URI: 
       # taz.de -- Vereinfachung bei Steuererklärung: Weniger Bürokratie für Solarstrom
       
       > Betreiber von Photovoltaik-Anlagen unter 10 Kilowatt profitieren von
       > einer Neuerung. Fortan müssen sie keine separate Steuererklärung mehr
       > abgeben.
       
   IMG Bild: Bürokratie schreckt bislang viele potenzielle Solardachbesitzer ab. Die Neuerung könnte das ändern
       
       Bundesweit gibt es inzwischen [1][mehr als zwei Millionen
       Solarstromanlagen], darunter viele Kleinkraftwerke, die
       betriebswirtschaftlich nur geringe Überschüsse erzielen. Trotzdem mussten
       die Betreiber auch für diese oft eine separate Steuererklärung abgeben. Im
       Oktober 2020 wandte sich der südbadische Immobilienunternehmer Frank
       Spittler mit einer Petition an den Deutschen Bundestag: Es sei „nicht
       hinnehmbar und auch ein regelrechter Verwaltungsirrsinn“, dass Betreiber
       einer PV-Anlage oder eines Blockheizkraftwerks „mit einer monströsen
       Steuerbürokratie konfrontiert“ würden. Spittler ist Immobilienverwalter und
       betreut mit weiteren Unternehmen im Firmenverbund rund 8.000 Wohneinheiten
       nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG).
       
       Der Petition folgte eine Bundesratsinitiative der Länder Baden-Württemberg,
       Schleswig-Holstein und Bremen. Im Juni wies dann das
       Bundesfinanzministerium die Obersten Finanzbehörden der Länder an, bei
       Klein-PV-Anlagen bis 10 Kilowatt auf Ein- und Zweifamilienhäusern sowie
       Blockheizkraftwerken mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5
       Kilowatt davon auszugehen, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliege.
       Damit verlangt das Finanzamt auf schriftlichen Antrag des Betreibers keine
       entsprechende Steuererklärung mehr. Was bleibt, ist allerdings die
       Umsatzsteuerklärung, sofern der Betreiber auf die Vergütung der
       eingespeisten Kilowattstunden die Umsatzsteuer erhält.
       
       In der Immobilienwirtschaft und unter Juristen sorgte der Vorstoß des
       Bundesfinanzministeriums vom Juni aufgrund der Beschränkung auf Ein- und
       Zweifamilienhäuser allerdings für Unverständnis. Diese Restriktion sei
       „eine sachlich ungerechtfertigte Benachteiligung der Eigentümer von
       Mehrfamilienwohnhäusern“, so der Freiburger Rechtsanwalt Clemens Bushart
       von der Kanzlei Fridrich Bannasch & Partner. In einem Schreiben an den
       Bundesfinanzminister bat er im Sommer darum, die Weisung „sehr zeitnahe
       anzupassen“ und auch [2][Photovoltaikanlagen „auf Grundstücken von
       Wohnungseigentümergemeinschaften] angemessen zu berücksichtigen“. Am 29.
       Oktober reichte das Ministerium eine weitere Entscheidung nach, die genau
       diesen Vorschlag aufgreift.
       
       Mit der neuen Regelung könnte nun auf den betreffenden Dächern das
       Solarstrompotenzial zumindest teilweise erschlossen werden. Dieses ist
       enorm: Rund 800.000 Eigentümergemeinschaften gibt es in Deutschland, sie
       umfassen knapp neun Millionen Wohnungen.
       
       ## Bestrebungen, die Grenze anzuheben
       
       Allerdings sind auch 10-Kilowatt-Anlagen speziell auf Mehrfamilienhäusern
       noch fernab dessen, was auf den Dächern möglich und aus Sicht des
       Klimaschutzes erwünscht ist. Daher gibt es in der Politik weiterhin
       Bestrebungen, die Grenze anzuheben. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am
       5. November die Bundesregierung und den Bundestag aufgefordert, die
       Befreiung von einer Steuererklärung auszudehnen auf PV-Anlagen bis 30
       Kilowatt und auf Blockheizkraftwerke mit einer installierten elektrischen
       Leistung bis 7,5 Kilowatt.
       
       Die Grenze von 30 Kilowatt taucht übrigens in anderem Zusammenhang auch im
       EU-Recht auf: In der „Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus
       erneuerbaren Quellen“ ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten den
       Direktverbrauch von Strom aus PV-Anlagen bis 30 Kilowatt von Umlagen und
       Abgaben befreien müssen. Dies wurde in Deutschland mit dem novellierten
       Erneuerbaren-Energien-Gesetz zwischenzeitlich umgesetzt. So liegt der
       Gedanke natürlich nicht fern, die gleiche Grenze auch im Steuerrecht zu
       verankern.
       
       Zumal dem Solarstrom auf Mehrfamilienhäusern damit vermutlich besser
       gedient wäre als durch manches wohlmeinende Förderprogramm. Denn die
       Hemmnisse der Photovoltaik, so ist aus der Immobilienwirtschaft zu hören,
       sind [3][längst nicht mehr primär wirtschaftlicher Art] – vielmehr würden
       potenzielle Investoren inzwischen in erster Linie durch die Bürokratie
       abgeschreckt.
       
       14 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Solar--und-Windkraft/!5801903
   DIR [2] /Solarstrom-fuer-Mieter/!5703947
   DIR [3] /Solarenergie-in-Deutschland/!5595826
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR Investment
   DIR Solarenergie
   DIR Steuern
   DIR Photovoltaik
   DIR Jordanien
   DIR Verkehrswende
   DIR Energiepreise
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Umstrittene Energiekooperation in Nahost: Wasser, Sonne und Protest
       
       Solarstrom gegen entsalztes Wasser: Das sieht eine geplante Kooperation
       zwischen Jordanien und Israel vor. Doch es regt sich Protest.
       
   DIR Atomstrom für Elektroautos: Nur Windräder reichen nicht
       
       Ohne Atomkraft versuchen wir uns in Deutschland an der Quadratur des
       Kreises. Leider ist eine solche Aktion zum Scheitern verurteilt.
       
   DIR Neue EEG-Umlage: Weniger Förderung für Erneuerbare
       
       Die EEG-Umlage fällt auf den niedrigsten Stand seit 2012. Grund sind vor
       allem steigende Großhandelspreise. Die Energiewende dürfte das
       beschleunigen.