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       # taz.de -- Thriller-Serie „Vigil“: Eingesperrt unter Wasser
       
       > Das Verschwinden von Fischern und ein Mord auf einem Atom-U-Boot bringen
       > die Ermittler in Konflikt mit der Navy und dem Inlandsgeheimdienst.
       
   IMG Bild: Die Mannschaft darf ihre Mission nicht unterbrechen, deshalb ermittelt die Polizei vor Ort
       
       Es ist kein gewöhnlicher Fang, der sich in der ersten Szene von „Vigil“ in
       den Netzen eines kleinen Fischkutters vor der Küste Schottlands verfängt.
       Innerhalb weniger Minuten wird das Boot mitsamt der vierköpfigen Besatzung
       in die Tiefe gezogen; fast könnte man denken, ein Tiefseemonster à la
       Nessie würde den Fischern hier zum Verhängnis. Doch wir befinden uns nicht
       in einer Fantasy-Produktion, sondern [1][einer britischen Krimiserie] – und
       so stellt sich das Unglück bald als tragische Zufallsbegegnung mit einem
       U-Boot heraus.
       
       Kein aus der Luft gegriffenes Szenario, schließlich patrouillieren bis
       heute allzeit Atom-U-Boote in den britischen Gewässern, die zugehörige
       Basis der Royal Navy befindet sich – zum Missfallen weiter Teile der
       schottischen Bevölkerung – im Firth of Clyde. Um das Schicksal der
       versenkten Hochseefischer geht es dann im Verlauf der sechs Episoden
       eigentlich nur noch am Rande, doch auf das U-Boot – die „HMS Vigil“ –
       konzentriert sich die Aufmerksamkeit trotzdem. Denn an deren Bord kommt ein
       Crew-Mitglied ums Leben, vermeintlich durch eine Heroin-Überdosis.
       
       Die Polizei muss ermitteln, was schon unter normalen Umständen im
       Militärkontext von wegen Verschwiegenheit und Zuständigkeiten nicht
       unkompliziert wäre. Doch weil die Mannschaft der „HMS Vigil“ ihre Mission
       nicht unterbrechen und einfach an Land gehen darf, muss Detective Amy Silva
       (Suranne Jones, zuletzt schon brillant in „Gentleman Jack“) sogar für ein
       paar Tage an Bord gehen und den Fall vor Ort untersuchen.
       
       ## Ein dichtes Netz aus Verschwörungen und Enthüllungen
       
       Es zeigt sich schnell: Eine flugs abgewickelte Formsache ist diese
       Untersuchung nicht. Silva findet einige Indizien dafür, dass es sich bei
       dem Todesfall um Mord handelt und muss nun, unter Wasser eingesperrt mit
       einer ganzen Reihe potenzieller Verdächtiger, im Alleingang den oder die
       Täter*in ermitteln. Derweil ist ihr Kontakt zur Außenwelt ihre Kollegin
       und Ex-Freundin Kirsten Longacre (Rose Leslie [2][aus „Game of Thrones“]
       und „The Good Fight“), die im Umfeld eines Friedenscamps nahe dem
       (fiktiven, aber erkennbar von der Realität inspirierten) Marinestützpunkt
       auf eine Aktivistin stößt, die die Lebensgefährtin des Opfers und wenige
       Tage später selbst tot ist. Und damit sind noch längst nicht alle Kreise
       abgesteckt, die dieser Fall bis hinein in die Politik und den Geheimdienst
       zieht.
       
       Nirgends werden dieser Tage Krimis spannender und effizienter erzählt als
       im britischen Fernsehen, und dass das dichte Netz aus Verschwörungen,
       Enthüllungen und Motiven, das die Macher von „Vigil“ weben, da keine
       Ausnahme darstellt, ist wenig verwunderlich. Schließlich kann man auf
       hinreichend Erfahrung verweisen. Showrunner Tom Edge, der sich diese
       BBC-Serie ausgedacht hat, war in der Vergangenheit bereits an „Strike“
       beteiligt, Regisseur James Strong (der die ersten drei Folgen inszenierte)
       [3][drehte früher „Broadchurch“], und die Produktionsfirma ist hier die
       gleiche wie bei „Line of Duty“, „Save Me“ oder „Bodyguard“.
       
       Nicht dass „Vigil“ nun fehlerlos wäre. Dass das Innenleben des U-Boots viel
       zu geräumig und kamerafreundlich gestaltet wurde, konstatierten bereits
       hinreichend diverse Expert*innen. Und vielleicht hätte man der
       Protagonistin, die ihren früheren Partner nach einem Autounfall nicht aus
       dem Wasser retten konnte, auch ein Trauma weniger aufhalsen können.
       
       Davon abgesehen aber überzeugen nicht nur die Hauptdarstellerinnen und der
       Rest des Ensembles auf ganzer Linie, sondern auch die Drehbücher, die dicht
       und temporeich sind, geschickt reale politische Konflikte in den Plot
       integrieren und sich für ihre – übrigens beträchtliche – Spannung längst
       nicht nur auf das klaustrophobische Setting verlassen.
       
       6 Jan 2022
       
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