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       # taz.de -- taz.berlin-Adventskalender (14): Brücken verbinden
       
       > Die Elsenbrücke am Ostkreuz ist seit Montag gesperrt. Eine Umleitung
       > lässt zunächst auf sich warten. Fußgänger:innen kommen noch über die
       > Spree.
       
   IMG Bild: Erinnert an den autofreien Sonntag: Die Elsenbrücke ist gesperrt
       
       Vorweihnachtshektik, unter coronabedingten Masken noch anonymer,
       Begegnungen finden in Eile und mit Sicherheitsabstand statt. Und dann
       öffnet sich plötzlich doch manchmal eine Tür: eine freundliche Geste, eine
       Hilfeleistung, ein Gespräch. Die taz.berlin berichtet in ihrem
       Adventskalender 2021 von solchen Türchen, die die Anonymität einen Moment
       vergessen lassen. 
       
       Kennen Sie diese Schlecht-Wetter-Gesichter? Die Augen zusammengekniffen,
       der Mund halb offen und es sieht so aus, als würde an beiden Seiten der
       Brauen eine Wäscheklammer die Gesichtszüge an sich zerren?
       
       So sehen die meisten FahrradfahrerInnen aus, die mir in den letzten Wochen
       entgegenkommen. Heute wieder: Die eine beißt sich auf die Lippen, der
       Nächste hat sie gespitzt und stößt kleine weiße Wolken zwischen ihnen
       hervor. Das schöne Berliner Wetter, irgendwo zwischen Nebel und
       Nieselregen, zieht eine fein feuchte Schicht über die Nasen.
       
       Wie oft habe ich dieses Gesicht auch schon getragen und dabei etwas
       sehnsüchtig auf die AutoinsassInnen geguckt, die, nur in ihren Pullovern,
       rauchend im gemütlichen Wagen sitzen und nicht mal ein klein bisschen nass
       aussehen. Heute allerdings bin ich trotz Nieselregen nicht neidisch. Denn
       ich muss über die Spree. Und da sind RadfahrerInnen und FußgängerInnen
       gerade im Vorteil, jedenfalls wenn sie die Spree auf der Höhe von Ostkreuz
       und Treptower Park queren wollen – denn die Elsenbrücke ist seit Montagfrüh
       komplett gesperrt.
       
       ## „Belastunssensoren“ schlagen an
       
       Normalerweise verbindet sie die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg mit
       Treptow-Köpenick, locker kann man dank ihr in lauen Sommernächten vom Club
       Wilde Renate in die Else weiterziehen. Doch nun haben die
       „Belastungssensoren“ angeschlagen. Und niemand darf mehr rüber. Vorerst
       wird die Brücke komplett unbenutzbar bleiben, wahrscheinlich sogar so
       lange, bis die schon länger geplante Ersatzbrücke öffnet.
       
       Die Puschkinallee auf Treptower Seite sieht aus wie das Fließband einer
       Autofabrik. Im Rollbandtempo bewegen sich die Wagen vorwärts. Und hinter
       den Scheiben der trägen Masse: Lenkradgetrommel, schiefgelegte Köpfe,
       genervtes Auf-die-Faust-Stützen. Ein alter Mann im dreckigen Ford streicht
       bedächtig seinen langen weißen Bart. Einer mit Warnweste isst Banane im
       Betonmischer.
       
       Für die RadfahrerInnen mit den verzerrten Gesichtern ist das nur halb so
       schlimm. Denn hinter den Bahnschienen kann man weiterhin den Fußgängersteg
       benutzen. Auf den halte ich jetzt zu.
       
       14 Dec 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanno Rehlinger
       
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