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       # taz.de -- Beschlüsse der Bund-Länder-Runde: Pandemiebekämpfung nach Weihnachten
       
       > Die Ministerpräsident:innen und der Kanzler einigen sich auf
       > scharfe Maßnahmen ab dem 28. Dezember. Weitergehende Forderung des RKI
       > findet kein Gehör.
       
   IMG Bild: Bei der Vorstellung der Coronamaßnahmen: Wüst, Scholz und Giffey am Dienstagabend im Kanzleramt
       
       Berlin dpa/rtr/taz | Zur Eindämmung der sich rasch verbreitenden
       Corona-Virusvariante Omikron haben Bund und Länder schärfere
       Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens beschlossen. Dabei
       soll es Kontaktbeschränkungen auch für Geimpfte und Genese geben.
       Großveranstaltungen müssen künftig wieder vor leeren Rängen stattfinden.
       Gelten sollen diese und andere Maßnahmen spätestens ab dem 28. Dezember,
       wie die Bundesregierung und die Ministerpräsidentinnen und
       Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag entschieden haben.
       
       Es sei jetzt nicht die Zeit für große Partys an Silvester, sagte
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Schaltkonferenz. Daher sind
       spätestens ab dem 28. Dezember private Zusammenkünfte für Geimpfte und
       Genese nur noch mit maximal zehn Personen erlaubt. Kinder bis zur
       Vollendung des 14. Lebensjahres sind davon ausgenommen.
       
       Überregionale Großveranstaltungen dürfen dann nur noch ohne Zuschauer
       stattfinden. Clubs und Diskotheken müssen bundesweit geschlossen werden,
       Tanzveranstaltungen sind verboten. Dies war bisher schon in vielen
       Bundesländern der Fall, wurde aber von einigen Ländern anders gehandhabt.
       
       Der Bundeskanzler bereitete die Menschen in Deutschland auf einen starken
       Anstieg der Corona-Infektionen durch die Omikron-Variante vor. Im
       Augenblick befinde man sich noch in einer seltsamen Zwischenzeit. Die
       jüngst beschlossenen Maßnahmen gegen die Pandemie zeigten Wirkung, man
       bekomme die vierte Corona-Welle langsam in den Griff. Aber es drohe bereits
       die fünfte Welle. „So schnell wie erhofft ist es nicht vorbei.“ Omikron
       werde die Zahl der Infektionen massiv steigen lassen, sagte Scholz. „Darauf
       müssen wir uns jetzt einstellen.“
       
       Omikron sei aggressiver und drohe den Impfschutz zu unterlaufen. Erst eine
       Auffrischimpfung gebe einigermaßen Schutz. Scholz dankte dem
       Corona-Expertenrat der Regierung, der am Sonntag Maßnahmen gegen Omikron
       vorgeschlagen hatte.
       
       Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens
       Regierungschef Hendrik Wüst, forderte die Vorbereitungen zur Einführung
       einer allgemeinen Impfpflicht voranzutreiben. „Dieses Thema fordert Tempo
       und Klarheit“, sagt der CDU-Politiker nach dem Spitzentreffen von Bund und
       Ländern.
       
       Berlins neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sieht es als
       „wichtiges Zeichen“, dass die Ministerpräsidentenkonferenz drei Tage vor
       Weihnachten noch einmal zusammengekommen sei. Es gehe jetzt darum, die
       Feiertage und Silvester verantwortungsbewusst zu gestalten. Angesichts der
       Lage könne sich das Land auch beim Impfen keine Pause gönnen.
       
       ## Forderung des RKI zurückgewiesen
       
       Den weitreichenderen Forderungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist die
       Bund-Länder-Rund nicht nachgekommen. [1][Das RKI hatte am Mittag einen
       Katalog von Maßnahmen veröffentlicht], um „maximale Kontaktbeschränkungen“
       zu erreichen. Diese sollten „sofort beginnen“ und bis zunächst Mitte Januar
       gelten. So sollten nach Vorstellung des RKI etwa die Weihnachtsferien von
       Schulen und Kitas verlängert werden. Ab sofort müssten auch Restaurants,
       Bars und Sportstätten im Innenbereich geschlossen werden. Das Reisen solle
       auf das „unbedingt Notwendige“ reduziert werden.
       
       Das hatte bei dem Bund-Länder-Gipfel offensichtlich für Misstimmung
       geführt, auch weil der RKI-Katalog weit über [2][die Empfehlungen des
       Corona-Expertenrates vom Sonntag] hinaus ging, dem auch RKI-Chef Lothar
       Wieler angehört.
       
       Auf die Frage, ob er die Forderungen des RKI für Panikmache halte,
       antwortete Bundeskanzler Scholz nur ausweichend, indem er auf die
       Empfehlung des Expertenrates verwies. „Was wir jetzt haben, ist sofortige
       Kontaktbeschränkung“, sagte Scholz. „Im Vergleich zu vielen anderen
       europäischen Ländern um uns herum hat Deutschland weitreichende
       Kontaktbeschränkungen.“ Scholz sagte: „Alles mögliche ist sehr beschränkt.“
       
       Scholz betonte, die Regierung habe sich von der Stellungnahme ihres
       wissenschaftlichen Expertenrats leiten lassen. „Das hat auch gute Wirkung
       gehabt“, sagte er. Seit der Ratsexpertise vom Sonntag sei in kürzester Zeit
       ein Konsens entwickelt worden. Er verstehe die Empfehlung des RKI „in
       dieser Linie“.
       
       Hendrik Wüst forderte anschließend Respekt für die Arbeit des Robert
       Koch-Instituts (RKI). Die Bundesregierung müsse auch künftig bei ihren
       Planungen den Expertenrat des RKI einbeziehen, sagte Wüst. Man müsse nicht
       jeden einzelnen Punkt der Auffassungen des RKI teilen. „Aber es ist aus
       meiner Sicht wichtig, dass dem RKI der Respekt entgegengebracht wird, den
       es verdient“. Denn das Bundesinstitut habe mit seiner Arbeit in den
       vergangenen Monaten der Pandemie „viele Menschenleben gerettet“, so der
       Ministerpräsident.
       
       ## Offener Dissenz bei der epidemischen Lage
       
       Ein Streitpunkt kam bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Scholz, Wüst
       und Giffey offen zur Sprache. Wüst bezeichnete den Beschluss zum Auslaufen
       der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite als klaren Fehler. Giffey
       widersprach: „Ich würde nicht von klarem Fehler sprechen“, so die
       SPD-Politikerin. Die Beendigung sei in einer anderen Lage entschieden
       worden.
       
       [3][Auf Betreiben der Ampel-Parteien] hatten Bundestag und Bundesrat die
       epidemische Notlage von nationaler Tragweite am 25. November auslaufen
       lassen.
       
       Das Berliner Abgeordnetenhaus, das am Dienstag [4][Giffey zur Regierenden
       Bürgermeisterin gewählt hat], hat als gesetzliche Grundlage für weitere
       Corona-Maßnahmen eine epidemische Lage für die Hauptstadt beschlossen. Für
       einen entsprechenden Antrag des Senats stimmten am Dienstag die
       Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken sowie die CDU. Die AfD
       votierte dagegen, die FDP enthielt sich.
       
       21 Dec 2021
       
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