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       # taz.de -- Linguistin über bedrohte Sprachen: „Ich liebe den Babelfisch!“
       
       > Auch bei Sprachen macht uns Vielfalt widerstandsfähiger, so Mandana
       > Seyfeddinipur vom Archiv für bedrohte Sprachen. Warum sie sich aber nicht
       > als Retterin sieht.
       
   IMG Bild: „Sich zu verstehen, hat nichts mit Sprache zu tun“, sagt Mandana Seyfeddinipur
       
       taz: Frau Seyfeddinipur, Sie sind ja Linguistin. Muss man beim Gespräch mit
       Ihnen jedes Wort auf die Goldwaage legen? 
       
       Mandana Seyfeddinipur: Nein, keine Angst. Also, wir haben vielleicht ein
       besseres Ohr für irgendwelche linguistischen Feinheiten. Aber Sprechen und
       soziale Interaktion mit Menschen ist so konzentrationsaufwändig, dass man
       im Gespräch auf solche Dinge nur wenig achten kann.
       
       Aber beim Abtippen des Gespräches muss man dann schon ganz genau sein? 
       
       (lacht) Transkribieren ist eine Kunst: aufzuschreiben, was jemand wirklich
       sagt, und nicht, was man denkt, was gesagt wurde.
       
       Wir benutzen in der Zeitung neuerdings manchmal eine Software dafür … 
       
       Ja, weil wir hier eine Sprache benutzen, die ganz viele Sprecher:innen
       hat und in der es ganz viel geschriebenen Text gibt, mit dem man
       Computersysteme trainieren kann. Und da sind wir schon beim Thema. Die
       Sprachen, mit denen wir arbeiten, für die gibt es keine Software, weil es
       nicht genug Daten gibt, um einen Computer die Sprache erlernen zu lassen.
       
       Warum ist das so? 
       
       In diese Technik wird im Silicon Valley unheimlich viel investiert. Aber
       nur für die großen Sprachen. Um ein Übersetzungsprogramm zu entwickeln,
       braucht man Massen an Text. Das heißt, die Sprache muss geschrieben und es
       muss sehr viel Text vorhanden sein. Das gibt es einfach für etwa 95 Prozent
       der Sprachen nicht, die heute in der Welt gesprochen werden.
       
       Zum Beispiel? 
       
       Man muss sich nur Afrika ansehen: Swahili, Hausa, Yoruba – das sind alles
       Sprachen mit Millionen von Sprecher:innen. Aber für keine dieser Sprachen
       gibt es einen öffentlich zugänglichen Korpus, den man bräuchte, um
       Computersysteme zu trainieren, damit die Sprache mit dem Telefon oder dem
       Computer genutzt werden kann. Warum nicht? Die haben keine wirtschaftliche
       Kraft. Aber nicht nur das.
       
       Was denn noch? 
       
       Allein wenn man das Internet nutzen will, muss man Englisch oder Spanisch,
       also eine Majoritätensprache, lesen und schreiben können, sonst ist man
       ausgeschlossen von der digitalen Welt.
       
       Sie leiten seit 2010 das [1][Endangered Languages Documentation Programme]
       und seit 2014 das Endangered Language Archive, beide sind kürzlich nach
       Berlin umgezogen und beschäftigen sich mit der digitalen Dokumentation und
       Archivierung bedrohter Sprachen. Was ist daran wichtig? 
       
       Wir verlieren unsere linguistische Diversität – und damit auch das ganze
       Wissen, das in diesen Sprachen kodiert ist. Wenn wir die Spezies Mensch
       verstehen wollen, müssen wir diese einzigartige menschliche Fähigkeit
       verstehen. In den neunziger Jahren gab es einen großen Aufschrei in der
       Linguistik: Man hatte erkannt, dass immer weniger Kinder die Sprache ihrer
       Herkunft erlernen. Und da der Großteil der Sprachen nur oral existiert,
       verschwindet die Sprache, wenn sie nicht an die Kinder weitergegeben wird.
       
       Aber hat es dieses Phänomen nicht schon immer gegeben? 
       
       Ja, aber das Tempo, in dem das passiert und Sprachen nicht mehr genutzt
       werden, hat sich unglaublich erhöht. Durch die Globalisierung und den
       Klimawandel ziehen immer mehr Menschen aus ländlichen Gebieten in die
       Städte und aus dem Globalen Süden in den Globalen Norden, und zwar auf
       ihrer Suche nach einem besseren Leben für sich selbst und für ihre Kinder.
       Und was geschieht bei dieser Migration? Eltern sorgen dafür, dass ihre
       Kinder die Sprache der Majorität sprechen, damit sie Zugang zu
       Ausbildungsmöglichkeiten, auf den Arbeitsmarkt und zu adäquater
       Gesundheitsversorgung erhalten. Und wenn das passiert, dann ist es meistens
       so, dass diese Kinder ihre Herkunftssprache nicht mehr lernen. Die
       Schätzung aus den neunziger Jahren geht davon aus, dass die Hälfte der
       circa 7.000 Sprachen auf dieser Welt bedroht ist.
       
       Gilt diese Schätzung nach wie vor? 
       
       Ja. Erst in den letzten Tagen ist eine Untersuchung herausgekommen, die
       aufzeigt, dass wir ungefähr 1.500 Sprachen bis zum Ende dieses Jahrhunderts
       verlieren werden, wenn wir nichts unternehmen.
       
       Und deshalb ist Ihre Organisation entstanden? 
       
       Anfang der 2000er sind mehrere Organisationen entstanden, die angefangen
       haben, Sprachen zu dokumentieren und zu archivieren, zum Beispiel wir oder
       auch die Volkswagenstiftung hier in Deutschland. Die Idee war und ist,
       Stipendien in die gesamte Welt zu geben, an Sprachgemeinschaften,
       Linguist:innen, Aktivist:innen und Dokumentarist:innen, damit diese so
       viele Sprachen wie möglich digital auf Video und Audio aufnehmen, bevor es
       zu spät ist. Das so entstandene digitale Material kommt dann bei uns ins
       Archiv und wird der Welt kostenfrei zur Verfügung gestellt. Wir befinden
       uns im Wettlauf mit der Zeit, auch weil wir nicht genug Projekte auf der
       Welt unterstützen können.
       
       Sprechen wir in diesem Zusammenhang eigentlich auch von sterbenden
       Sprachen? 
       
       Das ist eine Metapher, die in die falsche Richtung lenkt. [2][Sprachen
       sterben nicht], Menschen sterben. Sprachen tun gar nichts. Menschen tun
       etwas. Es geht bei uns um Gruppen, die marginalisiert werden, oft unter
       hohem politischen und ökonomischen Druck stehen und wie gesagt auf der
       Suche nach einem besseren Leben sind, ihre Sprachen teilweise
       gezwungenermaßen und teilweise freiwillig aufgeben. Es geht also nicht um
       ein linguistisches Problem, sondern um ein politisches.
       
       Empfinden Sie sich als Retterin bedrohter Sprachen? 
       
       Nein, gar nicht, wir retten nicht, wir dokumentieren. Die Idee, dass
       Menschen oder Institutionen aus dem Globalen Norden etwas im Globalen Süden
       retten müssen, spiegelt sich sehr schön im Begriff White Saviourism wider.
       Wir als Wissenschaftler:innen aus dem Globalen Norden agieren ja in
       einem kolonialen Kontext – ob nun postkolonial, neokolonial oder wie auch
       immer. Wir versuchen deshalb, so ethisch und dekolonial wie möglich zu
       arbeiten. Was auch immer gemacht wird, es muss unter der Regie und mit der
       Zustimmung der Sprachgemeinschaften gemacht werden. Linguist:innen
       können beraten und helfen, wenn das gewollt ist, aber da sollte es auch
       enden. Unsere jungen Doktorand:innen zum Beispiel, die aus einer Uni
       aus dem Globalen Norden in eine Sprachgemeinschaft hineinkommen, werden
       sich hüten zu behaupten, besser zu wissen, was für andere gut ist.
       Schließlich wissen sie genau, dass es ihre Vorfahren waren, die vielerorts
       den Menschen ihre Sprache ausgetrieben haben. Diesen Menschen jetzt wieder
       zu erklären, dass und wie sie ihre Sprache zu retten hätten, wäre höchst
       problematisch.
       
       Wie können Sie dieser Haltung als Institution vorbeugen? 
       
       Ganz wichtig ist uns, auch Sprachgemeinschaften und lokale
       Wissenschaftler:innen zu unterstützen. Dazu haben wir in den letzten
       zehn Jahren Sommerschulen in China, in Kamerun, in Äthiopien, in Ghana,
       Brasilien und Mexiko ausgerichtet und da jeweils 30, 40 junge
       Nachwuchswissenschaftlerinnen und Sprecherinnen aus den jeweiligen und den
       umliegenden Ländern trainiert. Wir konnten dadurch wunderbare Projekte
       fördern zum Beispiel in Brasilien und Kolumbien, wo die Linguist:innen
       nur noch die Rolle von Berater:innen einnahmen und die
       Sprachgemeinschaften in ihrer Dokumentationsarbeit unterstützt haben. Dann
       wird in den Gemeinschaften diskutiert und beschlossen: Ersr nehmen wir das
       und das Festival auf. Dann nehmen wir auf, wie wir hier Boote bauen, und
       dann erzählen wir, wie wir das Ritual machen. Und das sind unsere
       Traumprojekte, denn hier geht es nicht nur um Sprache, sondern um
       Selbstbestimmung.
       
       Also wird doch etwas gerettet, wenn man Sprachen dokumentiert und
       archiviert? 
       
       Wie gesagt, wir dokumentieren und bewahren, und das ermöglicht der
       Gemeinschaft, mit diesen Aufnahmen zum Beispiel eine Sprache wieder zu
       erlernen und zu gebrauchen. Es gibt bewegende Geschichten von Menschen auf
       der Suche nach ihrer Herkunft und Identität, die die Sprache ihrer
       Vorfahren wieder erlernen und gebrauchen. Zum Beispiel von [3][Daryl
       Baldwin], der Myaamia, die moribunde Sprache seiner Vorfahren, wiederbelebt
       hat. Es gab so gut wie keine Aufzeichnungen in Myaamia, bis er eine
       Bibelübersetzung eines Missionars fand.
       
       Und das hat funktioniert? 
       
       Auf der Grundlage dieser Texte hat er sich dann die Sprache selbst
       beigebracht und zusammen mit seiner Frau seine vier Kinder in Myaamia und
       Englisch großgezogen. Sie sprechen die Sprache jetzt besser als er. Es ist
       natürlich nicht die Sprache von damals, sondern etwas Neues entstanden.
       Trotzdem war Baldwins Engagement wie eine Keimzelle, denn der Miamia Tribe,
       zu der Baldwyn gehört, kam als eine erstarkte Gemeinschaft zusammen. Ich
       muss glaube ich nicht erklären, welches Leid der Miami Tribe durch die
       europäischen Siedler erfahren hat.
       
       Wie sieht im Endangered Languages Documentation Programme ein typisches
       Sprachdokumentationsprojekt denn eigentlich aus? 
       
       Die Dokumentarist:innen kommen, sofern sie nicht direkt aus den
       Gemeinschaften stammen, von außen in komplexe politische Zusammenhänge und
       sozialen Strukturen hinein. Sie müssen Vertrauen aufbauen, sie müssen mit
       dem Essen zurechtkommen, mit dem Wohnen, mit dem Leben ohne Strom und
       fließend Wasser.
       
       Klingt abenteuerlich! 
       
       Viele unserer Stipendiat:innen gehen über mehrere Jahre für je drei bis
       sechs Monate pro Jahr ins Feld zu Gemeinschaften, leben mit ihnen und
       entwickeln enge Beziehungen zu den Menschen, mit denen sie arbeiten und
       leben. Oft lernen sie die Sprache und stellen Lehrmaterialien her oder eine
       Textsammlung von Geschichten mit Übersetzungen. Und gleichzeitig müssen sie
       ihre akademische Arbeit machen, etwa eine Grammatik der Sprache schreiben.
       Da haben wir auch noch sehr großen Handlungsbedarf. Eine digitale
       Sprachdokumentationssammlung wird nicht als akademische Leistung anerkannt.
       Das ist mal wieder ein Beispiel, wo wir unseren akademischen Kanon
       überdenken müssen.
       
       Und wie funktioniert das Endangered Languages Archive für Nutzer:innen? 
       
       Eine Säule unserer Arbeit ist, die archivierten Materialien frei zugänglich
       zu machen, das heißt, niemand muss bezahlen. Gleichzeitig schützen wir
       natürlich auch unsere Sprachgemeinschaften, indem wir die Materialien so
       zugänglich machen, wie die Sprecher:innen es selbst bestimmt haben. Es
       ist uns wichtig, den Zugriff auf diese Ressourcen nicht auf den Globalen
       Norden zu beschränken. Grammatiken zum Beispiel sind oft in Bibliotheken
       hinter Paywalls unzugänglich gehalten. Das heißt, die
       Wissenschaftler:innen aus den Ländern, wo die Sprachen gesprochen
       werden, ganz zu schweigen von den Gemeinschaften, um die es geht, werden
       vom Wissen über ihre eigenen Sprachen ausgeschlossen. Für uns ist es
       wichtig, dass alle Zugriff auf die Daten haben, die mit unserer
       Unterstützung erhoben werden. Natürlich mit dem richtigen Datenschutz. Man
       muss sich registrieren und verpflichtet sich damit, die Sammlungen
       ausschließlich nicht-kommerziell und pädagogisch zu nutzen.
       
       Haben Sie einen Überblick, wer aus welchen Gründen Ihr Archiv benutzt? 
       
       Ja, denn man muss immer angeben, warum man Zugang zu einem Datensatz haben
       möchte. Eine meiner Lieblingsgeschichten ist die von einem Cowboy auf einer
       Ranch in Texas, der schrieb, alle seine Kollegen seien Mexikaner, die
       Mixtekisch sprechen, eine indigene Sprache in Mexiko. „Jetzt will ich mal
       was über die Sprache rausfinden“, schrieb er.
       
       Warum ist es so interessant, sich mit verschiedenen Sprachen zu befassen? 
       
       Eine der großen Fragen der Linguistik ist: Was ist universal und was ist
       variabel? Der berühmte Linguist Noam Chomsky zum Beispiel vertritt die
       Idee, dass es ganz vereinfacht ausgedrückt eine universale Grammatik in
       unseren Köpfen gibt, die dann sprachspezifisch eingestellt wird durch den
       Sprachgebrauch. Die Arbeiten, die diesen Ansatz vertreten, beruhen auf der
       Untersuchung von nur ein paar Sprachen. Naturwissenschaftler:innen
       würden verwundert schauen über solche Generalisierungen, die noch nicht mal
       auf einem Prozent der Sprachen beruhen. Es gibt Millionen Menschen, die
       forschen am Englischen oder Spanischen oder Deutschen, ganze Fachbereiche
       gibt es – könnten da nicht ein paar die anderen noch fast unbeschriebenen
       Sprachen erforschen?
       
       Was ist für Sie jenseits politischer und gesellschaftlicher Fragen das
       Faszinierende an der Diversität der Sprachen? 
       
       Die Art und Weise, wie verschiedene Sprachen Information kodieren und
       welche Information kodiert wird, ist faszinierend. Es gibt beispielsweise
       einige Sprachen mit sehr komplexen Evidentialitätssystemen. Das bedeutet:
       In diesen Sprachen müssen sich die Sprecher:innen grammatikalisch
       festlegen, ob sie die Informationen, über die sie berichten, aus erster
       oder zweiter Hand haben. Türkisch macht das zum Beispiel, aber auch
       Sprachen in Lateinamerika. Wenn man mit Sprecher:innen solcher Sprachen
       Spiele spielt, dann wird es total interessant.
       
       Wie gefällt Ihnen die berühmte Geschichte aus der Bibel, Sie wissen
       wahrscheinlich schon, welche? 
       
       Es gibt ja verschiedene Interpretationen der Geschichte vom Turmbau zu
       Babel. Eine ist, dass Gott die Menschen mit vielen Sprachen bestraft hat.
       Aber vielleicht hat Gott auch etwas ganz anderes damit sagen wollen. Zum
       Beispiel: Das habt ihr toll gemacht, ist ja wunderbar, ihr Lieben, ich gebe
       euch jetzt ganz viele verschiedene Sprachen, sodass ihr in der Lage seid,
       wenn euch irgendetwas trifft, mit Diversität zu reagieren. Wir wissen doch,
       was Monokultur in der Biologie bedeutet. Diversität macht uns robuster,
       resilienter.
       
       Und wie gefällt Ihnen die Vision einer Welt, in der alle dieselbe Sprache
       sprechen – oder sich zumindest wie im [4][Roman „Per Anhalter durch die
       Galaxis“] einen Babelfisch ins Ohr setzen können? 
       
       (Lacht) Ich liebe den Babelfisch! Aber dahinter steht ja die Idee, dass man
       sich dann besser verstehen würde. Meine wunderbare Kollegin Gretchen
       McCulloch hat mir mal gesagt, die beste Antwort, die man auf diese Frage
       geben kann, lautet: Bist du verheiratet?
       
       Hm. 
       
       Sich zu verstehen, hat nichts mit Sprache zu tun. Man muss sich verstehen
       wollen. Wie kann es sein, dass man sich ohne Worte versteht, wenn man
       frisch verliebt ist – und drei Jahre später kann die ausgequetschte und
       offen gelassene Zahnpastatube zur Scheidung führen, obwohl man dieselbe
       Sprache spricht?
       
       Und was sagen Sie zu Teenagern, die es zu anstrengend finden, nicht nur die
       Vokabeln der ersten, sondern auch noch die der zweiten oder dritten
       Fremdsprache zu lernen? 
       
       Was soll ich sagen? Ich bin keine Pädagogin und habe selbst einen
       Teenagersohn! Obwohl: Eins fällt mir da vielleicht schon ein. Man könnte
       die Teenies fragen, welche Sprache es denn sein dürfte, wenn sie nur eine
       lernen müssten. Welche sie denn als gerecht empfinden würden. Sie müssten
       die chinesische Sprache wählen, denn die wird nun mal von den meisten
       Menschen der Welt gesprochen. Und haben die Chines:innen nicht dieses
       [5][wunderschöne Schriftsystem] mit den komplexen Bildern und den Tönen? Wo
       ein und dieselbe Silbe etwas Anderes bedeutet je nach Tonhöhe, etwas, was
       wir noch nicht mal richtig hören? Ist das nicht eine tolle Sprache?
       
       Eine Sprache, bei der das Vokabellernen dann richtig wehtut. 
       
       Genau! (lacht)
       
       Frau Seyfeddinipur, glauben Sie eigentlich, dass Sie auch deshalb
       Linguistin geworden sind, weil Sie mit mehreren Sprachen aufgewachsen sind? 
       
       Das war eher Zufall. Ich habe an der FU in Berlin Deutsche Literatur und
       Iranistik studiert. Und dann bin ich einmal in ein Linguistik-Seminar
       gegangen und fand das eigentlich viel spannender.
       
       Sie haben also auch Iranistik studiert? 
       
       Meine Eltern sind aus dem Iran nach Deutschland gekommen. Ich hatte großes
       Glück, dass ich Persisch gelernt habe. Meine Eltern haben miteinander
       Persisch geredet, wir hatten ganz oft Familienbesuch aus dem Iran und wir
       haben die ganzen Sommerferien im Iran verbracht. Ich habe Persisch sprechen
       gelernt, weil ich mit den Nachbarskindern und meinen Cousinen und Cousins
       im Iran gespielt habe. Keiner meiner Cousinen und Cousins, die in
       Deutschland aufgewachsen sind, hat Persisch gelernt. Niemand von ihnen
       konnte mit unserer Großmutter sprechen. Nur ich.
       
       Sie wollten noch besser Persisch lernen? 
       
       Ich wollte Persisch auch lesen und schreiben lernen. Und das war auch eine
       Art Wurzelsuche für mich. Auf diese Wurzelsuche begeben sich ganz viele
       Diasporakinder irgendwann mit der Frage: Warum spreche ich nicht die
       Sprache meiner Vorfahr:innen?
       
       10 Jan 2022
       
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