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       # taz.de -- Großspenden 2021 an die Parteien: FDP sahnt kräftig ab
       
       > Im Bundestagswahljahr wurde an keine Partei so viel Geld gespendet wie an
       > die Lindner-Truppe. Aber auch die Grünen können sich nicht beklagen.
       
   IMG Bild: Lohnender Wahlkampf: FDP-Chef Lindner im September auf dem Münchener Marienplatz
       
       Berlin taz | Die FDP ist die große Profiteurin des Bundestagswahljahrs
       2021. Mit rund 4,4 Millionen Euro hat sie mit Abstand die meisten
       Großspenden eingenommen. Einem Wahlergebnis von 11,5 Prozent stehen
       Spendeneinahmen von 32,8 Prozent gegenüber. Damit ist es der
       geschäftstüchtigen Lindner-Truppe zum ersten Mal in der
       bundesrepublikanischen Geschichte gelungen, in der Gunst des Kapitals an
       der Union vorbeizuziehen.
       
       Das geht aus einer aktuellen Aufstellung des Bundestages hervor. Danach
       beglückten Wirtschaftsunternehmen, Arbeitgeberverbände und vermögende
       Gönner:innen die deutschen Parteien in diesem Wahljahr mit insgesamt
       rund 13,5 Millionen Euro – weit mehr als noch bei der Bundestagswahl vor
       vier Jahren. [1][Damals spendeten sie rund 7 Millionen Euro.]
       
       Hinter der FDP auf Platz 2 haben es sensationell die Grünen geschafft, die
       rund 3,4 Millionen Euro einnehmen konnten, womit sie bei den Großspenden
       mit einem Anteil von 25,5 Prozent ebenfalls besser abschnitten als an der
       Wahlurne. 2017 kamen sie noch auf verhältnismäßig spärliche 483.000 Euro.
       Zusammen verfügen FDP und Grüne jetzt beim Spendenkassieren über eine
       komfortable absolute Mehrheit.
       
       Obwohl auch die CDU im Vergleich zu 2017 um mehr als eine halbe Million
       Euro zulegen konnte, landete sie mit rund 3,4 Millionen Euro nur auf Platz
       3, gefolgt von der CSU mit rund 871.390 Euro. Zusammen kommen die
       Schwesterparteien damit auf 31,6 Prozent der gesamten Großspendeneinnahmen.
       
       Ganz weit abgeschlagen dahinter rangiert die neue Kanzlerpartei SPD mit
       225.001 Euro, vor vier Jahren waren es noch 410.000 Euro. Was auch schon
       nicht viel war. Die Linkspartei erhielt dieses Jahr eine Großspende in Höhe
       von 55.000 Euro. Die AfD ist – zumindest offiziell – leer ausgegangen.
       
       Das Parteiengesetz verpflichtet die Parteien, Spenden über 50.000 Euro
       „unverzüglich“ unter Angabe des Spender:innennamens der
       Bundestagspräsidentin zu melden. Sie werden dann zeitnah in einer
       Bundestagsdrucksache veröffentlicht. Zwar liegen die Zuwendungen insgesamt
       noch wesentlich höher. Das lässt sich aber erst durch die Veröffentlichung
       der Rechenschaftsberichte der Parteien etwa eineinhalb Jahre später
       nachvollziehen. Da müssen alle Spender:innen ab 10.000 Euro öffentlich
       gemacht werden. Die zeitnah veröffentlichten Großspenden zeigen jedoch
       bereits eine starke Tendenz auf.
       
       ## Lohnende Investition in die Klassenkampf-von-oben-Partei
       
       Interessant ist nicht nur, wieviel eine Partei bekommen hat, sondern vor
       allem, von wem. So reüssierte die FDP in großem Stil bei
       Finanzdienstleistern, Kapital- und Beteiligungsgesellschaften,
       Immobilienunternehmen und der Start-Up-Szene wie auch bei Billigläden wie
       TEDI oder Woolworth. Insgesamt konnte sie 33 Großspenden vereinnahmen. Der
       schillerndste Spender dürfte der Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer sein,
       der 200.000 Euro springen ließ.
       
       Mit 750.000 Euro kam die höchste Spende an die FDP von dem Medienmanager
       Georg Jakob Kofler. Gegenüber dem Handelsblatt begründete Kofler sein
       finanzielles Engagement damit, dass es ihm darum gehe, „eine
       Regierungsbeteiligung der Grünen zu verhindern“. Das hat nicht so ganz
       geklappt.
       
       Aber mit dem vollständigen Verzicht der Ampelkoalition auf Steuererhöhungen
       für Wohlhabende und deren Unternehmen sowie der Ernennung von FDP-Chef
       Christian Lindner zum Bundesfinanzminister dürfte Kofler auch zufrieden
       sein. In jenen Kreisen, die viel haben, gilt die
       Klassenkampf-von-oben-Partei nicht zu Unrecht als Garant dafür, noch mehr
       zu bekommen und wenig geben zu müssen.
       
       25 Großspenden gingen an die CDU. Das meiste Geld kam mit 500.000 Euro von
       dem Kölner Unternehmer Christoph Alexander Kahl, dem Besitzer von Jamestown
       Immobilien. Die Droege Group AG, ein Beratungs- und Investmentunternehmen,
       zahlte 300.000 Euro. Auch fehlt nicht der BMW-Clan: Wie in den Vorjahren
       erfreuten Stefan Quandt und Susanne Klatten die CDU mit zusammen 100.002
       Euro. Anders als in der Vergangenheit hielt sich die Automobilindustrie
       ansonsten bemerkenswert zurück.
       
       ## Großspenden nach dem Gießkannenprinzip
       
       Einige der Großspender:innen haben gleich mehrere Parteien beglückt. So
       überwies [2][der mit Betriebsräten auf Kriegsfuß stehende Autovermieter
       Sixt] an die CSU 121.381 Euro sowie an die FDP und die Grünen je 50.001
       Euro. Der „Jägermeister“-Erbe Florian Rehm verteilte insgesamt 170.000 Euro
       an die CDU, die Grünen und die FDP, wobei diese 19.999 Euro mehr bekam als
       die anderen beiden.
       
       Der E-Commerce-Unternehmer Stephan Schambach investierte 370.000 Euro in
       die CDU und 200.000 in die FDP, bei dem Unternehmer Hans Georg Näder und
       der Kapitalgesellschaft Luton Verwaltungs GmbH waren es je 250.000 Euro für
       beide Parteien, bei dem in der Schweiz lebenden Risikokapitalgeber Klaus
       Hommels je 100.000 Euro.
       
       Der größte bankenunabhängige Vermögensverwalter Deutschlands, die Kölner
       Flossbach von Storch AG, bedachte mit 431.452 Euro die FDP und mit 68.548
       Euro die Grünen. Ähnlich ungleichgewichtig verteilte der Verband der
       Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie sein Geld: 750.000 Euro gingen an
       die CSU, 120.000 Euro an die FDP und 50.001 Euro blieben für die SPD übrig.
       
       An der Spitze der sehr kurzen SPD-Großspenderliste steht mit 100.000 Euro
       die Deutsche Vermögensberatung AG, die auch die Grünen, die FDP und die CDU
       bedacht hat, wobei die beiden letzteren Parteien deutlich mehr erhielten.
       Auf Platz 2 folgt mit 75.000 Euro die Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG
       des Thüringer Sägewerkbesitzers und SPD-Mitglieds Ralf Pollmeier. Bei der
       Wahl 2017 ließ er noch 25.000 Euro mehr springen.
       
       ## Die beiden größten Spenden gehen an die Grünen
       
       Die Grünen erhielten die beiden größten Spenden: Der milliardenschwere
       niederländische Tech- und Medienunternehmer Steven Schuurman überwies 1,25
       Millionen Euro, der Greifswalder Softwareentwickler Moritz Schmidt eine
       Million Euro. Eine halbe Million Euro spendierte der deutsch-griechische
       Millionär Antonis Schwarz, Erbe des Pharma-Konzerns Schwarz. 250.000 Euro
       kamen von einem weiteren wohlbetuchten Erben: dem Immobilienunternehmer
       Sebastian Schels, Sohn des Netto-Gründers Rudolf Schels.
       
       Pikant: Wie die Linkspartei treten die Grünen eigentlich für eine stärkere
       Reglementierung der Parteispenden ein. So sollen sie laut ihrem
       Bundestagswahlprogramm „auf natürliche Personen beschränkt und auf einen
       jährlichen Höchstbetrag von 100.000 Euro je Spender*in gedeckelt werden“.
       
       Im Gegensatz zu der Linkspartei verstehen die Ökoliberalen das jedoch nicht
       als Selbstverpflichtung. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass ihre
       Forderung bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD und der FDP
       irgendeine Rolle gespielt hätte. Im rot-grün-gelben Koalitionsvertrag ist
       sie jedenfalls nicht zu finden.
       
       Auch einige Klein- und Kleinstparteien konnten sich in diesem Jahr über
       Großspenden freuen: Die Partei des Satirikers Martin Sonneborn erhielt
       280.007 Euro von der Global Shopping Collective GmbH aus Zossen, die Freien
       Wähler 89.000 Euro von dem bayrischen Unternehmer Max Aicher und die
       Basisdemokratische Partei Deutschland (dieBasis), die als politischer Arm
       der verqueren „Querdenken“-Bewegung gilt, bekam rund 59.270 Euro [3][von
       der Bode Immobilien GmbH + Co. KG] in Hamburg. Außerdem gab es noch für die
       MLPD Spenden von zwei älteren Genossen in Höhe von insgesamt 152.000 Euro.
       
       ## Sonderfall Südschleswigscher Wählerverband
       
       Ein Sonderfall ist der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), der mit der
       Bundestagswahl Ende September zum ersten Mal seit 1953 wieder [4][mit einem
       Abgeordneten im Parlament] vertreten ist. Der SSW wird traditionell vom
       dänischen Staat finanziell unterstützt – was eigentlich nicht erlaubt wäre,
       wenn es sich um eine „normale“ deutsche Partei handeln würde.
       
       Doch für die politische Interessenvertretung der dänischen Minderheit in
       Schleswig-Holstein gibt es eine gesetzliche Ausnahmeregelung. So erhält der
       SSW rechtmäßig Zuwendungen vom dänischen Kulturministerium, die allerdings
       seit 2016 als Großspenden ausgewiesen werden müssen. In vier Tranchen bekam
       der SSW in diesem Jahr insgesamt rund 497.360 Euro überwiesen.
       
       Und was ist mit der einzigen Großspende, die die Linkspartei erhalten hat?
       Die Anfang August überwiesenen 55.000 Euro kommen weder von einem Konzern
       noch von einem Unternehmer oder reichen Erben. Das Geld stammt vielmehr von
       der Berlinerin Helmtraut Klara, einer früheren Lehrerin und langjährigen
       Volkskammerabgeordneten.
       
       Am 20. Dezember ist sie im Alter von 101 Jahren gestorben. Helmtraut Klara
       sei bis ins hohe Alter geistig aktiv gewesen und habe über einen
       „ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn“ verfügt, sagte ihr Sohn Kurt Thomas
       Kann-Klara der taz. Ihre Spende sei auch ein „kleines Dankeschön“ an Gregor
       Gysi gewesen, der sie an ihrem 100. Geburtstag besucht habe.
       
       28 Dec 2021
       
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