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       # taz.de -- SPD-Politikerin über Tierschutzpläne: „Das kann sich jeder leisten“
       
       > Hartz-IV-Empfänger müssten keine Angst vor höheren Lebensmittelpreisen
       > haben, sagt SPD-Agrarpolitikerin Mittag. Auch die Zahlungen fürs Essen
       > stiegen.
       
   IMG Bild: Wenn die Kühe besser leben, könnte die Milch etwas teurer werden: Milchverpackungen im Supermarkt
       
       taz: Frau Mittag, Bundesagrarminister Cem Özdemir will mehr Tierschutz
       durchsetzen und dafür auch [1][höhere Lebensmittelpreise] in Kauf nehmen.
       Welchen sozialen Ausgleich plant Ihre Ampelkoalition dafür? 
       
       Susanne Mittag: Es wird ja immer überprüft, in welchem Rahmen Preise
       steigen und entsprechend werden [2][Hartz-IV-Beträge] erhöht. Wenn also
       Lebensmittel teurer werden, bekommen Arbeitslosengeld-II-Empfänger dafür
       auch mehr.
       
       Was ist mit Niedrigverdienern, die kein Hartz IV erhalten? 
       
       Für die Niedrigverdiener erhöhen wir erst mal den Mindestlohn. Der wird
       danach tendenziell auch weiter steigen. Wenn es zu eklatanten
       Preissteigerungen kommen sollte, dann muss man wohl zum Beispiel über
       Steuergrundfreibeträge reden. Wir rechnen aber nicht damit, dass die Preise
       durch unsere Tierschutzmaßnahmen stark steigen werden.
       
       Aber die Landwirte müssen doch Ställe umbauen, damit die Tiere mehr Platz
       oder vielleicht sogar Auslauf bekommen. Das kostet doch Milliarden. 
       
       Das wollen wir als Staat unterstützen, weil das tier- und klimagerechter
       ist und weil Landwirte das nicht unbedingt mehr alleine hinkriegen. Das ist
       ein gesellschaftlicher Anspruch. Zuschüsse bekommen Landwirte ja jetzt
       schon, auch aus der EU-Agrarförderung. Über die genaue Finanzierung
       verhandeln wir noch.
       
       Wenn weniger Tiere in den Ställen stehen, steigen auch die laufenden Kosten
       pro Kilogramm Fleisch. Wer soll das bezahlen? 
       
       Im [3][Koalitionsvertrag] steht, dass das Geld aus einem „durch
       Marktteilnehmer“ getragenen System kommen soll. Ich könnte mit einer
       Tierwohlabgabe und auch mit einer Steuer auf Fleisch leben, aber vielleicht
       gibt es noch andere Möglichkeiten. Wir lassen gerade fachlich prüfen, wie
       das Geld, das der Verbraucher für die verbesserte Tierhaltung zahlen würde,
       beim Landwirt landet.
       
       Wie viel wird die Verbraucher das kosten? 
       
       Wir wollen ja eine verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung
       einführen. Die zeigt den VerbraucherInnen, unter welchen Bedingungen die
       Tiere lebten sowie transportiert und geschlachtet wurden. Durch die erste
       Stufe dieses Tierwohllabels wird Fleisch wirklich nur wenig teurer. Das ist
       eigentlich das, was der Verbraucher jetzt schon zahlt für diese angeblichen
       Tierwohletiketten der Aldis und Edekas dieser Welt. Diskutiert wurde bisher
       ja über 40 Cent mehr im Schnitt pro Kilogramm. Das ist in der normalen
       Spanne eines Sonderangebotes und nicht so dramatisch.
       
       Bio-Fleisch ist doch nicht nur etwas, sondern viel teurer. 
       
       Es geht um ein Tierwohllabel, nicht um Bio. Das Biosiegel schreibt nicht
       nur eine gute Tierhaltung vor, sondern auch, dass das Futter bio sein muss.
       Das ist viel kostenintensiver.
       
       Fleisch wird also kein Luxusprodukt, wie Konservative suggerieren? 
       
       Nein, mehr Tierschutz kann sich jeder leisten. Das ist keine elitäre
       Angelegenheit. Wer das Gegenteil behauptet, will wohl einfach weitermachen
       wie bisher: Die Ställe werden versteckt vor der Öffentlichkeit, ständig
       klagen die Leute über die schlechten Haltungsbedingungen.
       
       Warum wird diese staatliche Tierhaltungskennzeichnung besser als die
       privaten Label? 
       
       Alle tierischen Lebensmittel werden gekennzeichnet werden müssen, nicht nur
       wie bisher die Produkte, bei denen den Firmen das gut passt. Die
       Kennzeichnung wird auch Transport und Schlachtung sowie das verarbeitete
       Fleisch umfassen. Auch Wurst und Kuchen beispielsweise werden
       gekennzeichnet werden. Für Produkte, die Fleisch, Eier oder Milch
       enthalten, wird es Schwellenwerte geben, ab denen die Tierhaltung angegeben
       werden muss. Bisher bezieht sich kein Label auch auf das verarbeitete
       Fleisch, Milch und Eier.
       
       5 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
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   DIR [2] https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslosengeld-2/zusammensetzung-bedarfe
   DIR [3] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741
       
       ## AUTOREN
       
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