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       # taz.de -- Neuer Agrarminister als Tierschützer: Özdemir kritisiert Hennenzucht
       
       > Die meisten Legehennen hätten Brustbeinbrüche, klagt der Agrarminister
       > beim ersten Treffen mit seinen EU-Kollegen. Offenbar sind die Tiere
       > überzüchtet.
       
   IMG Bild: Zu große Eier brechen den Legehennen die Brustbeine
       
       Berlin taz | Bundesagrarminister Cem Özdemir hat beim [1][ersten Treffen
       mit seinen EU-Amtskollegen] Tierquälerei in der Legehennenhaltung
       kritisiert. Eine Studie in Dänemark habe gezeigt, „dass 85 Prozent der
       Legehennen Brustbeinbrüche aufweisen, und zwar unabhängig vom
       Haltungssystem“, sagte der Grüne am Montag beim EU-Agrarrat in Brüssel.
       Özdemir fuhr fort, er betrachte sich auch „als oberster Tierschützer der
       Bundesrepublik“, und „wenn man sich das Recht nimmt, Tiere zu nutzen, dann
       hat man auch die Pflicht, die Tiere bestmöglich zu schützen“. Daher sehe er
       die Ergebnisse der Studie mit „großer Besorgnis“ und prüfe, was auch
       Deutschland verändern müsse.
       
       Die Ursache für die Frakturen sei vermutlich genetisch bedingt, ergänzte
       Özdemir. „Die Zucht scheint eine wichtige Rolle zu spielen“, so der
       Minister. Zu diesem Schluss waren ForscherInnen der Universität Kopenhagen
       gekommen, nachdem sie fast 4.800 Hennen aus 40 Herden in Käfig-, Boden-,
       Bio-/Freiland- und Elterntierhaltungen untersucht hatten. Je nach System
       erlitten [2][81 bis 90 Prozent] der Tiere eine oder mehrere
       Brustbeinfrakturen.
       
       Unfälle schloss [3][die Studie] als Ursache in den meisten Fällen
       ausdrücklich aus. Vielmehr würde der Druck sehr großer Eier beim Legen den
       Knochen brechen lassen. „Die Art dieser Brüche deutet darauf hin, dass der
       Körper der Henne einfach zu stark belastet wird aufgrund zu großer Eier“,
       teilte die Universität im September mit. Zudem trete das Problem umso
       häufiger auf, je größer die Eier und kleiner die Hennen sind. Die Tiere
       würden aber extra so gezüchtet, dass sie möglichst große Eier legen und
       ihre Körper möglichst klein sind, damit sie weniger Futter für den
       Fleischansatz verbrauchen.
       
       „Diese Tiere leiden, sowohl, wenn der Bruch passiert, als auch danach“,
       sagte die an der Studie beteiligte Assistenzprofessorin Ida Thøfner. Die
       WissenschaftlerInnen wiesen darauf hin, dass das Wildhuhn etwa 20 Eier pro
       Jahr lege – die modernen Legehennen aber ungefähr 320. Züchter haben die
       Tierart also sehr stark verändert.
       
       Die dänische Regierung setzte das Thema auf die Tagesordnung der
       EU-Agrarminister, weil die meisten Legehennen in Europa von denselben
       Firmen geliefert werden. Deshalb „sind diese Knochenbrüche aller
       Wahrscheinlichkeit nach in ganz Europa verbreitet“, erklärte die dänische
       Delegation. Marktführer in Deutschland und auch weltweit ist der
       Bundesanstalt für [4][Landwirtschaft] und Ernährung zufolge die Lohmann
       Tierzucht GmbH in Cuxhaven. Auch fast alle von der Universität untersuchten
       Herden stammten von ihr.
       
       Die dänische Delegation in Brüssel forderte aus diesen Gründen, dass die
       Europäische Union sich der Sache annimmt. Die EU solle die Firmen bitten,
       zuchtbedingte Knochenbrüche zu reduzieren. Tierschutzprobleme durch Zucht
       sollten auch in der EU-Gesetzgebung angegangen werden.
       
       Die meisten Mitgliedstaaten unterstützten diesen Antrag in der Sitzung am
       Montag. Frankreich und andere Länder forderten aber, die Folgen für die
       Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft zu untersuchen. Mehrere Staaten
       verlangten erst einmal weitere Studien, bevor die EU ihre Gesetze ändert.
       
       Agrarkommissar Janusz Wojciechowski kündigte an, die Kommission werde
       prüfen, das Thema in einen Vorschlag zur Reform der Tierschutzgesetze
       aufzunehmen, der bis Ende 2023 vorliegen soll.
       
       Das wird also noch dauern. Deswegen empfehlen die ForscherInnen der
       Universität Kopenhagen neben Änderungen in der Zucht auch eine kurzfristige
       Lösung: Bauern sollten die Hennen ein paar Wochen später mit dem Eierlegen
       beginnen lassen, damit die Tiere genug Zeit haben, robuster zu werden. Denn
       das Brustbein brauche länger als andere Knochen, um stabil zu werden. Die
       Landwirte würden durch einen späteren Start der Legeperiode kein Geld
       verlieren, denn die Hennen würden nach dieser Strategie einfach länger Eier
       produzieren, so die Wissenschaftler.
       
       13 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://video.consilium.europa.eu/event/en/25177
   DIR [2] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0256105
   DIR [3] https://healthsciences.ku.dk/newsfaculty-news/2021/09/painful-fractures-large-eggs-push-small-hens-to-the-breaking-point/
   DIR [4] /Landwirtschaft/!t5007831
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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