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       # taz.de -- Dramatische Coronalage in Sachsen: Kaum Verständnis für neue Regeln
       
       > In Sachsen wütet die Coronapandemie weiter. In Hotspot-Regionen müssen
       > nun Restaurants und Cafés schließen. Viele Inhaber:innen sind sauer.
       
   IMG Bild: Impfwillige im Landkreis Meißen, dem Kreis mit der höchsten 7-Tage-Inzidenz Deutschlands
       
       Leipzig taz | Angesichts der nach wie vor dramatischen Lage in Sachsen
       verschärft die schwarz-rot-grüne Landesregierung erneut die Coronaregeln.
       In Regionen mit einer 7-Tage-Inzidenz von mindestens 1.500 soll die
       Gastronomie schließen müssen. Das sieht die neue Corona-Notfallverordnung
       vor, auf deren Eckpunkte sich das sächsische Kabinett am Dienstagnachmittag
       geeinigt hat, um [1][die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen.] Das
       Kabinett will die neue Verordnung am Freitag beschließen, sie soll ab
       Montag bis zum 9. Januar 2022 gelten.
       
       Betroffen von der neuen Hotspot-Regel sind aktuell zwei der 13 sächsischen
       Landkreise und kreisfreien Städte: In Meißen, dem Landkreis mit der
       höchsten 7-Tage-Inzidenz Deutschlands, beträgt der Wert am Dienstag 2.897,
       im Landkreis Mittelsachsen 1.684. In vier weiteren Landkreisen liegt die
       Inzidenz über 1.000, aber noch unter 1.500.
       
       Wie geht es den betroffenen Gastronom*innen mit der neuen Maßnahme?
       
       „Schlecht“, sagt die Inhaberin des Wirtshauses Grüner Humpen zu Meissen,
       das inmitten der Altstadt Meißens liegt. Die neue Regelung verärgere sie,
       die Gastronomin sagt aber auch: „2G-plus wäre noch schlimmer für uns.“
       Lieber schließe sie ihr Restaurant, als noch mehr Umsatz einzubüßen.
       Aufgrund der aktuellen 2G-Regel, die in Sachsen seit dem 9. November in
       Restaurants und Cafés gilt, habe sie deutlich weniger Gäste als sonst.
       
       „Wir kommen schon jetzt nicht mehr über die Runden“, sagt die
       Grüner-Humpen-Inhaberin und erzählt, dass alle 15 Weihnachtsfeiern abgesagt
       worden seien. „In jeder Gruppe waren [2][zwei oder drei Ungeimpfte] dabei.“
       
       Auch Frank Handrick, dem die Weinstube Bauernhäusl in Meißen gehört,
       empfange seit Inkrafttreten der 2G-Regel kaum noch Gäste, auch bei ihm
       seien alle Weihnachtsfeiern aufgrund von Ungeimpften in der Familie oder im
       Freundeskreis abgesagt worden. Dass er sein Restaurant ab Montag vermutlich
       schließen muss, findet der Wirt dennoch „beschissen“. Er zweifle daran,
       dass die Regeln etwas bringen.
       
       Dass die Infektionszahlen bedeutend sinken werden, nur weil die Gastronomie
       schließt, glaubt auch der Geschäftsführer vom Ratskeller Meißen, Karsten
       Müller, nicht. Wegen der 2G-Regel und der verkürzten Öffnungszeiten würden
       derzeit ohnehin nur noch wenig Leute ins Restaurant gehen. Außerdem hätten
       viele Gastronom*innen Luftfilteranlagen installiert oder
       Plexiglasscheiben zwischen den Tischen aufgestellt. Müller befürchtet, dass
       sich durch die Schließung der Restaurants mehr Menschen zu Hause treffen
       würden, was die Infektionszahlen wiederum nach oben treiben könnte.
       
       Der Inhaber vom Schnitzelhaus in Riesa, einer Stadt im Landkreis Meißen,
       beschreibt die neue Regelung als „desaströs und unverhältnismäßig“. Er habe
       kein Verständnis dafür, dass die Corona-Maßnahmen in Hotspot-Regionen
       verschärft werden und die Gastronomie dort dicht machen soll. Die
       Schließung bedeute einen „immensen“ Umsatzausfall sowie einen „hohen“
       Warenverlust.
       
       In Mittelsachsen, dem zweiten Landkreis mit einer Inzidenz über 1.500, ist
       die Stimmung ähnlich. René Zetzsch hat „null Verständis“ für die neue
       Regelung. Ihm gehört die Gaststätte Pfeffersack in der Universitätsstadt
       Freiberg, die zwischen Chemnitz und Dresden liegt. Statt die Gastronomie
       dicht zu machen, sagt Zetzsch, wäre es sinnvoller, die Schulen zu schließen
       oder zumindest wieder den Wechselunterricht einzuführen, da die Inzidenzen
       bei Kindern und Jugendlichen am höchsten seien.
       
       Anders als die meistens Gastronom*innen, mit der die taz gesprochen hat,
       ist die Inhaberin vom Freiberger Restaurant Goldenes Prag froh über die
       Hotspot-Regel. Aufgrund der 2G-Regel habe sie 95 Prozent weniger Einnahmen.
       Für sie sei es daher besser, wenn sie ihr Restaurant schließen muss und
       finanzielle Unterstützung vom Staat bekommt. Dass die Schließung der
       Gastronomie zu weniger Infektionen führt, glaubt die Wirtin nicht. „Am
       besten wäre ein richtiger Lockdown“, sagt sie.
       
       Das Bundesfinanz- und das Bundeswirtschaftsministerium haben sich vorigen
       Donnerstag darauf geeinigt, dass die Corona- Wirtschaftshilfen bis Ende
       März 2022 verlängert werden.
       
       Neben der Hotspot-Regelung für die Gastronomie sieht Sachsens neue
       Corona-Notfallverordnung Regeln für private Feiern und für Silvester vor.
       An privaten Feiern und Treffen von Geimpften und Genesenen sollen maximal
       50 Personen teilnehmen dürfen. Für Silvester und Neujahr ist ein
       Feuerwerksverbot auf bestimmten Plätzen sowie ein Ansammlungsverbot
       geplant.
       
       Die Beschränkungen der derzeit geltenden Coronaverordnung sollen
       beibehalten werden. Kneipen, Kinos, Theater, Museen, Bäder und
       Weihnachtsmärkte bleiben in Sachsen also in den kommenden Wochen
       geschlossen. Auch die Ausgangssperre für Ungeimpfte nach 22 Uhr in Regionen
       mit einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 1.000 soll weiterhin gelten.
       
       9 Dec 2021
       
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