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       # taz.de -- EU-Kommission zu Abgaben von Unternehmen: Brüssel will bis 2023 Mindeststeuer
       
       > Die EU-Kommission fordert, dass Firmen mindestens 15 Prozent ihres
       > Gewinns abführen. Einen Teil der Mehreinnahmen soll die EU bekommen.
       
   IMG Bild: Die USA haben die Konzern-Mindeststeuer durchgesetzt: Plakat in Washington mit Amazongründer Bezos
       
       Brüssel taz | Die Europäische Union will Steuertricks großer Konzerne
       verhindern und die von den USA durchgesetzte globale [1][Mindeststeuer]
       zügig einführen. Zugleich begräbt die EU-Kommission aber ihren Plan für
       eine europäische Digitalsteuer, die vor allem große US-Konzerne wie Apple,
       Facebook oder Google getroffen hätte.
       
       Dieser Deal war im Sommer mit den USA ausgehandelt worden, danach gab es
       eine Einigung mit über 130 Ländern. Nun geht es an die Umsetzung. Die EU
       werde zum Vorreiter, freute sich Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni, der
       seinen Vorschlag am Mittwoch in Brüssel vorstellte.
       
       Geplant ist, einen effektiven Steuersatz von 15 Prozent des Gewinns
       einzuführen und damit das Steuerdumping zu beenden. Auch die Verlagerung
       von Gewinnen in außereuropäische Steueroasen soll erschwert werden, genau
       wie die Nutzung von Briefkastenfirmen. EU-Länder wie Luxemburg, Malta, die
       Niederlande oder Irland waren wegen dieser und anderer Tricks immer wieder
       in die Schlagzeilen geraten.
       
       Damit soll spätestens 2023 Schluss sein. Internationale Firmen mit
       mindestens 750 Millionen Euro Jahresumsatz sollen dann mindestens 15
       Prozent Steuern zahlen – unabhängig von ihrem Sitz. Zahlt ein Unternehmen
       mit seiner Tochterfirma im Ausland weniger Steuern, kann der Heimatstaat
       die Differenz kassieren. Briefkastenfirmen sollen auch dort zahlen, wo sie
       wirklich aktiv sind.
       
       ## 5,7 Milliarden Euro für Deutschland
       
       Die neuen EU-Regeln sollen transparent und effizient sein, so Gentiloni.
       Sie bedeuteten aber kein Ende des Steuerwettbewerbs und keine
       Harmonisierung. So können Länder wie Deutschland auch künftig höhere
       Steuern kassieren. „Wir wollen nur den Unterbietungswettbewerb beenden“,
       sagte der Italiener. Es gehe um mehr Fairness und ein Ende der Trickserei.
       
       Wie hoch die Mehreinnahmen aus den Unternehmensteuern ausfallen, sagte
       Gentiloni nicht. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
       Entwicklung (OECD) rechnet mit 150 Milliarden Dollar zusätzlich. Nach
       Berechnungen der EU-Steuerbeobachtungsstelle, eines unabhängigen
       Analysehauses, könnte Deutschland mit 5,7 Milliarden Euro mehr rechnen,
       Luxemburg käme auf 4,1 Milliarden Euro.
       
       Einen Teil des Gelds will die EU selbst kassieren, um ihre Schulden aus dem
       bis zu 800 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds abzutragen. Dazu
       braucht sie sogenannte Eigenmittel. Auch dazu kam am Mittwoch ein Vorschlag
       aus Brüssel. Haushaltskommissar Johannes Hahn möchte Geld aus der globalen
       Steuerreform abzweigen, sich aber auch Einnahmen aus dem Emissionshandel
       und dem geplanten EU-Klimaschutz-Zoll sichern.
       
       Mit dem Paket werde die Basis für die Rückzahlung der Coronahilfen gelegt
       und gleichzeitig eine Unterstützung des Klimaschutzpakets „Fit for 55“
       finanziert, so Hahn. Die neuen Einnahmequellen würden durchschnittlich rund
       17 Milliarden Euro im Jahr für den EU-Haushalt freisetzen. Allerdings
       müssen die 27 EU-Staaten noch zustimmen. Bisher waren sie bei den
       Eigenmitteln eher knausrig.
       
       Die Mitgliedstaaten müssten „runter von der Bremse“, fordert denn auch der
       CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Der Aufbaufonds wurde mit dem
       Versprechen neuer Eigenmittel auf Pump finanziert. Dieses Versprechen muss
       nun mit Leben gefüllt werden“, so Ferber.
       
       Ähnlich äußerte sich der schleswig-holsteinische Grünen-Politiker Rasmus
       Andresen. „Die Einnahmen der Konzernsteuer gehören in den EU-Haushalt und
       sollten nicht in nationale Haushalte versickern“, sagte er. Nötig sei auch,
       einen Klimasozialfonds einzurichten. Das bisher dafür vorgesehene Geld
       reiche nicht aus.
       
       22 Dec 2021
       
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