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       # taz.de -- Bayerisches Verfassungsschutzgesetz: Grundsatzurteil geplant
       
       > Drei Linke hatten gegen das Verfassungsschutzgesetz in Bayern geklagt.
       > Karlsruhe will nun alle Befugnisse des Dienstes auf den Prüfstand
       > stellen.
       
   IMG Bild: Harald Munding ist einer der Kläger gegen das bayerische Verfassungsschutzgesetz
       
       Karlsruhe taz | Das Bundesverfassungsgericht bereitet eine
       Grundsatzentscheidung zum Verfassungsschutz vor. Am Dienstag verhandelte
       das Gericht über eine Klage gegen das bayerische Verfassungsschutzgesetz.
       Das Urteil wird erst in einigen Monaten verkündet.
       
       Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erinnerte in Karlsruhe daran,
       dass es nach dem Auffliegen der rechten [1][Terrorgruppe NSU massive Kritik
       am Verfassungsschutz] gab. Deshalb sollte der bayerische Dienst mehr
       Befugnisse erhalten und Informationen besser mit anderen
       Sicherheitsbehörden teilen. Der Verfassungsschutz werde vor allem gegen
       Islamisten und Rechtsextremisten eingesetzt, er sei heute „wichtiger denn
       je“, sagte Herrmann.
       
       Geklagt hatten allerdings drei bayerische Linke, die davon ausgehen, vom
       Landesamt überwacht zu werden: der kommunistische Medienforscher Kerem
       Schamberger, der Chirurg Harald Munding, Sprecher der bayerischen
       Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN/BdA) sowie sein Vorgänger
       Friedbert Mühldorfer, ein pensionierter Lehrer. Sie kamen in Karlsruhe aber
       zunächst nicht zu Wort, Schamberger war nicht einmal angereist.
       
       Denn eigentlicher Kläger ist die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF),
       die auch die Verfassungsbeschwerde finanzierte. Der GFF-Vorsitzende Ulf
       Buermeyer plädierte für eine klare Aufgabentrennung der
       Sicherheitsbehörden. Der Verfassungsschutz solle sich auf die offene
       Beobachtung von Strukturen im Vorfeld konkreter Gefahren beschränken.
       Sobald es gefährlich wird, solle dagegen die Polizei übernehmen. Dort und
       nur dort sollten dann auch heimliche Ermittlungsmethoden zulässig sein. „Es
       gäbe dann weniger Grundrechtseingriffe, aber mehr Effizienz der
       Sicherheitsbehörden“, argumentierte Buermeyer.
       
       ## „Gründlich nachdenken“
       
       Der Verfassungsschutz ist der deutsche Inlands-Geheimdienst. Er darf
       Extremist:innen zwar überwachen und Informationen über sie speichern,
       aber er darf niemanden verhaften und keine Wohnungen durchsuchen. Das darf
       nur die Polizei. Der Verfassungsschutz nennt sich gerne „Frühwarnsystem der
       Demokratie“. Neben dem großen Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln hat
       fast jedes Bundesland ein (deutlich kleineres) Landesamt, zuständig für
       Extremismus von nur regionaler Bedeutung. Das bayerische Gesetz steht in
       Karlsruhe deshalb auf dem Prüfstand, weil es 2016 völlig neu formuliert
       wurde und das Gericht so die Gelegenheit hat, alle Befugnisse des
       Verfassungsschutzes zu prüfen.
       
       Gabriele Britz, die federführende Richterin, kündigte an, dass das
       Bundesverfassungsgericht gründlich über Aufgaben und Befugnisse des
       Verfassungsschutzes nachdenken werde. Es wird wohl ein ähnlich
       grundsätzliches Urteil geben wie im BKA-Urteil 2016 zum Polizeirecht.
       
       Im Lauf des Dienstags sollten alle neuen Befugnisse des bayerischen
       Verfassungsschutzes diskutiert werden, von der Wohnraumüberwachung mit
       Wanzen über die Onlinedurchsuchung von Computern mit Trojanern bis zur
       Nutzung der Daten aus der – [2][immer noch ausgesetzten –
       Vorratsdatenspeicherung.]
       
       14 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
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