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       # taz.de -- Zwischenbilanz der Fußball-Bundesliga: Lob der Langeweile
       
       > Die Hinrunde der Bundesliga war, wie eine Hinrunde der Bundesliga eben so
       > ist. Warum das eigentlich ganz gut ist.
       
   IMG Bild: Fußball zum Hören: Thomas Müller im Corona-Modus
       
       Wie schön, dass es die Bundesliga gibt. Sie ist ein Anker in diesen
       aufgeregten Zeiten. Da können Virusvarianten durch die Lüfte fliegen, da
       kann sogar ein Sozi Kanzler werden – in der Liga bleibt immer alles beim
       Alten. Der FC Bayern wird Meister, [1][Robert Lewandowski] stellt an jedem
       Spieltag irgendeinen Rekord auf (die meisten Tore nach Friseurbesuch am
       Vortag innerhalb eines Kalenderjahrs), und irgendein sogenannter
       Traditionsverein (Borussia Mönchengladbach) taumelt dem Abstieg entgegen.
       Nicht auszudenken, wenn diese Konstanten auch noch ins Wanken gerieten!
       Nach dem 17. Spieltag der Saison 2021/22 ist es also angezeigt, voller
       Dankbarkeit eine Bilanz der Hinrunde zu ziehen.
       
       Der größte Dank gilt selbstredend dem FC Bayern München, der es in der ihm
       eigenen Art wieder einmal geschafft hat, einen Konkurrenten sportlich ins
       Abseits zu kaufen. Dem Vizemeister den Trainer (Julian Nagelsmann), den
       Kapitän (Marcel Sabitzer) und den besten Innenverteidiger (Dayot Upamecano)
       abzunehmen, um die Statik der Liga nur ja nicht zu gefährden, das gehört zu
       den Traditionslinien in der Bundesliga und sucht im Ausland seinesgleichen.
       Dass auf diese Weise mit Rasenballsport Leipzig ein Klub in die erweiterte
       Abstiegszone katapultiert wurde, der in den meisten Kurven nicht allzu
       beliebt ist, ist ein besonderes Geschenk des FC Bayern.
       
       In Richtung Tabellenspitze zu schielen, lohnt sich in dieser Spielzeit eh
       nicht für die meisten Klubs. Der Tabellenvierte ist nach der Hinrunde dem
       Relegationsplatz näher als dem FC Bayern. Anders gesagt: Nach dem Ende der
       Hinrunde gibt es 15 Abstiegskandidaten, was deren Fans durchaus
       interessieren dürfte.
       
       [2][Die durften zu Saisonbeginn die Stadien wieder füllen], und endlich hat
       man nicht mehr verstanden, was Thomas Müller über 90 Minuten seinen
       Mitspielern so zubrüllt. Die von allen Spielern im Field-Interview nach den
       Partien gewürdigte Rückkehr der Fans war das emotionale Zuckerl dieser
       Hinrunde. Dass im Sommer die Stadien, anders als vor der Pandemie, nicht
       immer pickepackevoll waren, war durchaus bemerkenswert.
       
       Es scheint ein paar Fußballanhänger zu geben, die in der Zeit ihrer
       Aussperrung aus dem Stadion gemerkt haben, dass man an einem
       Samstagsnachmittag auch etwas anderes machen kann, als seinem favorisierten
       Klub irgendetwas hinterherzuschreien und dabei überteuertes Bier aus
       Plastikbechern zu trinken. Der Deutschen Fußball-Liga, die zur kurzen
       Winterpause ihren Chef Christian Seifert („Was hat der Fußball falsch
       gemacht?“) verliert, könnte das ja dazu veranlassen, darüber nachzudenken,
       ob es angebracht ist, Fußball weiterhin nur als Produkt und die Fans als
       Stakeholder zu bezeichnen. Aber damit ist nicht wirklich zu rechnen.
       
       Die Zeit der gut gefüllten Stadien ist ohnehin wieder vorbei. Leere Ränge
       gelten immer noch als Ausweis politischer Handlungsfähigkeit in der
       Coronapandemie. Und so bekommen nur noch ganz wenige Menschen mit, wie sich
       mit Greuther Fürth wieder einmal einer dieser Kleinklubs in der Liga
       blamieren darf, die für die Fans der größten Zweitligisten aller Zeiten
       (Schalke, Werder, HSV) eigentlich verboten gehören. Die spielen ja auch nur
       deshalb erste Liga, weil sie sich sportlich dafür qualifiziert haben.
       Unerhört! Vielleicht wäre es ja am besten, nicht nur oben, sondern auch
       unten bliebe immer alles beim Alten. Mal ehrlich: Sehnen wir uns nicht alle
       nach Stabilität?
       
       19 Dec 2021
       
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