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       # taz.de -- Polit-Nachwuchs in Berlin: „Das politische Handwerk lernen“
       
       > Nicht nur Berlins jüngste Staatssekretärin, Ana-Maria Trasnea, war bei
       > Schule ohne Rassismus aktiv. Projektleiterin Sanem Kleff über SOR als
       > Kaderschmiede.
       
   IMG Bild: Ana-Maria Trasnea und Alexander Freier-Winterwerb bei einer politischen Aktion, August 2021
       
       taz: Frau Kleff, die SPD-Politikerin Ana-Maria Trasnea ist mit 27 Jahren
       jetzt zur jüngsten Staatssekretärin in Berlin ernannt worden. Politisch
       aktiv wurde sie bereits als Schülerin bei „Schule ohne Rassismus – Schule
       mit Courage“. Sie sind dort Direktorin. Haben Sie ihr schon gratuliert? 
       
       Sanem Kleff: Ich freue mich über ihre Berufung und gratuliere ihr von
       Herzen. [1][Ana-Maria Trasnea] ist nicht die einzige Courage-Schülerin, die
       heute in der Politik ist.
       
       Wer denn noch? 
       
       Ich möchte etwa ihren Förderer [2][Alexander Freier-Winterwerb] (SPD)
       erwähnen, der seit dem Herbst Bezirksstadtrat für Jugend und Gesundheit in
       Treptow-Köpenick ist. Er ist uns bereits als Schüler aufgefallen. Er war
       Landesberufsschulsprecher und hat bei „Schule ohne Rassismus“ eine
       herausragende Rolle gespielt, Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher
       Schulen miteinander zu vernetzen und gegen Diskriminierungen wie die durch
       Homophobie und Rassismus zu sensibilisieren. Als Student war er in unserem
       Büro studentischer Mitarbeiter und hat jüngere politische Talente wie
       Ana-Maria Trasnea gefördert.
       
       Beide waren ja auch gemeinsam bei den Jusos und als Bezirksverordnete in
       Treptow-Köpenick tätig. 
       
       Ja. Es ist ja auch kein Wunder, dass Menschen, die sich während der
       Schulzeit in der Schule politisch engagierten, mitbestimmen und
       demokratische Werte leben, irgendwann auch sagen: Ich möchte mich in meiner
       Kommune, in meinem Bundesland oder in einer Partei politisch einbringen.
       Wir wollen natürlich nicht Kinder und Jugendliche als PolitikerInnen
       ausbilden. Aber wir können ihnen Fähigkeiten mitgeben, die dafür wichtig
       sind.
       
       Was tun SchülerInnen bei „Schule ohne Rassismus“? 
       
       Wir haben [3][120 Schulen in Berlin] in unserem Netzwerk und 120
       unterschiedliche Aktivitäten. Gerade beschäftigen sich einige mit
       antisemitischen Verschwörungstheorien oder Hate-speech im digitalen Raum,
       andere mit Migration und Kolonialismus. Wir schreiben den Schulen aber
       nicht von oben vor, welche Aktivitäten sie entwickeln, das entscheiden sie
       selbst. Wir wünschen uns, die Partizipations- und
       Mitbestimmungsmöglichkeiten an Schulen zu stärken und bieten da auch
       Schulungsmöglichkeiten und Vernetzungstreffen an.
       
       Sind Sie die Kaderschmiede für den SPD-Nachwuchs? 
       
       Nein. Zum Glück sind unsere ehemaligen SchülerInnen ganz unterschiedliche
       Wege gegangen, auch parteipolitisch. Ella Hanewald, die bei uns sehr aktiv
       war, hat Berlin gen Sachsen verlassen und ist dort eine der
       LandessprecherInnen der Grünen Jugend. Dustin Hoffmann ist den Weg in die
       CDU-Politik gegangen und ist Ortsvorsitzender in Treptow-Nord. Beide haben
       sich immer aktiv für Menschenrechte und Minderheitenrechte eingesetzt, und
       ich freue mich, dass diese Werte auch durch sie in unterschiedlichen
       demokratischen Parteien gelebt werden. Und wenn wir mal über Berlin
       hinausschauen, dann haben wir mit der Vizepräsidentin des Landtags von
       Schleswig-Holstein, [4][Aminata Touré von den Grünen], eine sehr aktive
       ehemalige Courage-Schülerin. Der aus Bayern stammende Generalsekretär des
       Deutsch-Griechischen Jugendwerkes, Gerasimos Bekas, war nicht nur als
       Schüler bei uns aktiv, sondern später auch Mitarbeiter unserer
       Geschäftsstelle und betreute Artikel unserer Zeitung Q-rage, in der
       ausschließlich Schülerinnen und Schüler schreiben.
       
       Die wenigsten SchülerInnen aus Ihrem Netzwerk werden später PolitikerInnen.
       Was können die spätere Ärztin oder der Busfahrer von „Schule ohne
       Rassismus“ mitnehmen? 
       
       Wir wünschen uns, dass sie mündige und kritische BürgerInnen werden. Wir
       freuen uns, wenn sie einen klaren Kompass für Menschenrechte und
       Minderheitenrechte mitnehmen und die Erfahrung, wie wichtig Vernetzung und
       Solidarität sind. Nur gemeinsam ist man stark. Mir teilen auch tatsächlich
       immer wieder Menschen mit, dass sie genau das mitgenommen haben.
       
       Welche Rolle spielen zivilgesellschaftliche Organisationen im Allgemeinen
       bei der Sozialisation des Nachwuchses für die Parteipolitik? 
       
       Eine enorm große. Sie bieten schon ganz jungen Menschen Möglichkeiten,
       aktiv zu sein. Hier finden Vernetzung und gegenseitige Förderung statt.
       Hier wird das Handwerk der Politik erlernt.
       
       4 Jan 2022
       
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