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       # taz.de -- Mann tötet Familie in Brandenburg: „Übersteigerte Befürchtungen“
       
       > Nachdem seine Frau mit falschem Impfpass auffliegt, tötet ein Mann in
       > Brandenburg seine Familie. Er stand offenbar der Querdenken-Szene nahe.
       
   IMG Bild: Blumen und Kerzen erinnern an die getötete Familie vor deren Wohnhaus in Senzig
       
       BERLIN taz | Michaela Wiezorek, Bürgermeisterin von Königs Wusterhausen,
       ist geschockt. „Diese Tragödie lässt mich fassungslos zurück“, erklärt sie.
       Ihr Mitgefühl gehöre den Angehörigen und Freunden der [1][getöteten Familie
       aus dem Stadteil Senzig]. Für diese sei es „ein furchtbarer Verlust“.
       
       Tatsächlich wühlt der Fall in Senzig viele Menschen auf – und er hat
       offenbar eine politische Komponente. Laut Ermittlern hatte in der Nacht zu
       Freitag ein 40-Jähriger seine drei Kinder im Alter von vier, acht und zehn
       Jahren und seine Frau erschossen, danach tötete er sich selbst. In einem
       Abschiedsbrief soll er die Tat mit einem gefälschten Impfausweis begründet
       haben, den er für seine Frau besorgte und der an ihrer Arbeitsstelle, der
       Verwaltung einer Hochschule, aufgeflogen sei. Er habe eine Verhaftung und
       die Wegnahme seiner Kinder befürchtet.
       
       Das Wissenschaftsministerium Brandenburg bestätigte am Mittwoch, dass die
       Hochschule die Mutter wegen des gefälschten Ausweises angeschrieben hatte.
       Dazu sei sie auch verpflichtet und habe „alles richtig gemacht“.
       
       Gernot Bartleon von der ermittelnden Staatsanwaltschaft Cottbus sprach von
       „völlig übersteigerten Befürchtungen“ des Vaters, die auch Fragen nach
       einer psychischen Erkrankung aufwerfen. So wurde zuletzt zwar der
       Strafrahmen für gefälschte Impfpässe erhöht. Nun drohen dafür eine
       Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe, für einen
       „gewerbsmäßigen“ Handel bis zu fünf Jahre. Dem nicht Vorbestraften hätte
       aber wohl nur eine Geldstrafe bevorgestanden.
       
       ## Offenbar in der „Querdenker“-Szene aktiv
       
       Offenbar bewegte sich dieser zuletzt im [2][„Querdenker“-Milieu]. Ein Mann
       seines Namens war am 25. November der Gruppe „Freiheitsboten Königs
       Wusterhausen“ beigetreten. Dort hieß es nach den Todesfällen, er sei auch
       Mitglied der „Querdenker“-Partei Die Basis gewesen. Einige Nutzer dort
       schrieben die Verantwortung für die Todesfälle der Corona-Politik zu.
       Andere bezweifelten den Inhalt des Abschiedsbrief oder warnten vor einer
       Instrumentalisierung der Tat. Laut des Center für Monitoring, Analyse und
       Strategie (Cemas) war der 40-Jährige seit Juli 2021 auch in anderen
       Chatgruppen der Szene aktiv, etwa in der des prominenten
       Corona-Verharmlosers und Arztes Bodo Schiffmann. Ungeklärt ist noch die
       Herkunft der Schusswaffe, hier ermittelt die Staatsanwaltschaft.
       
       In der Coronaprotestszene und auf deren Social-Media-Kanälen hatten sich
       zuletzt [3][Endkampf- und Widerstandsaufrufe] gehäuft. So erfolgten Gewalt-
       und Mordandrohungen gegen Politiker:innen wie [4][Sachsens
       Ministerpräsident Michael Kretschmer] (CDU). In Sachsen zogen einige
       „Querdenker“ bis vor das Haus von Gesundheitsministerin [5][Petra Köpping]
       (SPD). In Mecklenburg-Vorpommern versuchten Demonstrierende am Montagabend,
       das Haus von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) aufzusuchen, wurden
       aber von der Polizei kurz davor gestoppt. Auch vor der Kölner Wohnung des
       neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) waren am Freitag
       vier Impfgegner aufgetaucht.
       
       ## Internes Lagebild des Innenministeriums warnt
       
       In einem aktuellen internen Lagebild des Bundesinnenministeriums, das der
       taz vorliegt, ist die Rede von einer „in Teilen aggressiven und
       gewaltbereiten“ öffentlichen Auseinandersetzung über die
       Corona-Schutzmaßnahmen. Gerade teilnehmerstarke Versammlungen hätten ein
       „deutlich erhöhtes Eskalationspotenzial“. Bei Einzelpersonen oder
       Kleinstgruppen sei davon auszugehen, „dass die Radikalisierungstendenz
       voranschreitet“. Auch müsse weiter mit Straftaten gegen Objekte aus dem
       Gesundheitssektor oder auch gegen Personen, die für die Maßnahmen
       verantwortlich gemacht würden, gerechnet werden.
       
       Auch [6][mehrere Innenminister der Länder] hatten zuletzt vor einer
       weiteren Radikalisierung der Querdenken-Szene gewarnt, die mit einer
       Impfpflicht noch zunehmen dürfte. Sie forderten als Gegenmittel
       Schnellverfahren gegen Straftäter oder eine Klarnamenpflicht für soziale
       Onlinemedien. Auch die jüngste [7][Innenministerkonferenz] hatte in einer
       Erklärung gesetzliche Regelungen für „eine eindeutige Identifizierbarkeit
       von Straftäterinnen und Straftätern im Internet“ eingefordert. Auch auf
       Messengerdiensten müsse „Hass und Hetze konsequent unterbunden und geahndet
       werden können“. Zudem brauche es zentrale Meldestellen für Hasskriminalität
       im Internet.
       
       Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sollten Sie selbst
       von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, suchen Sie sich bitte umgehend
       Hilfe. Bei der Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr Ansprechpartner,
       auch anonym. Telefonnummern der Telefonseelsorge: 0800 / 111 0 111 und 0800
       / 111 0 222 www.telefonseelsorge.de
       
       8 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
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