
       Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am vergangenen Freitag sagte
       Scholz, dass Fackelzüge nicht nur eine Meinungsäußerung, sondern als
       Bedrohung gemeint seien. Dies weise er entschieden zurück. Im sächsischen
       Grimma, südöstlich von Leipzig, waren rund 30 Personen mit Fackeln vor das
       Haus der Gesundheitsministerin gezogen. (epd)
       
       ## WHO: Impfpflicht als „absolut letztes Mittel“
       
       Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dazu aufgerufen, eine
       Corona-Impfpflicht nur als letztes Mittel im Kampf gegen die Pandemie in
       Betracht zu ziehen. Vorschriften zu einer Impfpflicht „sind ein absolut
       letztes Mittel und nur anzuwenden, wenn alle anderen machbaren Optionen zur
       Verbesserung der Impfaktivität ausgeschöpft wurden“, sagte der
       WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, am Dienstag bei einer
       Online-Pressekonferenz in Kopenhagen.
       
       In Österreich soll im Februar eine allgemeine Corona-Impfpflicht in Kraft
       treten. Auch in Deutschland wird derzeit angesichts einer heftigen vierten
       Coronawelle über diese Maßnahme diskutiert. Der designierte Bundeskanzler
       Olaf Scholz (SPD) hatte kürzlich angekündigt, ein Gesetzgebungsverfahren
       zur allgemeinen Corona-Impfpflicht „zeitnah“ auf den Weg zu bringen. Dabei
       solle jeder Abgeordnete ohne Fraktionszwang „nach seinem Gewissen
       abstimmen“ können.
       
       Auf Initiative der Ampel-Fraktionen soll der Bundestag am Dienstag
       gesetzliche Neuerungen zur Eindämmung der Coronapandemie auf den Weg
       bringen. Dazu gehört die schon seit einiger Zeit geplante
       einrichtungsbezogene Impfpflicht, die etwa für das Personal in Alten- oder
       Pflegeheimen gelten soll. Wer dort tätig ist, soll dem Gesetzentwurf
       zufolge bis zum 15. März einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen
       oder darlegen, dass er nicht geimpft werden kann.
       
       WHO-Regionaldirektor Kluge rief am Dienstag überdies dazu auf, Kinder
       besser vor dem Coronavirus zu schützen. Kinder zwischen fünf und 14 Jahren
       seien derzeit am stärksten von den Infektionen betroffen. (afp)
       
       ## Rund 36.000 Neuinfektionen gemeldet
       
       Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet 36.059 Neuinfektionen binnen 24
       Stunden. Das sind 9.694 Fälle weniger als am Dienstag vor einer Woche, als
       45.753 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt auf
       432,2 von 441,9 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000
       Einwohner:innen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem
       Coronavirus angesteckt haben.
       
       Allerdings ist unklar, ob und in wieweit die Pandemie tatsächlich gebremst
       weden konnte. Denn sowohl die Testlabore als auch die Gesundheitsämtern
       sind stark überlastet und kommen mit der Erfassung neuer Fälle nicht mehr
       hinterher. Heute hat zudem das Land Sachsen nur 949 neu registrierte
       Infektionen gemeldet. Das ist offensichtlich viel zu wenig. Vor einer Woche
       waren in dem Land noch rund zehn mal so viele Infektionen registriert
       worden. Die Fehlmeldung aus Sachsen verzerrt die 7-Tage-Inzidenz nach
       unten.
       
       399 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht
       sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen eines Tages auf 103.520.
       Allein in den letzten drei Wochen wurden [1][über 4.000 Corona-Tote
       registriert]. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 6,22
       Millionen Coronatests positiv aus. (rtr/taz)
       
       ## Corona-Demos in Sachsen und Thüringen
       
       In mehreren Städten in Sachsen und Thüringen haben am Montagabend Hunderte
       Menschen gegen die Politik zur Eindämmung der Coronapandemie protestiert.
       
       Im sächsischen Freiberg stoppte die Polizei nach eigenen Angaben einen
       unzulässigen Aufzug und leitete Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen
       insgesamt 451 Menschen ein. Die Teilnehmerzahl des Aufzuges habe im oberen
       dreistelligen Bereich gelegen. In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt
       gingen bis zu 1.000 Menschen auf die Straße. In der Politik wächst
       unterdessen die Besorgnis über eine Radikalisierung der Proteste gegen die
       Coronapolitik.
       
       Wie die sächsische Polizei am späten Abend mitteilte, gab es Proteste auch
       in Bautzen, Chemnitz, Zwönitz, Hainichen, Mittweida, Schneeberg sowie an
       weiteren Orten. An allen Einsatzorten im Freistaat seien mehr als 700
       Ordnungswidrigkeitsverfahren und über ein Dutzend Strafverfahren eröffnet
       worden, unter anderem wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und
       Beleidigung.
       
       In Thüringen versammelten sich unter anderem in Erfurt, Bad Salzungen,
       Jena, Sömmerda, Zeulenroda und Altenburg jeweils mehrere Hundert Menschen,
       wie es aus dem Innenministerium des Landes hieß. In der Landeshauptstadt
       Erfurt hätten sich am Abend etwa 350 Menschen auf dem Anger getroffen. Nach
       einer verfügten Auflösung der Versammlung hätten sich die Menschen als
       Aufzug in Bewegung gesetzt, erklärte die Polizei. In der Spitze seien etwa
       1.000 Teilnehmende gezählt worden. Die Rädelsführer seien angezeigt worden.
       
       Bereits für Montagmittag waren vor dem Dresdner Landtag massive Proteste
       von Coronakritiker:innen angekündigt worden. Laut Polizei kamen
       zwischen 50 und 100 Demonstrant:innen in der sächsischen
       Landeshauptstadt zusammen und damit weit weniger als erwartet. (epd)
       
       ## Inneninister:innen besorgt wegen Coronaprotesten
       
       Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einer
       dramatischen Situation, die sich in den vergangenen Wochen noch einmal
       verschärft habe. Der Protest lade sich zunehmend mit [2][Hass und Gewalt]
       auf, sagte er am Montagabend in der TV-Sendung RTL Direkt.
       
       Der Präsident des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan
       Kramer, forderte angesichts der Coronaproteste in Sachsen und Thüringen
       mehr Härte des Staates. Es gehe nicht mehr um Versammlungs- und
       Meinungsfreiheit, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Dienstag):
       „Es geht nur noch darum, einzuschüchtern und Angst zu verbreiten. Diese
       Menschen brauchen keine Kommunikation, sondern eine klare Ansage.“
       
       Die Drohungen richteten sich längst nicht mehr allein gegen
       Politiker:innen wie die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping
       (SPD), [3][vor deren Privathaus bei Grimma am Freitagabend
       Demonstrant:innen mit Fackeln aufmarschiert waren], sagte Kramer. Schon
       seit Langem gebe es auch Drohungen gegen Lehrkräfte, Ärzt:innen und
       Wissenschaftler:innen.
       
       Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) plädierte nach dem
       Fackelaufzug vor Köppings Haus für klare Konsequenzen und warnte vor einer
       Radikalisierung der „Querdenker“-Szene. „Die aktuellen Vorfälle in Grimma
       besorgen mich sehr“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland
       (Dienstag). „Das ist ein Angriff auf unsere Demokratie. Solch bedrohliche
       Entwicklungen müssen im Keim erstickt werden.“ Auch in Bayern stieg die
       Zahl der Versammlungsanmeldungen und der Zulauf zu „Querdenker“-Demos.
       (epd)
       
       ## Bahn will 3G auch im Nahverkehr kontrollieren
       
       Die Deutsche Bahn führt einem Medienbericht zufolge ab Mittwoch
       stichprobenartige Kontrollen von 3G-Nachweisen im Nahverkehr ein.
       
       Fahrgäste ohne Beleg für Test, Impfung oder Genesung (3G) sollen „diskret
       und höflich“ gebeten werden, am nächsten Knotenbahnhof auszusteigen,
       berichtet das RedaktionsNetzwerk Deutschland vorab unter Berufung auf eine
       interne Dienstanweisung der DB Regio. Bei Weigerungen solle die
       Bundespolizei hinzugezogen werden. (rtr)
       
       7 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/gereonas/status/1468128984324005890
   DIR [2] /Opferberater-ueber-Corona-Angriffe/!5817191
   DIR [3] /Corona-in-Sachsen/!5817190
       
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