# taz.de -- Restitutionsdebatte in Berlin: Und wieder mal Salamitaktik
> Das kommt 2022: In diesem Jahr werden auch Benin-Bronzen aus Berlin
> zurück gegeben. Doch viele Museumsmacher*innen spielen weiter auf
> Zeit.
IMG Bild: Benin-Bronzen in der Ausstellung „Benin. Geraubte Geschichte“ im Hamburger Museum am Rothenbaum
BERLIN taz | Etwa 1.100 der berühmten Benin-Bronzen befinden sich in
Deutschland, 400 davon im Ethnologischen Museum, das einige davon im 2021
eröffneten [1][Humboldt Forum] ausstellen wollte. Doch 2022 wird das Jahr
werden, in dem viele davon aus Deutschland verschwinden, denn diese Objekte
stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897. Im
Oktober haben deshalb eine deutsche Delegation sowie Vertreter Nigerias
eine [2][Absichtserklärung] unterzeichnet, nach der 2022 mit dem
„Eigentumsübergang“ begonnen werden soll.
Vorausschauend auf dieses bahnbrechende Ereignis haben sich nun wichtige
Stimmen aus Politik und Museumswelt in Berlin gemeldet. Berlins
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) betrachtet die Rückgabe der Bronzen
zwar als „Meilenstein“, warnt aber auch davor, dass sie zu einer Art
„Ablasshandel“ werden. „Wir müssen auch über postkoloniale, globale
Beziehungen, ungerechten Welthandel, fortgesetzte Ausbeutung in der
Gegenwart reden“, sagt er der dpa.
Weniger offen äußerten sich hingegen Hermann Parzinger, Präsident der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und Hartmut Dorgerloh, Generalintendant
des Berliner Humboldt Forums. Beide sind mehrfach für ihre Salamitaktik in
der Restitutionsdebatte kritisiert worden.
Als etwa das berühmte Luf-Boot 2018 von Dahlem ins noch im Bau befindliche
Schloss kam, hatte das Parzinger noch [3][groß feiern] lassen; erst als
2021 Götz Alys Buch „Das Prachtboot“ erschien, musste eilig an der
Präsentation desselben im Humboldt Forum [4][nachgebessert] werden.
Wenige Wochen bevor 2021 die Verhandlungen über die Bronzen begannen, hatte
Dorgerloh auf die Frage nach Nigerias Anspruch auf diese noch ausweichend
geantwortet, man werde ihm hier wegen der Bronzen [5][„die Bude
einrennen“].
## Spiel auf Zeit
Es ist also wenig verwunderlich, dass sowohl Parzinger als auch Dorgerloh
ängstlich an der Relevanz ihrer Institutionen festhalten. So betont
Parzinger gegenüber der dpa, man habe „vereinbart, dass weiterhin Kunst aus
Benin in Berlin gezeigt werden kann“.
Und während Aktivist*innen wie die kürzlich [6][in der taz interviewte]
Sylvie Vernyuy Njobati aus Kamerun die Dringlichkeit vieler Rückgaben von
Artefakten im Humboldt Forum beschrieb, versucht Dorgerloh auf Zeit zu
spielen. „Zwischen Entscheidungen und deren Umsetzung können Jahre liegen“,
sagt er der dpa.
2 Jan 2022
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Susanne Messmer
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