URI: 
       # taz.de -- Haftstrafen gegen Dissidenten und Anwalt: Ägypten sperrt Kritiker weg
       
       > Das Regime in Kairo hat den Aktivisten Alaa Abdel Fattah und zwei
       > Mitangeklagte zu Haftstrafen verurteilt. Zuvor hatte Berlin interveniert
       > – erfolglos.
       
   IMG Bild: Seit 2013 in Unfreiheit: Alaa Abdel Fattah
       
       Kairo taz | Trotz Intervention der deutschen Bundesregierung wurden am
       Montag in Ägypten harte Urteile gegen zwei prominente Dissidenten und einen
       Menschenrechtsanwalt gefällt. Ein Staatssicherheitsgericht verurteilte den
       Regimekritiker Alaa Abdel Fattah zu 5 Jahren Gefängnis. Sein Anwalt
       Muhammad Baqer erhielt 4 Jahre, ebenso wie der Blogger Mohamed Ibrahim
       alias Oxygen.
       
       Sie waren angeklagt, Falschmeldungen verbreitet und die sozialen Medien
       missbraucht zu haben, sowie einer illegalen Gruppe anzugehören, die
       staatliche Institutionen daran gehindert habe, ihrer Pflicht nachzukommen.
       Sie können nicht in Berufung gehen. Die drei haben bereits mehr als zwei
       Jahre in Untersuchungshaft gesessen, was eigentlich nach ägyptischem Gesetz
       nicht erlaubt ist.
       
       Die Bundesregierung hatte die bevorstehende Urteilsverkündung in einer
       [1][Erklärung] „als richtungsweisendes Signal für die Entwicklung der
       Menschenrechtslage in Ägypten“ bezeichnet. „Die Bundesregierung erwartet,
       dass sich die ägyptische Regierung für ein faires Verfahren und die
       Freilassung einsetzt“, hieß es. „Rechtsanwälte dürfen nicht für die
       Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit bestraft werden.“
       
       Kairo hatte die Vorwürfe vehement zurückgewiesen und jegliche Einmischung
       in interne Angelegenheiten abgelehnt. „Die deutsche Regierung sollte ihren
       eigenen Herausforderungen mehr Aufmerksamkeit schenken, anstatt anderen
       ihre Vormundschaft aufzuzwingen“, heißt es in einer Replik.
       
       ## Mutter meldet sich in NYT zu Wort
       
       Baqer wurde im September 2019 nach der Festnahme Fattahs selbst verhaftet
       und wurde dann im selben Fall wie sein Mandant angeklagt, beschreibt die
       Bundesregierung den Hintergrund ihrer Intervention. Unmittelbar zuvor hatte
       es Proteste gegen Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi gegeben.
       
       Baqer befände sich seit über zwei Jahren in widerrechtlicher
       Untersuchungshaft unter sehr schlechten Haftbedingungen und stehe nun vor
       einem Notstandsgericht ohne Möglichkeit zur Einlegung von Rechtsmitteln.
       Noch vor Abschluss seines Verfahrens sei er darüber hinaus von der
       ägyptischen Regierung als Terrorist eingestuft, heißt es weiter.
       
       Auch in den USA genießt der Fall Aufmerksamkeit. [2][Laila Soueif, die
       Mutter Abdel Fattahs], hatte sich in einer [3][Kolumne] in der New York
       Times direkt an die Öffentlichkeit gewandt. Das Verbrechen ihres Sohnes
       sei, „dass er, wie Millionen anderer junger Menschen in Ägypten geglaubt
       hat, dass eine andere Welt möglich ist“, schreibt sie.
       
       Soueif beschreibt auch die bisherigen Haftbedingungen ihres Sohnes. „In der
       Nacht, in der ins Gefängnis gebracht wurde, haben sie ihn nackt ausgezogen
       und geschlagen – in einer Prozedur, die andere Gefangenen als
       ‚Willkommensparty‘ beschreiben.“ Ihrem Sohn werde Lesematerial verweigert.
       Er dürfe kein Radio und keine Uhr haben. Er dürfe seine Zelle nur
       verlassen, wenn er Besuche bekomme oder wenn er vor Gericht müsse.
       
       ## USA stellen Militärhilfe infrage
       
       Abdel Fattah, der zu den Aktivisten gehört, die den Aufstand gegen den
       gestürzten Diktator Hosni Mubarak 2011 maßgeblich mitgeformt haben,
       [4][wurde 2013 beim Protest gegen ein verschärftes Demonstrationsgesetz
       festgenommen und zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt]. Ein
       halbes Jahr nach Ende der Haft wurde er 2019 erneut festgenommen und
       befindet sich seitdem in Gewahrsam.
       
       Abzuwarten bleibt, wie die US-Regierung auf die neuerlichen Urteile in
       Ägypten reagieren wird. Laut einem [5][Bericht] der Washington Post, die
       sich auf die Informationen eines nicht namentlich genannten
       Regierungsbeamten bezieht, will die Regierung unter US-Präsidenten Joe
       Biden die jährlichen 1,3 Milliarden US-Dollar Militärhilfe an Ägypten an
       Bedingungen knüpfen. Nach längeren Verhandlungen wurden 170 Millionen
       Dollar an Ägypten für Antiterrormaßnahmen und Grenzsicherung freigegeben.
       Weitere 130 Millionen sollen folgen, wenn 16 nicht namentlich genannte
       Personen freigelassen werden. Unklar ist, ob Fattah, mit auf dieser Liste
       steht.
       
       20 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2502526?pk_campaign=newsletter_Pressemitteilung_2021_12_17&pk_kwd=link_Ausw%C3%A4rtiges+Amt+anl%C3%A4sslich+der+bevorstehenden+Urteilsverk%C3%BCndung+gegen+den+%C3%A4gyptischen+Rechtsanwalt+Mohammed+El-Baqer
   DIR [2] /Aktivistinnen-ueber-aegyptische-Revolution/!5737502
   DIR [3] https://www.nytimes.com/2021/12/17/opinion/alaa-abdel-fattah-egypt-political-prisoners.html
   DIR [4] /15-Jahre-Haft-fuer-aegyptischen-Blogger/!5040319
   DIR [5] https://www.washingtonpost.com/national-security/facing-pressure-on-human-rights-biden-administration-attaches-new-conditions-on-egypt-security-aid/2021/09/13/bdbae57c-1496-11ec-ae9a-9c36751cf799_story.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim El-Gawhary
       
       ## TAGS
       
   DIR Justiz in Ägypten
   DIR Ägypten
   DIR Blogger
   DIR Schwerpunkt Pressefreiheit
   DIR Klimakonferenz in Dubai
   DIR Feinde der Pressefreiheit
   DIR Erderwärmung
   DIR Justiz in Ägypten
   DIR Justiz in Ägypten
   DIR Ägypten
   DIR Ägypten
   DIR Zehn Jahre Arabischer Frühling
   DIR Ägypten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Menschenrechte beim Weltklimagipfel: Klimaschutz braucht Demokratie
       
       Nicht nur für den Austragungsort der Fußball-WM, sondern auch für die
       jeweiligen Gastgeber des Weltklimagipfels sollte es Mindeststandards geben.
       
   DIR Repression in Ägypten: Staatspartei mag keine Kritik
       
       Im November tagt die Weltklimakonferenz in Ägypten. In der Zwischenzeit
       attackiert das Regime die letzte unabhängige Nachrichtenplattform.
       
   DIR Vor dem Petersberger Klimadialog: Keine Klimagerechtigkeit ohne Menschenrechte
       
       Ägypten wird Gastgeber der COP27. Den anstehenden Petersberger Klimadialog
       muss Deutschland auch dafür nutzen, die marode Menschenrechtslage
       anzuprangern.
       
   DIR Wiener Student in Haft in Ägypten: Freiheit für Ahmed!
       
       Ahmed Samir Santawy ist eigentlich Student in Österreich – doch seit einem
       Jahr sitzt er in Ägypten in Haft. Seine Kommiliton:innen geben nicht
       auf.
       
   DIR Repressionen in Ägypten: Spielball des Militärregimes
       
       Die ägyptische Menschenrechtsaktivistin und Filmemacherin Sanaa Seif wartet
       auf ihre Entlassung aus der Haft. Nun soll sie endlich freikommen.
       
   DIR Repression in Ägypten: Paranoia im Sisi-Staat
       
       Ägyptens Präsident geht brutal gegen Regime-Kritiker vor. Alaa Abdel Fattah
       steht stellvertretend für zehntausende Gesinnungshäftlinge.
       
   DIR Arabischer Frühling: Eigentümlich ironiefrei
       
       Kitschige Prosa und affektierte Figuren. Der ägyptische Schriftsteller Alaa
       al-Aswani holt in seinem neuen Roman weit aus.
       
   DIR Aktivistinnen über ägyptische Revolution: „Statt Hoffnung eine Portion Wut“
       
       Für ihr Engagement wurde Familie Seif bekannt. Mutter und Tochter erzählen
       von Gefängnisbesuchen, Repression und europäischer Verantwortung.
       
   DIR Aktivistin Sanaa Seif in Ägypten: In den Minibus gezerrt
       
       Protestikone Alaa Abdel Fattah sitzt seit Jahren im Gefängnis. Nun wurde
       auch seine Schwester Sanaa Seif in Kairo entführt und zum Verhör gebracht.