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       # taz.de -- Stärkere Kontrolle von NGOs in Indien: Delhi dreht NGOs den Geldhahn ab
       
       > In Indien dürfen Organisationen nur mit einer Lizenz Hilfsgelder aus dem
       > Ausland empfangen. Jetzt wurde viele Lizenzen nicht mehr verlängert.
       
   IMG Bild: Inderin bei einer Protestaktion von Greenpeace, Oxfam und Christian Aid 2009 in Delhi
       
       Mumbai taz | Für viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Indien hat
       das neue Jahr schlecht begonnen. Denn knapp 6.000 von ihnen teilen jetzt
       ein ähnliches Schicksal wie die [1][Missionarinnen der Nächstenliebe] der
       verstorbenen Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa. Denen war letzte
       Woche die FCRA genannte Lizenz zum Empfang ausländischer Gelder nicht
       verlängert worden.
       
       Jetzt traf es weitere regierungsunabhängige Bildungseinrichtungen, soziale
       und kulturelle Zentren sowie medizinische Einrichtungen, denen [2][eine
       neue FCRA-Lizenz verwehrt] wurde. Betroffen sind etwa die
       Entwicklungsorganisation Oxfam India, die Stiftung der Universität Jamia
       Millia Islamia, die Indian Medical Association sowie über 900 christliche,
       mehr als 100 hinduistische und muslimische Organisationen.
       
       Damit sank zum Jahreswechsel die Zahl der für die Annahme von
       Auslandsspenden berechtigten NGOs landesweit von 22.762 auf 16.829.
       
       Der Lizenzentzug wird die Arbeit der betroffenen Organisationen stark
       beeinträchtigen, auch wenn [3][Oxfam] trotzig twitterte: „Die Verweigerung
       des Innenministeriums, die FCRA-Registrierung zu verlängern, wird unser
       Engagement für bedürftige Gemeinschaften nicht schmälern.“ Oxfam half etwa
       während der Coronapandemie mit Sauerstoffanlagen und Beatmungsgeräten.
       
       ## Reaktionen: „Dummheit“ und „Angriff auf NGOs“
       
       „Der frühere Geschäftsführer von Greenpeace India, Aakar Patel, nennt den
       Lizenzentzug eine [4][„Dummheit“]. Der Politiker der oppositionellen
       Kongress-Partei und Ex-Finanzminister P. Chidambaram spricht von einem
       direkten Angriff auf die NGOs, die sich um Indiens „Arme und Bedürftige“
       verdient machen.
       
       Die Autorin Meena Kandasamy sieht einen „neoliberalem Albtraum“, wenn nur
       noch Konzerne für den Sozialsektor spenden dürfen und kritische Arbeit
       außen vor bleibt. 
       
       Die FCRA-Lizenzierung wurde 1976 von der Kongress-Regierung unter Indira
       Gandhi eingeführt, um die finanzielle Unterstützung politischer Gegner aus
       dem Ausland zu kontrollieren. NGOs gab es damals kaum. Das Argument, eine
       versteckte „Hand des Auslands“ arbeite gegen Indien, hat eine lange
       Tradition im politischen Diskurs des Landes.
       
       Seit 2011 muss die Lizenz alle fünf Jahre neu beantragt werden, 2020 wurde
       das Verfahren von der hindunationalistischen Regierung von Narendra Modi
       noch weiter verschärft.
       
       ## Kompliziertes Verfahren überfordert viele Organisationen
       
       Viele NGOs sind mit dem bürokratischen Verfahren zur Beantragung der Lizenz
       überfordert. „Das ist so, als würde man in einem Kindergarten hohe Stühle
       anbieten“, sagt Sanjay Agarwal, Autor eines FCRA-Handbuchs, zur taz. Nicht
       alle Anordnungen oder Verweigerungen seien klar formuliert.
       
       Er sieht aber auch Versäumnisse bei einigen NGOs, die keine Verlängerung
       beantragt hatten. „Das Problem ist, dass viele dazu nicht in der Lage
       waren“, sagt Agarwal, der seit 25 Jahren FCRA-Beratungen durchführt.
       
       2 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Indien-entzieht-Devisenlizenz/!5821893
   DIR [2] https://fcra2010.in/ngos-fcra-ceased-on-1-jan-2022/
   DIR [3] https://twitter.com/OxfamIndia/status/1477525566005776385
   DIR [4] https://twitter.com/aakar__patel/status/1477238898447118337?s=21
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Natalie Mayroth
       
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