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       # taz.de -- Polizei bei Corona-Protesten: Gewalt unter Kollegen
       
       > Bei Corona-Protesten in Sachsen soll ein LKA-Beamter privat einen
       > Polizisten körperlich angegriffen haben. Ob weitere Beamte protestierten
       > ist unklar.
       
   IMG Bild: Sind in Sachsen gerade vielen Angriffen ausgesetzt, Polizisten bei einer Demo in Pirna
       
       Berlin taz | Die Staatsanwaltschaft in Dresden ermittelt gegen einen
       Beamten des Landeskriminalamts (LKA) in Sachsen, der bei einem
       [1][Corona-Protest] in Pirna einen Polizeibeamten angegriffen haben soll.
       Der LKA-Beamte war am Montag privat bei einer Versammlung auf dem
       Marktplatz in Pirna, welche von der zuständigen Versammlungsbehörde als
       unzulässig erklärt und aufgelöst wurde. Während des Einsatzes habe sich der
       LKA-Beamte widersetzt und es sei zu einer körperlichen Auseinandersetzung
       mit einem Bereitschaftspolizisten aus Niedersachsen gekommen.
       
       An der unzulässigen Versammlung in Pirna beteiligten sich nach Angaben der
       Dresdner Polizeidirektion etwa 150 Menschen. Gegen mindestens 80 Personen
       wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, hinzu kamen „mehrere
       Strafanzeigen wegen tätlichen Angriffs sowie Widerstandes gegen
       Vollstreckungsbeamte“, eine davon gegen den LKA-Beamten.
       
       Die LKA-Präsidentin Sonja Penzel habe gegen den Beamten „umgehend
       disziplinar-rechtliche Maßnahmen eingeleitet“, wie sie der Presse
       mitteilte. Der Beamte sei von seinen gegenwärtigen Aufgaben entbunden.
       
       Außer in Pirna versammelten sich am Montag auch in anderen sächsischen
       Städten Menschen und protestierten gegen die Maßnahmen. Allein die
       Dresdener Polizei zählt noch Proteste in Coswig, Radebeul, Meißen und
       weiteren Orten auf – mit jeweils zwischen 100 und 300 Personen.
       
       ## Generell dürfen Beamte protestieren
       
       Ob dabei auch Polizeibeamte waren, ist dem Innenministerium nicht bekannt.
       „Bei lebensnaher Betrachtung ist es aber wahrscheinlich, dass sie zu
       Protesten gehen“, vermutet Marschel Schöne gegenüber der taz. Er ist
       Professor an der Hochschule der sächsischen Polizei. Konkrete Daten gäbe es
       nicht, aber auch in der Polizei gibt es noch keine hundertprozentige
       Impfquote. Das sei ein Hinweis darauf, dass es einige gäbe, die an der
       Corona-Politik zweifeln.
       
       „Noch nie hatten wir eine Situation, die die [2][gesamte Gesellschaft so
       polarisiert] hat“, das zeige sich auch auf den heterogenen Versammlungen.
       Darum glaubt er, dass auch Polizisten an den Demonstrationen teilnehmen.
       
       „Generell dürfen die Beamten aber auch“, erklärt Schöne. Als
       Bürger*innen in Uniform gilt auch für Beamte das Versammlungsrecht. Aber
       sie dürfen sich nicht als solche zu erkennen geben, keine Uniform tragen
       und müssen sich an gegebenes Recht halten.
       
       In Sachsen bedeutet das aktuell für Versammlungen: maximal zehn Personen
       und an einen Ort gebunden. Die sogenannten „Spaziergänge“ sind also
       ebenfalls nicht zulässig. Widerstand gegen oder ein tätlicher Angriff auf
       andere Polizeibeamte hätten aber noch eine andere Qualität und
       Konsequenzen. „Das schadet der Glaubwürdigkeit der Polizei“, sagt Schöne.
       
       ## Wie einst der „Hutbürger“
       
       Ähnlich äußert sich auch die innenpolitische Sprecherin der Linken Kerstin
       Köditz. „Wer sich so verhält, wie es beschrieben wird, sollte aus dem
       Polizeidienst rausfliegen“, fordert sie. Auch sie vermutet, dass in Sachsen
       weitere Polizist*innen protestieren.
       
       In Sachsen gäbe es „eine längere Liste sogenannter Einzelfälle“, sagt
       Köditz und erinnert unter anderem an den sogenannten „Hutbürger“ Maik G. Er
       arbeitete beim LKA, war privat bei Pegida und ging 2018 ein Filmteam des
       ZDF an. Aber es sei ein gutes Zeichen, so Köditz, dass die Polizei den Fall
       selbst öffentlich gemacht habe.
       
       Auch Albrecht Pallas lobt die schnelle Reaktion des LKA. Er ist
       innenpolitischer Sprecher der SPD im sächsischen Landtag, in dem die SPD
       mitregiert – und war früher selbst Polizist. Ob weitere Beamte an den
       Protesten teilnahmen, könne er aber auch nicht sagen. Dafür kritisiert er
       die anfängliche Zurückhaltung der Polizei, gegen illegale Versammlungen
       vorzugehen. Mittlerweile habe sich das aber gebessert, sagt er.
       
       Der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) bezeichnete das Verhalten
       des Polizisten in Pirna als „unentschuldbar“. „Wenn sich der Vorwurf so
       bestätigt, hat der Beamte nichts mehr in den Reihen der Polizei zu suchen.“
       Bis der Beamte durch ein Disziplinarverfahren entfernt werden könnte, kann
       es jedoch dauern. Es ruht, bis das strafrechtliche Verfahren abgeschlossen
       ist.
       
       17 Dec 2021
       
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