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       # taz.de -- Stornogebühren für Klassenfahrten 2020: Land klagt gegen Reisebranche
       
       > Schulen mussten aufgrund der Pandemie viele Fahrten stornieren.
       > Niedersachsen will nun Millionen Euro Stornogebühren von den
       > Reiseunternehmen zurück.
       
   IMG Bild: Storniert: Schulen sind im Jahr 2020 enorme Kosten für abgesagte Klassenfahrten entstanden
       
       Bremen taz | Klassenfahrten, Tagesausflüge, Sprachreisen: All das mussten
       Schulen 2020 aufgrund der Pandemie wieder absagen. Damit nicht Eltern oder
       Schulvereine [1][auf den Stornogebühren] sitzen bleiben mussten, hatte das
       Land Niedersachsen 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nun holt sich
       das Land das Geld von den Unternehmen zurück – indem es sie verklagt. Und
       das recht erfolgreich.
       
       Im Dezember hatte das Amtsgericht Westerstede ein dort ansässiges
       Busunternehmen dazu verurteilt, Geld zurückzuzahlen. Streitwert: 10.000
       Euro. Nach Auffassung des Gerichts greift der Paragraf 651 des BGB. Dem
       zufolge können Reisende ohne Ersatzleistungen von einer Reise zurücktreten,
       wenn am Bestimmungsort unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten,
       die die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen und auf die der
       Reiseveranstalter keinen Einfluss hat. Die Coronapandemie sei ein solcher
       außergewöhnlicher Umstand, fand das Gericht.
       
       Auch das Amtsgericht Bremen hat nach Auskunft eines vom Land Niedersachsen
       verklagten Reiseveranstalters so geurteilt. Die Behörden hätten 49 Klagen
       gegen 43 Unternehmen eingereicht, teilt eine Sprecherin des
       Kultusministeriums der taz mit. Sechs Verfahren habe das Land gewonnen, 25
       weitere hätten sich auf anderem Weg zugunsten des Landes erledigt.
       Zuständig sind die Gerichte am Sitz der jeweiligen Firma.
       
       Das Oberlandesgericht Hamm hatte im August in letzter Instanz gegen ein
       beklagtes Unternehmen entschieden. In dem Fall war es allerdings nicht vom
       Land Niedersachsen, sondern von einer Schulstiftung verklagt worden.
       
       Damit agiert Niedersachsen zwar im Sinne der Steuerzahler*in, setzt aber
       einer Branche zu, die ohnehin zu den Verlierern der Pandemie gehört. Und
       riskiert, dass in Zukunft Klassenfahrten ins Ausland nur noch eingeschränkt
       möglich sein werden. „Seit März 2020 hatten wir keine neuen Buchungen
       mehr“, sagt etwa Heinz Abeling, Geschäftsführer von SET Studienreisen in
       Bremen, die seit 30 Jahren Klassenreisen nach England durchführen. Das
       allein sei schwer genug, aber mit eigenen Rücklagen sowie den
       Überbrückungshilfen zu bewältigen.
       
       Sollte Niedersachsen allerdings tatsächlich alle Stornierungskosten in Höhe
       eines fünfstelligen Betrags im mittleren Bereich – genauer will er es nicht
       sagen – per Klage zurückverlangen, würde dies die Existenz seines
       Unternehmens bedrohen: „Das liefe auf eine Insolvenz hinaus.“ Noch
       schlimmer: wenn andere Bundesländer auf den Zug aufspringen würden.
       
       In zwei Fällen hat er bereits verloren, zwei weitere kommen auf ihn zu, es
       geht derzeit um insgesamt fünf Fahrten und Stornierungskosten in Höhe von
       40.000 Euro. Er will in Berufung gehen, sagt aber, er wolle die Tür für
       eine außergerichtliche Einigung offen lassen. Besonders schwer getroffen
       sind solche Reiseveranstalter wie SET Studienreisen, die Pauschalreisen
       anbieten und ihrerseits in Vorleistung getreten sind, indem sie
       beispielsweise Fähren und Unterkünfte angezahlt haben. Bei SET sei dies ein
       Betrag im hohen fünfstelligen Bereich, so Abeling.
       
       Ob es noch weitere Verfahren geben wird, ließ das Kultusministerium offen.
       [2][In einer Antwort auf eine FDP-Anfrage] im niedersächsischen Landtag im
       Juni 2020 hatte das Ministerium mitgeteilt, 2.000 von 2.727 Schulen hätten
       sich gemeldet, mit einem Bedarf von insgesamt 10,6 Millionen Euro.
       Besonders hohe Summen fallen vor allem bei Gymnasien an.
       
       22 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Reisestornierungen-wegen-Corona-Welle/!5822854
   DIR [2] https://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_18_07500/06501-07000/18-06669.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eiken Bruhn
       
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