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       # taz.de -- Wie Neujahrsvorsätze gelingen: Warum tun wir es dann nicht?
       
       > Unsere Kolumnistin hat sich nie Neujahrsvorsätze gesetzt. Und doch ist
       > die Übung, aus alten Mustern herauszukommen, für sie tagtägliche Praxis.
       
   IMG Bild: Ab jetzt jeden Tag joggen? Unrealistisch! Besser ist es, das ganze Jahr über an sich zu arbeiten
       
       Das neue Jahr hat begonnen, und für viele ist es die Zeit der
       Neujahrsvorsätze. Das neue Jahr bringt etwas Neues, Hoffnung darauf, dass
       wir Altes hinter uns lassen können, alte Gedanken, alte Verhaltensweisen.
       Das neue Jahr bietet einen frischen Start, eine Gelegenheit, aus
       einzwängenden Mustern auszubrechen. Wer das schon einmal versucht hat,
       weiß, [1][dass das gar nicht so einfach ist].
       
       Wenn wir gesünder leben wollen, warum tun wir es dann nicht? Wenn wir
       netter zu unseren Eltern, unseren Kindern, unseren Partner*innen sein
       wollen, warum tun wir es dann nicht? Weil solche Veränderungen mit mehr
       verbunden sind als mit dem Vorsatz. Der Vorsatz, so wichtig er ist, reicht
       nicht. Sonst hieße er wahrscheinlich nicht Neujahrsvorsatz, sondern
       Neujahrsveränderung.
       
       Es gibt viele Studien zum Thema Neujahrsvorsätze. Einige der Erkenntnisse
       sind nicht überraschend: Vorsätze, [2][die auf ein bestimmtes Ziel
       ausgerichtet sind,] sind im Ergebnis erfolgreicher sind als Vorsätze, die
       auf ein Vermeiden von Verhaltensweisen ausgerichtet sind. Das ist zum
       Beispiel ein Ergebnis [3][einer umfassenden schwedischen Studie aus dem
       Jahr 2020.] Die meisten Vorsätze drehen sich um das Thema Gesundheit,
       Abnehmen und persönliches Wachstum. Und: viele Menschen geben die Vorsätze
       im Laufe des Jahres wieder auf.
       
       So weit, so bekannt. Ich selbst habe mir nie Neujahrsvorsätze vorgenommen.
       Und doch ist die Übung, aus alten Mustern herauszukommen, für mich
       tagtägliche Praxis. Was ich für mich selbst entdeckt habe, was mir dabei am
       meisten dabei hilft, aus einem Vorsatz eine Veränderung zu machen: diesen
       Prozess nicht als gerade Linie zu sehen, sondern als eine Welle, auf der
       ich reite und auf der es nicht nur nach oben geht, sondern auch nach unten.
       
       ## Nicht alles umsonst
       
       Zu wissen, dass ich nicht versagt habe, wenn sich doch wieder ein altes
       Gedanken- oder ein Verhaltensmuster einschleicht, wenn ich wegen etwas
       wütend werde, von dem ich dachte, dass ich es doch schon längst hinter mir
       gelassen hätte. Zu wissen, dass nicht alles umsonst war, nur weil ich etwas
       nicht erreicht habe, was doch schon mal viel „besser“ gelaufen ist. Mein
       Ziel, das ich mir jeden Tag setze, ist: Ich mache weiter.
       
       Der Vorsatz ist also, glaube ich, etwas sehr Gutes. Wir wollen uns
       verbessern, innerlich wachsen, gesünder leben. Sobald der Vorsatz gefasst
       ist, sollte es aber weniger darum gehen, die Zielmarke zu erreichen.
       Sondern vielmehr darum, zu wissen, dass wir daran arbeiten. Dass wir uns
       nicht geißeln, wenn wir das Ziel mal überhaupt nicht erreichen. Dass wir
       wissen, dass die „schlechten“ Tage genauso dazu gehören wie die guten.
       
       Wenn wir das machen, geben wir die Ziele vielleicht auch nicht so schnell
       wieder auf. Und wenn wir sehen, was für ein langer, aber auch lohnender
       Prozess Veränderung ist, sind wir vielleicht auch nachgiebiger mit anderen,
       die, wie wir, auch nicht jeden Tag ihr bestes Ich zeigen können. Das wäre
       mal eine echte Neujahrsveränderung.
       
       2 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ein-veganer-Neujahrsvorsatz/!5649835
   DIR [2] /Kolumne-Nullen-und-Einsen/!5556442
   DIR [3] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0234097
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gilda Sahebi
       
       ## TAGS
       
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