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       # taz.de -- Coronasituation in Deutschland: Alarm an der falschen Stelle
       
       > Gesundheitsminister Lauterbach setzt voll aufs Boostern. Doch damit
       > allein wird sich Omikron nicht aufhalten lassen.
       
   IMG Bild: Setzt er falsche Schwerpunkte im Kampf gegen Corona? Gesundheitsminister Karl Lauterbach
       
       Die deutsche Coronapolitik setzt derzeit einen falschen Schwerpunkt. Der
       neue SPD-Gesundheitsminister Karl [1][Lauterbach warnt intensiv vor
       Impfstoffmangel] im Januar. Tatsächlich werden die geplanten Lieferungen
       dann niedriger ausfallen als die [2][Rekordmenge, die aktuell verimpft]
       wird. Aber für den realistischen Bedarf dürfte es trotzdem langen. Denn bis
       Ende des Jahres wird mehr als die Hälfte der Menschen, die geboostert
       werden können, ihre Auffrischungsimpfung bereits erhalten haben.
       
       Zudem hat die EU jetzt eine große Sonderlieferung von Moderna-Impfstoff an
       Deutschland genehmigt. Damit dürfte es keine Knappheit mehr geben –
       zumindest wenn der Impfstoff sinnvoll eingesetzt wird und Biontech vor
       allem für die Unter-30-Jährigen genutzt wird, die laut Stiko-Empfehlung nur
       diesen Impfstoff bekommen dürfen.
       
       Dass Lauterbach trotzdem noch mehr Impfstoff organisieren will, ist
       durchaus sinnvoll, um auch dann noch genug zu haben, wenn die
       Impfbereitschaft überraschend stark steigt, es Veränderungen am Impfschema
       gibt oder viele Dosen ungenutzt weggeworfen werden müssen. Aber die große
       [3][Aktivität in Sachen Impfstoff] steht im merkwürdigen Gegensatz zur eher
       abwartenden Haltung gegenüber der großen Bedrohung durch die
       Omikron-Variante.
       
       ## Schnelle Reduktion der Kontakte erforderlich
       
       Denn in Ländern wie Dänemark oder Großbritannien zeigt sich derzeit, wie
       schnell sich dieser neue Virustyp verbreitet – mit Verdopplungszeiten von
       nur zwei bis drei Tagen. Selbst wenn die Krankheitsverläufe milder wären
       als bei der Delta-Variante – was nach den bisherigen Daten möglich, aber
       keineswegs sicher ist –, könnte die hohe Fallzahl innerhalb kurzer Zeit
       trotzdem zu einer Überlastung des Gesundheitswesens führen.
       
       Um diese neu anrollende Welle zumindest zu verlangsamen, wäre nach Ansicht
       vieler Expert*innen eine schnelle Reduktion der Kontakte erforderlich.
       Doch davon ist hierzulande nichts zu sehen. In Deutschland erfreut man sich
       weiterhin an den sinkenden Gesamtinzidenzen, ohne wahrzunehmen, dass
       Omikron innerhalb dieser sinkenden Gesamtzahl stark wächst.
       
       Deshalb wird sich der Trend schon bald umkehren – was durch die
       Meldeverzögerung nach Weihnachten zudem erst mit Verspätung wahrgenommen
       werden dürfte. Doch statt bereits konkrete Maßnahmen vorzubereiten, soll in
       Deutschland zunächst der neu eingesetzte Expertenrat bis Weihnachten eine
       Stellungnahme erarbeiten.
       
       Unverständlich ist auch, dass die Gesundheitsminister von Bund und Ländern
       trotz der bedrohlichen Lage gerade beschlossen haben, die Testpflicht für
       Geboosterte auszusetzen. Denn Expert*innen gehen zwar davon aus, dass
       die Drittimpfung auch bei Omikron gegen schwere Verläufe schützt – für die
       Infektion und damit auch die Ansteckungsgefahr für andere gilt das aber
       nicht gleichermaßen.
       
       Die Organisation zusätzlicher Booster-Termine mag politisch angenehmer sein
       als die Vorbereitung neuer Kontaktbeschränkungen. Doch um die Omikron-Welle
       aufzuhalten, wird es wohl leider beides brauchen.
       
       18 Dec 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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