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       # taz.de -- Das bringt 2022: Höheres Porto, höherer Mindestlohn
       
       > Zum Jahreswechsel treten neue Gesetze in Kraft. Kunden können sich über
       > mehr Verbraucherschutz freuen, Hartz-IV-Bezieher gehen leer aus.
       
   IMG Bild: Schöner als ’ne Mail, aber Briefe verschicken wird wieder mal teurer
       
       Was ändert sich 2022? Die wichtigsten Gesetzesänderungen und Verordnungen:
       
       Für Hartz-IV-Betroffene beginnt das neue Jahr besonders entbehrungsreich.
       Um nur 3 Euro steigen die Bedarfssätze auf nun 449 Euro. Angesichts rapide
       steigender Preise für Lebensmittel, Energie und andere Güter des täglichen
       Lebens haben ALG-II-Empfänger künftig effektiv noch weniger Geld zum Leben.
       
       Laut Berechnungen des Paritätischen Gesamtverbands müsste der Regelbedarf
       auf knapp 650 Euro steigen. Dass es dazu kommt, ist unwahrscheinlich. Die
       Ampelkoalition hat bisher nicht mitgeteilt, wie hoch das neue „Bürgergeld“
       ausfallen soll. Mit der FDP dürften deutlich höhere Sätze nicht umzusetzen
       sein.
       
       Der Mindestlohn steigt zum 1. Januar ebenfalls nur marginal von 9,60 Euro
       auf 9,82 Euro. Allerdings plant die Ampel im kommenden Jahr eine Erhöhung
       auf 12 Euro die Stunde, was [1][spürbar steigende Bezüge] für Arbeitnehmer
       im Mindestlohnsektor bedeuten würde. Der Grundfreibetrag, also das
       steuerfreie Einkommen, erhöht sich für Alleinstehende auf 9.984 Euro im
       Jahr.
       
       ## Kaputte Kopfhörer länger umtauschen
       
       Über etwaige Erhöhungen des Kindergelds gibt es bisher noch keine
       Informationen, dafür steigt aber der Kinderzuschlag für einkommensschwache
       Familien marginal von 205 auf 209 Euro. Auf Bestreben der Grünen arbeitet
       die Ampelkoalition allerdings [2][an einer Kindergrundsicherung], in der je
       nach Ausgestaltung Kindergeld, Kinderzuschlag und andere Sozialleistungen
       zusammengefasst werden.
       
       Über konsumentenfreundliche Neuerungen dürfen sich im neuen Jahr die
       Verbraucher freuen. Die gesetzliche Gewährleistung wird ausgeweitet. Bisher
       galt: Wer neue Produkte – etwa Elektronikartikel – erwirbt, hat künftig
       längerfristig gute Chancen, Mangelware umzutauschen. Der Klassiker bei den
       Beanstandungen ist der kaputte Kopfhörer.
       
       Bisher galt in den ersten sechs Monaten nach dem Kauf die gesetzliche
       Vermutung, dass ein Mangel schon beim Kauf vorlag. Das erleichterte den
       Umtausch. Diese Frist wird nun auf zwölf Monate ausgeweitet. Kaufbelege
       aufzubewahren, lohnt sich künftig also noch mehr.
       
       ## Kündigung einfach per Knopfdruck
       
       Zudem wird zum 1. März die Kündigung von Verträgen leichter. Bisher galt
       als Standardregelung, dass bestehende Verträge sich automatisch verlängern,
       wenn sie nicht drei Monate vor Ende der Laufzeit gekündigt wurden. Künftig
       gilt: Laufzeitverträge dürfen nur noch eine Kündigungsfrist von einem Monat
       haben. Wird die Frist verpasst, können Verbraucher den Vertrag nach der
       ursprünglichen Laufzeit jederzeit mit einer Frist von einem Monat kündigen.
       
       Zudem soll der Kündigungsprozess einfacher werden. Ab dem 1. Juli müssen
       Unternehmen ihren Kunden die Vertragskündigung über eine leicht zugängliche
       Kündigungsschaltfläche ermöglichen. Diesen „Kündigungsbutton“ soll es etwa
       bei Streamingdiensten oder Mobilfunkanbietern geben. Für
       Finanzdienstleistungen gilt diese Regel aber nicht.
       
       Bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems gibt es ebenfalls
       Neuerungen. Zum 1. Januar werden die elektronischen
       Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für Arztpraxen zur Pflicht. Künftig
       werden die Krankschreibungen elektronisch an die Krankenkassen übermittelt.
       Ab Juli sollen dann auch die Arbeitgeber einbezogen werden.
       
       ## Briefe versenden wird teurer
       
       Auch beim Autokauf gibt es Änderungen. Käufer von Kraftfahrzeugen, die
       neben einem Verbrenner- zusätzlich auch einen Elektromotor haben
       (Plug-in-Hybride), könnten ab 2022 nicht mehr in den Genuss der staatlichen
       Förderung kommen. Denn die vorgeschriebene elektrische Reichweite steigt
       von 40 auf 60 Kilometer.
       
       Teurer wird im neuen Jahr das Porto. Der Versand eines Standardbriefs
       kostet künftig 85 statt bisher 80 Cent, für eine Postkarte werden 70 statt
       60 Cent fällig.
       
       30 Dec 2021
       
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