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       # taz.de -- Umweltverbände kritisieren Ackergifte: Immer mehr Pestizide weltweit
       
       > Umweltorganisationen sehen eine Gefährdung von Mensch und Natur. Wenige
       > Chemiekonzerne beherrschen den globalen Markt.
       
   IMG Bild: Umstritten: Apfelbäume werden mit Pestiziden behandelt
       
       Berlin taz | Landwirte setzen weltweit immer mehr [1][Pestizide] ein. Rund
       vier Millionen Tonnen Pflanzenschutzmittel landen nach Angaben der
       grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung jährlich auf den Feldern. „Noch nie
       wurden so viele Pestizide ausgebracht“, sagte Barbara Unmüßig, Vorständin
       der Stiftung, bei der Vorstellung des „[2][Pestizid-Atlas]“. Seit 1990 sei
       die Menge damit um 80 Prozent gestiegen.
       
       Der gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem
       Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) herausgegebene Bericht prangert die
       Kehrseiten der Mittel an. Kooperationspartner ist die deutsche Ausgabe von
       [3][Le Monde diplomatique], die im taz-Verlag erscheint. Die Chemikalien
       „belasten Gewässer und schaden der Gesundheit“, so Unmüßig. Auch das
       Artensterben führen die Autoren ebenfalls auf den Einsatz der Chemie auf
       den Feldern zurück. Ein Drittel der Insektenarten sei vom Aussterben
       bedroht.
       
       Vor allem Landwirte in ärmeren Staaten setzen verstärkt auf Pestizide. In
       Südamerika, Afrika und Asien steigt der Einsatz stark an. Dort sind laut
       Bericht die Arbeitsbedingungen auf dem Land oft schlecht. Die Arbeiterinnen
       und Arbeiter haben demnach zum Beispiel oft keine Schutzausrüstung, wenn
       sie mit Pflanzenschutzmitteln hantieren. In der Folge kämen sie direkt mit
       gesundheitsgefährdenden Stoffen in Kontakt.
       
       385 Millionen Menschen erlitten jährlich Pestizidvergiftungen, kritisierte
       Unmüßig. Kopfschmerzen, Erbrechen oder Hautausschläge zählen zu den
       leichteren Folgen, das Versagen von Herz, Niere oder Lunge zu den schweren
       Verläufen. Der Industrieverband Agrar, in dem die Hersteller der Pestizide
       organisiert sind, zweifelt die Ergebnisse des Berichts an: „Die Publikation
       enthält zahlreiche Unstimmigkeiten, Unsauberkeiten und methodische Mängel.“
       Den Vorwurf weisen die Autoren der Studie zu Erkrankungen zurück. „Da ist
       nichts aufgebläht“, versichert PAN-Experte Peter Clausing.
       
       In den Ländern des Südens werden dem Atlas zufolge vielfach auch
       hochgefährliche Mittel gespritzt, die in Europa längst verboten sind.
       Hergestellt werden diese Substanzen aber immer noch hierzulande. Der Export
       solcher Chemikalien müsse verboten werden, forderte Unmüßig.
       
       ## Ein Miliardengeschäft
       
       Laut Bericht gaben Landwirte für Pestizide 2019 rund 85 Milliarden
       US-Dollar aus. Davon profitieren aber nur wenige Unternehmen, Vier große
       Konzerne teilen sich 70 Prozent des Marktes, darunter auch die deutschen
       Firmen Bayer und BASF.
       
       In Deutschland ist der Einsatz von Pestiziden seit Langem mehr oder minder
       stabil und liegt nach Angaben der Autoren zwischen 27.000 und 35.000
       Tonnen. Umweltschützer fordern eine Halbierung des Verbrauchs. Das sei auch
       möglich, wie das Beispiel Dänemark zeige. Dort wurde 2011 ein Abgabe auf
       Pestizide eingeführt. Seither ist der Verbrauch um 40 Prozent
       zurückgegangen.
       
       Die Autoren sehen vor allem eine Chance, den Bedarf an Pestiziden weltweit
       zu verringern. „Wir müssen den Fleischkonsum massiv reduzieren“, fordert
       Unmüßig. Den die Pflanzenschutzmittel werden vor allem auf Feldern
       eingesetzt, auf den Futtermittel wie Soja und Mais angebaut werden. Wird
       weniger davon benötigt, werden auch weniger Pestizide benötigt. So lautet
       jedenfalls die Logik des „Pestizid-Atlas“.
       
       12 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Pestizide/!t5008935
   DIR [2] https://www.boell.de/pestizidatlas
   DIR [3] https://monde-diplomatique.de/zeitung
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolfgang Mulke
       
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