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       # taz.de -- Medienfreiheit in Polen: Präsident legt Veto ein
       
       > Andrzej Duda blockiert ein umstrittenes Gesetz. Der regierungskritische
       > Privatsender TVN sowie Unterstützer:innen der Pressefreiheit jubeln.
       
   IMG Bild: Protest gegen das vom Parlament verabschiedete Mediengesetz am 19. Dezember in Krakow
       
       Warschau taz | Im privaten Nachrichtensender TVN24 läuft die Nachricht rauf
       und runter: Polens Präsident Andrzej Duda hat sein Veto gegen das
       Mediengesetz eingelegt! Eingeblendet wird dazu der Schlüsselsatz Dudas aus
       seiner knapp 20-minütigen Begründung: „Ich lehne es ab, meine Unterschrift
       unter die Novellierung des Rundfunk- und Fernsehgesetzes zu setzen und
       leite es an das Abgeordnetenhaus zur Überarbeitung zurück. Das heißt: Ich
       lege mein Veto gegen das Gesetz ein.“
       
       Im TVN24-Studio deutet der Redakteur auf das überdimensionale blaue Logo
       mit dem Victory-Zeichen statt des V in der Mitte und sagt: „Wir haben
       gewonnen – dank Ihnen, unseren Zuschauern und Zuschauerinnen. Wir danken
       Ihnen für Ihren Protest, und wir versprechen, auch weiterhin so kritisch
       und unabhängig wie bisher zu berichten.“
       
       Denn die „Lex TVN“, wie das umstrittene Gesetz auch genannt wurde, sollte
       es zwar theoretisch verhindern, dass ein Polen feindlich gesonnener Konzern
       wie aus China oder Russland einen polnischen Radio- und Fernsehsender
       übernehmen würde.
       
       Doch in der Praxis hätte [1][das kurz vor Weihnachten verabschiedete
       Gesetz] nur einen einzigen Sender getroffen: den regierungskritischen
       Privatsender TVN, der über eine niederländische Holding dem amerikanischen
       Medienkonzern Discovery gehört. Dem neuen Gesetz zufolge hätte Discovery
       innerhalb von sechs Monaten 51 Prozent seiner Anteile an Investoren aus dem
       „europäischen Wirtschaftsraum“ veräußern müssen.
       
       ## Zahlreiche Proteste
       
       Marek Suski von der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und
       Gerechtigkeit (PiS) hatte allerdings verraten, dass es der Partei darum
       ging, „über unsere Unternehmer Einfluss auf das zu gewinnen, was dort
       gesendet wird“. Als trotz zahlreicher Proteste aus den USA, der EU und
       nicht zuletzt Zehntausender TVN-Zuschauer:innen die PiS das Gesetz am 17.
       Dezember durch das polnische Abgeordnetenhaus peitschte, unterschrieben
       rund zwei Millionen Pol:innen einen Online-Appell an Präsident Duda, sein
       Veto gegen dieses Gesetz einzulegen.
       
       Ein Anwalt der Discovery-Gruppe wies darauf hin, dass der Konzern im
       Vertrauen auf den 1990 abgeschlossenen amerikanisch-polnischen
       Handelsvertrag Milliarden US-Dollar in die Entwicklung von TVN gesteckt
       habe und diese Investition nicht kampflos aufgeben werde. Discovery werde
       ein Schiedsgericht anrufen und von Polen nicht nur die Investitionen
       zurückfordern, sondern auch entgangene Gewinne in Milliardenhöhe geltend
       machen. Amerikanische Politiker wiesen zudem darauf hin, dass die USA
       Polens wichtigster Verbündeter seien und Polen nun seinen Ruf als sicherer
       Investitionsstandort aufs Spiel setze.
       
       Duda griff in seiner Fernsehansprache all diese Argumente auf. Aber er
       betonte auch, dass er grundsätzlich mit der Regierung übereinstimme, dass
       die polnische Medienlandschaft vor feindlichen Akteuren geschützt werden
       müsse. Entsprechende Gesetze dürften jedoch nicht auf bestehende Verträge
       mit Unternehmen und Investoren angewandt werden, sondern erst auf
       zukünftige.
       
       Seit die Partei in Polen die Regierung stellt, [2][ist das Land auf dem
       weltweiten Index für Pressefreiheit um 46 Ränge zurückgefallen]. Inzwischen
       steht Polen auf dem Index auf Rang 64 von 180.
       
       27 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
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   DIR Gabriele Lesser
       
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