# taz.de -- Studie zur Situation in Pflegeheimen: Es fehlt an Transparenz
> Sozialforscher fordern, dass die Heimaufsichtsbehörden ihre Berichte
> offen legen. Knackpunkt ist die Personalausstattung.
IMG Bild: Einen Heimplatz, der akzeptabel ist, wünschen sich viele Hochbetagte
Berlin taz | Das Pflegeheim „Zindler-Haus“ in Hamburg zum Beispiel. „Mehr
Personal als gesetzlich verlangt“, „besonders viele Fachkräfte“ steht zum
Zindler-Haus auf der Website der [1][Weissen Liste] der
Bertelsmann-Stiftung. Beim Malteserstift St. Theresien in Hamburg hingegen
heißt es: „deutlich weniger Fachkräfte als angemessen“. Im St. Theresien
würde man die alte Mutter oder den alten Vater vielleicht nicht so gerne
unterbringen.
In Sachen Transparenz sei Hamburg „ein Pilotprojekt“ lobt Johannes
Strotbek, Projektleiter der Weissen Liste, im Gespräch mit der taz. Auf dem
Portal der Weissen Liste sollte man im Idealfall bundesweit Informationen
über alle Pflegeheime und die Qualität von deren Personalausstattungen
finden können.
Aber die Infos über die Personalausstattungen fehlen zumeist: Sie sind von
den zuständigen Heimaufsichtsbehörden nur schwer zu bekommen. Strotbek und
Kolleg:innen haben am Donnerstag eine [2][Bestandsaufnahme] über die
mangelhaften Informationen veröffentlicht.
„Daten, die sich aus den Prüfungen der landesrechtlich zuständigen
Aufsichtsbehörden bei den Pflegeheimen ergeben, werden in den meisten
Bundesländern nicht veröffentlicht“, rügt Strotbek. Nur in sechs
Bundesländern sind Ergebnisse der Heimprüfungen öffentlich zugänglich,
darunter Hamburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen.
Allerdings seien diese Informationen oftmals im Netz „nicht ohne Weiteres
auffindbar und auch nicht ohne Weiteres verständlich“, bemängelt Strotbek.
## Pflegebevollmächtige rügt
Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, sagte am
Donnerstag, die Bundesländer müssten „dringend nachbessern“ und „umfassend
für Transparenz sorgen“.
Veröffentlichungen über die Personalausstattungen können mit der Zeit
allerdings auch veralten, ein oft angesprochenes Problem dieser
Bewertungen. Strotbek räumt ein, dass etwa die Informationen zu den
Pflegeheimen in Hamburg aufgrund der Pandemie teilweise nicht mehr ganz
aktuell sein könnten.
Auch David Kröll, Sprecher des Pflegeschutzbundes biva, kennt die
lückenhafte Informationslage für Angehörige, die eine Einrichtung suchen:
„Wer sich für ein Heim interessiert, ja sogar wer da schon einen Vertrag
unterschrieben hat, erfährt trotzdem nichts über den Soll- und den
Ist-Zustand eines Heimes in der Personalausstattung und ob es da vielleicht
eine Personalunterdeckung gibt“, sagt er.
## Auch Beschäftigte wollen mehr Personal
Kröll empfiehlt Familien, die einen Pflegeplatz suchen, über die
[3][Pflegelotsen oder -navigatoren] der Krankenkassen vorzugehen. Hierbei
gibt man die gewünschte Postleitzahl der Einrichtung ein, vielleicht noch
Zusatzkriterien, und erhält dann eine Auswahl. Dabei ist es auch möglich,
Heime auszugrenzen, die etwa beim Pflege-TÜV des Medizinischen Dienstes der
Krankenkassen (MDK) schon mal mit Mängeln aufgefallen sind.
Der Pflegeschutzbund wünsche sich allerdings zusätzlich Informationen über
die Soll- und die Ist-Personalausstattung der einzelnen Heime, so Kröll.
Durch die Rahmenverträge mit den Bundesländern sind die Personalrichtwerte
pro Pflegegrad in den einzelnen Bundesländern vorgegeben. Die Heime können
dabei nur in gewissem Rahmen nach oben abweichen. Einige aber erreichen die
erforderlichen Fachkraftquoten nicht.
Eine verbesserte Personalausstattung wünschten sich 90 Prozent des
Pflegepersonals in einer am Donnerstag veröffentlichten [4][Befragung] des
Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) und des Fachmedienhauses
Vincentz Network.
40 Prozent der rund 700 Befragten erklärten, sie überlegten, den Beruf ganz
aufzugeben, vor allem, weil sie ihn nicht mit der nötigen Qualität ausüben
könnten.
13 Jan 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.weisse-liste-pflege.de/
DIR [2] https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2022/januar/bundeslaender-informieren-nur-ungenuegend-ueber-die-qualitaet-von-pflegeheimen
DIR [3] https://www.pflegelotse.de/presentation/pl_startseite.aspx?krankenkasse=barmer
DIR [4] https://www.dbfk.de/de/presse/meldungen/2022/Pressekonferenz-Altenpflege-im-Fokus.php
## AUTOREN
DIR Barbara Dribbusch
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