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       # taz.de -- Reformen in der Pflege: In die Flucht getrieben
       
       > Was ist der Unterschied zwischen der Auto- und der Pflegebranche?
       > Arbeitsbedingungen wie in der Pflege würden in Autoindustrie niemals
       > geduldet.
       
   IMG Bild: Reformen in der Pflege sind dringend nötig
       
       Man stelle sich vor: Volkswagen, Fertigungsstraße. Es herrscht
       Arbeitskräftemangel. Daher muss der Personalaufwand pro Auto reduziert
       werden. Man lässt die Heizungen in den Wagen weg, das spart Personal. Und
       müssen eigentlich fast alle Pkws vier Türen haben? Reichen doch auch zwei.
       Am Ende produzieren die Fachkräfte minderwertige Autos.
       
       Was in der Autoindustrie undenkbar wäre, [1][passiert täglich in der
       Pflege], nur ist es hier schlimmer, weil es um Menschen geht. Pflegekräfte
       gehen motiviert in einen Beruf, in dem sie für die Gebrechlichen
       tatsächlich im Alltag „einen Unterschied machen“ könnten. Ein freundliches
       Wort, eine angenehme Berührung wärmen das Herz. Aber die Zeit dafür ist
       nicht da. [2][Die Pflegekräfte müssen erleben, dass sie ihre Fähigkeiten
       nicht umsetzen können, j]a sogar hinter dem zurückbleiben müssen, was man
       allgemein als menschliche Zuwendung versteht.
       
       Diese Dissonanz dürfte einer der Hauptgründe sein, warum 40 Prozent der
       Pflegekräfte erwägen, aus ihrem Beruf auszusteigen, wie eine neue Studie
       des Fachverlags Vincentz Network in Zusammenarbeit mit dem
       Pflegeberufsverband DBfK ergibt. [3][Die Flucht aus dem Pflegeberuf] wird
       verstärkt, weil heute aufgrund des allgemeinen Arbeitskräftemangels in
       vielen Berufsfeldern alternative Jobangebote zur Verfügung stehen.
       
       Aber Alarmismus hilft nicht weiter. Stattdessen sollte die Regel gelten:
       Taten statt Worte. Es muss möglich sein, im Zweifelsfall mehr
       Helfer:innen in den Heimen einzusetzen mit der Möglichkeit der
       Weiterbildung. Es muss aufhören, dass Pflegekräfte aus ihren freien Tagen
       geholt werden, weil es für Krankheitsausfälle im Heim keinen Ersatz gibt.
       Es muss Rücksicht auf private Belange auch in der Dienstplangestaltung
       genommen werden.
       
       Beides, Springerpools für Vertretungen und familienfreundlichere
       Arbeitszeitgestaltungen, steht auch im Koalitionsvertrag der
       Ampel-Regierung. Spürbare Entlastungen in den Heimen müssen kommen. Sonst
       bleiben sie die schwarzen Löcher in einer Leistungsgesellschaft, die sich
       lieber mit Autos als mit menschlichen Körpern beschäftigt.
       
       14 Jan 2022
       
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