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       # taz.de -- Verkürzung der Quarantänezeiten: Das Omikron-Paradox
       
       > In Deutschland wird mit einem starken Anstieg der Omikron-Infektionen
       > gerechnet. Gleichzeitig werden verkürzte Quarantänezeiten diskutiert.
       
   IMG Bild: Vor allem bei Feuerwehr, Polizei und medizinischem Personal könnte es zu Personalmangel kommen
       
       Berlin taz | In New York standen Pendler der U-Bahn-Linien B, W, und Z am
       Montag vor leeren Stationen. Seit Donnerstag ist der Verkehr dort
       eingestellt, weil die Personaldecke der Metropolitan Transportation
       Authority Covid-bedingt so ausgedünnt ist, dass sich der öffentliche
       Nahverkehr nicht mehr ohne Einschränkungen aufrechterhalten lässt.
       
       Auch über 20 Prozent der New Yorker Polizisten waren über das Wochenende
       nicht im Dienst. Die sich schnell verbreitende Omikron-Variante gefährdet
       die öffentliche Infrastruktur in der Metropole am East River. Die
       US-Regierung hat die empfohlene Isolationsdauer deshalb bereits von zehn
       auf fünf Tage gesenkt.
       
       Auch hierzulande geht die Angst vor Beeinträchtigungen der Infrastruktur
       um. Die Ministerpräsidentenkonferenz am Freitag wird deshalb wohl
       Quarantäneverkürzungen beschließen. Bundesgesundheitsminister Karl
       Lauterbach (SPD) kündigte Sonntagabend an, es werde „auf jeden Fall neue
       Beschlüsse geben“. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Quarantänezeit für
       Kontaktpersonen verkürzt, möglicherweise auch für Infizierte.
       
       Quarantäneverkürzungen, um eine Pandemie zu bekämpfen? Das klingt zunächst
       paradox, doch die Logik dahinter lautet folgendermaßen: Wenn gleichzeitig
       Tausende Polizisten, Feuerwehrleute und Arbeitnehmer etwa im Bereich der
       Energieinfrastruktur ausfallen, könnten Teile des öffentlichen Lebens
       zusammenbrechen. Deshalb müssen unnötig lange Quarantänezeiten vermieden
       werden.
       
       ## Möglichkeit sich „freizutesten“
       
       Aktuell gibt es zwar Vorgaben vom Bund bezüglich Quarantäne (für
       Kontaktpersonen) und Isolierung (für Infizierte), die jeweiligen
       Gesundheitsämter entscheiden jedoch selbst. Bei positiv Getesteten dauert
       die Isolierung wegen der Inkubationszeit in der Regel 14 Tage. Bei
       Kontaktpersonen gibt es vielerorts aber die Möglichkeit, sich per PCR- oder
       Antigen-Test bereits nach wenigen Tagen „freizutesten“, Geimpfte und
       Genesene müssen teils gar nicht in Quarantäne.
       
       Eine Möglichkeit, die viele Gesundheitsämter bei Kontaktpersonen von
       Omikron-Infizierten allerdings nicht vorsehen. Im Ernstfall könnten also
       sehr viele Infizierte und Kontaktpersonen sehr lange in Quarantäne bleiben.
       
       Befürworter einer verkürzten Dauer argumentieren neben den
       Infrastruktur-Erwägungen mit der zeitlich abnehmenden Gefahr der Weitergabe
       des Virus. „Neuere Daten zeigen, dass die meisten Ansteckungen entweder
       passieren, bevor man überhaupt die ersten Symptome bekommt, oder in den
       ersten ein, zwei Tagen“, sagte etwa der Dresdner Virologe Alexander Dalpke
       [1][dem MDR].
       
       Insofern könne es aus virologischer Sicht vertretbar sein, die Isolation
       nach fünf Tagen zu beenden, „denn dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich
       noch jemanden infiziere, sehr niedrig“. Der Deutsche Städte- und
       Gemeindebund sekundiert. Im Fall von infizierten Geboosterten ohne
       Krankheitssymptome, die in zentralen Bereichen arbeiteten, halte er sogar
       den gänzlichen Verzicht auf eine Quarantäne „für einen vernünftigen Weg“,
       sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Montag.
       
       Kritik kam dagegen von den Grünen: Deren Gesundheitsexperte Janosch Dahmen
       sagte: „Die Krankenschwester, die dann infiziert den Schlaganfall- oder
       Herzinfarktpatienten anstecken könnte, durch eine verkürzte Quarantäne zu
       einem Risiko für die Ausbreitung dieser Omikron-Welle zu machen, das halte
       ich im Moment noch nicht für einen richtigen Weg.“ Schon am Sonntag hatte
       sich Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) gegen eine
       Quarantänelockerung ausgesprochen, weil die kritische Infrastruktur noch
       nicht außer Gefecht gesetzt sei.
       
       Umgesetzt werden muss eine etwaige Neuregelung dann durch Verordnungen der
       Länder. Grundlage soll eine Empfehlung des Robert-Koch-Instituts sein,
       möglich ist auch eine Stellungnahme des Expertenrates der Bundesregierung.
       Er tagt am Dienstag erneut.
       
       3 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/corona-quarantaene-verkuerzung-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jörg Wimalasena
       
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