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       # taz.de -- Brutaler Mord im Kongo: Gelyncht, weil er Tutsi war
       
       > Der kongolesische Armeemajor Kaminzobe wurde von einer Miliz grausam
       > umgebracht. Es lag an seiner Ethnie, sagen Banyamulenge-Tutsi.
       
   IMG Bild: Major Kaminzobe
       
       Die Menge guckt zu, wie die Flammen züngeln. Viele Kinder sind dabei. Ein
       menschlicher Körper verkohlt zu Asche.
       
       Der Tote ist ein Armeeoffizier der Demokratischen Republik Kongo. Major
       Joseph Rugenerwa Kaminzobe wurde in der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu
       „getötet, verbrannt und aufgegessen“, wie es ein empörter Aktivist [1][auf
       Twitter schreibt].
       
       Der dritte Vorwurf ist nicht belegt, aber der brutale Tod des Majors sorgt
       für Fassungslosigkeit über Kongos Grenzen hinaus. „Justice for Kaminzobe“
       wird auf sozialen Netzwerken gefordert, unter [2][#IamKaminzobe]
       Solidarität erklärt.
       
       Der Lynchmord ereignete sich im Kontext eines Konflikts, der Ostkongo seit
       Langem erschüttert und zu den Wurzeln der Kongokriege zählt. Seit den
       1990er Jahren wehrt sich das Hirtenvolk der Banyamulenge-Tutsi in den
       „Hauts Plateaux“, dem Hochland von Itombwe und Minembwe in Süd-Kivu, gegen
       seine Vertreibung durch Milizen von Nachbarvölkern, die die Banyamulenge
       für Ruander ohne Recht auf Land im Kongo halten.
       
       Bis heute sind Tutsi im Kongo Ziel von ethnischen Hassreden, wie das
       UN-Menschenrechtsbüro im Kongo im März in einem [3][Bericht] dokumentierte.
       
       Im Hochland kämpfen die Tutsi-Selbstverteidigungsmilizen Twirwaneho („Wir
       schützen uns“) und Ngumino („Wir bleiben hier“) gegen Kongos Armee und
       Milizen der Völker der Bembe und Fuliro. Seit 2020 und 2021 mehrere
       Banyamulenge-Offiziere aus Kongos Armee desertierten, hat sich der Konflikt
       verschärft. Nach Banyamulenge-Angaben sind mittlerweile 97 Prozent ihrer
       Dörfer zerstört. Hunderttausende von Menschen sind auf der Flucht. Erst am
       Mittwoch wurden erneut 20 Tote bei Kämpfen gemeldet.
       
       ## Die anderen Soldaten fuhren weiter
       
       Das Schicksal von Major Kaminzobe beweist nun aus Sicht der Banyamulenge,
       dass die Armee keinen Schutz bietet. Am 9. Dezember sollte der Major mit
       drei Kameraden seinen schwerkranken Kommandeur aus der Kleinstadt Fizi in
       die Großstadt Uvira an der Grenze zu Burundi bringen. Im Dorf Lweba hielt
       die Bembe-Miliz Wazalendo das Fahrzeug an. Als sie den Tutsi-Offizier darin
       bemerkten, zerrten sie ihn heraus und schlugen ihn.
       
       Die anderen Soldaten fuhren weiter; die Polizei im Dorf tat nichts. Die
       Miliz versammelte die Bevölkerung und zündete den bewusstlosen Major an.
       
       „Er wurde getötet, weil er den Banyamulenge angehörte“, empört sich die
       Vereinigung Gakondo, die den Mord dokumentierte. Banyamulenge-Aktivisten
       sprechen von ethnischer Säuberung. Hingewiesen wird auf Aufforderungen,
       gemäß der Parole „Zero Covid“ ein Kongo mit „Zero Ruandern“ und „Zero
       Tutsi“ zu schaffen.
       
       Banyamulenge-Politiker [4][Müller Ruhimbika schimpft]: „Die Regierung
       weiß, dass es Zonen gibt, die ein Munyamulenge nicht betreten kann.“ Die
       Bembe-Volksgruppe gehört zur Wählerbasis von Kongos Präsident Félix
       Tshisekedi.
       
       ## Burundis Armee ist auch in der Region aktiv
       
       Verkompliziert wird die Gemengelage durch die Nachbarschaft zu Burundi.
       Burundische Rebellen haben Rückzugsgebiete in Süd-Kivu, etwa die
       tutsidominierte RED-Tabara (Widerstand für den Rechtsstaat). Die
       Banyamulenge dementieren jede Allianz – aber wenn Burundis Hutu-Armee auf
       Rebellenjagd die Grenze überschreitet, sind auch Kongos Tutsi ihr Feind.
       
       Mehrere Hundert Soldaten aus Burundi sollen am 19. Dezember im Kongo
       einmarschiert sein, berichten jetzt lokale Politiker. Am Montag meldete
       RED-Tabara Kämpfe gegen Burundis Armee im Hochland von Süd-Kivu. Für die
       Banyamulenge bleibt immer weniger Platz.
       
       6 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/MaishaRdc/status/1478266523366137858
   DIR [2] https://twitter.com/hashtag/IAMKAMINZOBE?src=hashtag_click
   DIR [3] https://monusco.unmissions.org/rapport-sur-les-discours-et-messages-incitatifs-%C3%A0-la-haine-en-rdc
   DIR [4] https://twitter.com/ManasseMuller/status/1470327330614784003
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
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