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       # taz.de -- Lehren aus Corona für 2022: In der Endlosschleife
       
       > 2021 war in Berlin ein Jahr der Hoffnung, die viel zu oft bitter
       > enttäuscht wurde. Was lässt sich daraus für 2022 ableiten? Ein
       > Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Immer schön negativ bleiben: Tests an Schulen werden Standard bleiben
       
       2021 endet, wie es anfing: mit Corona. Alle reden über den Lockdown, die
       Schließung der Schulen, vieler Geschäfte, etc. Nur dass vor einem Jahr
       diese Maßnahmen schon beschlossen und umgesetzt waren; aktuell wird
       gerätselt, was die Politik Anfang 2022 beschließen wird angesichts von
       Omikron. Oder vielleicht auch nicht.
       
       Dieses „fast so schlimm wie vor einem Jahr“ lässt sich in vielerlei
       Hinsicht auf 2021 übertragen. Wobei man sagen muss: Manchmal war es sogar
       noch schlimmer.
       
       Vor einem Jahr [1][schrieb ich an dieser Stelle in einem Ausblick auf
       2021], dass sich alle Einschränkungen wegen Corona – geschlossene Schulen,
       Maskentragen, Homeoffice, etc. – „nicht mehr so dramatisch anfühlen wie
       2020“. Was Masken angeht, hat sich tatsächlich ein Gewöhnungseffekt
       eingestellt, der etwa in BVG und S-Bahn sogar über die Pandemie hinaus
       Bestand haben könnte.
       
       Doch schon der Gedanke an eine erneute Partie Homeschooling gepaart mit
       Homeoffice im Januar, Februar, März, etc. führt zu Lähmungserscheinungen
       und Panikattacken. Zu traumatisch waren die Erfahrungen dieser ersten
       Monate 2021, als man es als Ersatzlehrer*in [2][zu Hause niemandem
       recht machen konnte]: den Kindern sprich Schüler*innen nicht und auch
       nicht der eigenen Arbeitgeber*in – und letztlich damit nicht mal sich
       selbst. Auf die Wiederholung kann ich gut verzichten.
       
       Überhaupt ist es dieses stete Gefühl von zäher Wiederholung, das an die
       Substanz geht. Es fühlt sich an wie vor Urzeiten im
       öffentlichen-rechtlichen Fernsehen, als – vielbeklagt – immer wieder die
       immergleichen Serien liefen. Inzidenz rauf, Inzidenz runter; Einkaufen ohne
       alles, Einkaufen nur geimpft oder genesen; [3][größere Demos von
       Coronaleugner*innen], kleinere Demos von Coronaleugner*innen: Das ist
       so wie Dallas, Denver Clan, Dallas, Denver Clan auf dem Fernseher in der
       Eichenholzfurnierschrankwand. Und es gibt offenbar keine Alternative dazu.
       
       Dabei hatte ich vor einem Jahr noch geschrieben: „Eine Wiederöffnung der
       Clubs wäre beinahe ein Signal für das Ende der Coronakrise.“ Und
       tatsächlich durfte nach einem erstaunlich entspannten Sommer ab Spätsommer
       in Berlin wieder getanzt werden, so richtig, ohne Abstand, ohne Maske. 2G
       hieß das, kurz darauf 2G+. Aber im Frühwinter war es damit auch schon
       wieder vorbei: Der Senat [4][erließ Anfang Dezember ein Tanzverbot]. Da war
       sie wieder, die Endlosschleife. Und damit letztlich die Erkenntnis: Corona
       ist noch lange nicht vorbei.
       
       ## Vorsicht bei Prognosen
       
       Was heißt das für 2022? Erst mal: Vorsicht bei Prognosen. Die so einfach
       klingende Erzählung, dass wir mit der Impfung Corona besiegen werden, ist
       komplexer, ja komplizierter geworden. Da gibt es jene, die sich nicht
       impfen lassen; jene, die länger keine Impfung kriegen, weil Termine fehlen
       oder Impfstoff; jene, bei denen Impfung und selbst der Booster bei Omikron
       nicht ausreichend wirken.
       
       Andererseits ist da die Erfahrung, dass allen Lockdown-Apologeten zum Trotz
       auch andere Maßnahmen erfolgreich sein können, wie sich etwa im November
       gezeigt hat – auch wenn man nicht so richtig sagen kann, [5][was denn nun
       den Ausschlag gegeben hat], dass die vierte Welle plötzlich auslief.
       
       Auch ist schwer einzuschätzen, welche Linie in Sachen Corona die neue
       rot-grün-gelbe Bundesregierung und die neue rot-grün-rote Landesregierung
       einschlagen werden – sofern sie verschiedene Optionen haben. Und ob sich
       eine oder ein Virolog*in dazu hinreißen lässt, einen „Supersommer 2022“
       auszurufen.
       
       Das alles macht den Ausblick auf 2022 noch schwieriger, noch weniger
       konkret als vor einem Jahr. Bleibt die Hoffnung, dass im neuen Jahr weniger
       Hoffnungen enttäuscht werden als in diesem.
       
       1 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /2021-und-Corona-in-Berlin/!5736332
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   DIR [4] /Gericht-bestaetigt-Tanzverbot-in-Clubs/!5824666
   DIR [5] /Corona-Lage-in-den-Berliner-Schulen/!5816855
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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