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       # taz.de -- Reformpaket von Biden vor dem Aus: Joe schlägt Joe
       
       > Ein demokratischer Hinterbänkler bringt das wichtigste Sozial- und
       > Klimaschutzpaket von US-Präsident Biden zu Fall. Die Republikaner jubeln.
       
   IMG Bild: Vertritt den Kohle-Staat West Virginia: Senator Joe Manchin
       
       New York taz | „Build Back Better“ sollte die USA sozialer und grüner
       machen. Das [1][Vorzeigegesetz] des US-Präsidenten Joe Biden sah unter
       anderem Reformen wie Kindergeld, bezahlte Krankentage, stärkere Kontrollen
       der Medikamentenpreise, Hauskrankenpflege für Senioren sowie eine [2][grüne
       Klimapolitik] vor. Neben der Angst vor einer zweiten Amtszeit von Donald
       Trump war „BBB“ der wichtigste einzelne Grund für viele Wähler, Biden ihre
       Stimme zu geben.
       
       Jetzt hat ein demokratischer Hinterbänkler aus dem Kohlestaat West Virginia
       dem Gesetz einen tödlichen Schlag versetzt. Joe Manchin hatte das Gesetz
       bereits in den zurückliegenden Monaten um die Hälfte auf jetzt noch 1.75
       Billionen Dollar heruntergehandelt.
       
       Am Sonntag wählte er den rechten TV-Sender FoxNews aus, um ihm per
       [3][Interview] komplett den Garaus zu machen. „Ich habe alles
       Menschenmögliche unternommen“, sagte er, „ich kann nicht guten Gewissens
       zustimmen.“
       
       Manchins Ankündigung löste Jubel bei Republikanern aus und kaum
       zurückgehaltene Wut bei den Demokraten. Das Weiße Haus sprach von einer
       „plötzlichen, unerklärlichen Kehrtwende“. Präsident Biden hatte in den
       zurückliegenden Monaten vielfach mit Manchin gesprochen, um ihm das Gesetz
       schmackhaft zu machen. Auf Drängen von Manchin hatte Biden zentrale
       Elemente aus dem Gesetz gestrichen. Unter anderem verzichtete er auf die
       Tilgung der milliardenfachen Studienschulden, die Millionen von
       US-Amerikanern – oft noch im Rentenalter – beeinträchtigen.
       
       ## Manchin vertritt den Kohlestaat West Virginia
       
       Besonders bitter reagierte der linke Senator Bernie Sanders, der als neuer
       Chef des Haushaltsausschuss im Senat den Weg zu Bidens Reformen vorbereitet
       hatte. Monatelang hatte Sanders den Sozialreformern im Land versichert,
       Manchin – und die zweite demokratische Bremserin im Senat, Kyrsten Sinema –
       würden letztlich auf Parteilinie kommen und BBB zustimmen. Weil das Gesetz,
       so Sanders, den Wünschen der Mehrheit der US-Amerikaner und der
       Demokratischen Wähler entspräche.
       
       Am Sonntag machte Sanders Manchin dafür verantwortlich, dass „die
       Superreichen immer reicher werden, während Millionen von Arbeiterfamilien
       darum kämpfen, Essen auf den Tisch zu bringen oder ihre Rechnungen zu
       bezahlen“.
       
       Die demokratische Abgeordnete Ilhan Omar, die zu der Gruppe progressiver
       Demokraten im Repräsentantenhaus gehört, nannte Manchins Ankündigung
       „Korruption und Eigeninteresse eines Kohlebarons“. Manchin vertritt den
       Kohlestaat West Virginia im US-Senat. Kein Senator bekommt mehr Gelder von
       den Lobbys der fossilen Brennstoffe – Kohle, Gas, Öl – als Manchin. Auch
       die Pharmaindustrie bedenkt ihn großzügig. West Virginia, wo 1,8 Millionen
       der 330 Millionen US-Amerikaner leben, ist einer der ärmsten Bundesstaaten
       der USA. Zugleich einer mit den schwersten Drogenproblemen.
       
       Ursprünglich sollte BBB zusammen mit der Infrastrukturreform von Biden
       verabschiedet werden. Dieser Deal zwischen den Zentristen und den Linken in
       der Demokratischen Partei platzte, als im November die
       [4][Infrastrukturreform] getrennt angenommen wurde. Wegen dieser Abtrennung
       stimmten die progressiven Demokraten im US-Repräsentantenhaus gegen die
       Infrastrukturreform. Schon damals prognostizierten sie, dass die
       Parteirechten letztlich die Sozialreformen von BBB zu Fall bringen würden.
       
       Im Repräsentantenhaus war das Reformpaket „BBB“ bereits mit der knappen
       Mehrheit der demokratischen Stimmen angenommen worden. Im Senat, wo die
       Demokraten nur eine Stimme Mehrheit haben, war die Abstimmung immer wieder
       verschoben worden. In der letzten Woche war sie für Januar angekündigt
       worden. Chuck Schumer, der Demokratische Chef des Senats, wollte die
       Reformen am Montag noch nicht aufgeben. „Wir machen weiter, bis wir etwas
       erreicht haben“, versicherte er.
       
       Manchin, der sich in einem Wahlkampf mit einem Video bewarb, auf dem er im
       Wald schoss, könnte auch noch die demokratische Mehrheit im Senat insgesamt
       zu Fall bringen. Manche in Washington spekulieren bereits, dass er zur
       Republikanischen Partei übertritt.
       
       20 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Infrastrukturpaket-in-den-USA/!5810497
   DIR [2] /Bidens-Billionen-Programm/!5759014
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=h61hhGMe_oA
   DIR [4] /Bidens-Infrastrukturpaket-verabschiedet/!5813345
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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