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       # taz.de -- Die Wahrheit: Lautmalerei im Fokus
       
       > Hergehört! Dreht euch nicht um, denn der Plumpsack geht herum! Alles über
       > Plumpslautzerlegung und noch viel mehr.
       
   IMG Bild: Kann Malerin A. G. aus H. auch voll laut malen?
       
       Der Lautmaler und die Lautmalerin werden von den Kollegen der pinselnden
       Zunft gewöhnlich beneidet, denn Lautmaler brauchen keine Palette, keine
       Farbtuben und keine Leinwand. Sie brauchen nur den Mund aufzutun und können
       überall die herrlichsten Lautgemälde schaffen, die man und frau sich
       vorstellen können.
       
       Und doch, was so einfach scheint, will gelernt sein. Vor dem scheinbar
       mühelosen Meisterwerk rasch hingetupfter Töne steht meist ein langes
       Studium. Das fängt schon bei der Berufsbezeichnung an: Die Lautmalerei
       heißt nämlich an den Akademien der Lautkünste Onomatopöie. Ein poetischer
       Zungenbrecher, an dem schon mancher Berufsanfänger gescheitert ist. Denn
       natürlich akzeptieren die Tonhochschulen nur Aspiranten, die das Wort
       Onomatopöie fehlerfrei aussprechen können.
       
       Die Glücklichen, die die Prüfung bestehen, können dann unter den
       raschelnden Zweigen der abstrakten und der konkreten Lautmalerei wählen.
       Aus deren Lautmalklassen der Eleven dringen dann seltsame Geräusche, wenige
       poetisch, die meisten onomatisch. Am Anfang der Lautlehrlinge steht das
       Studium der Lautschrift, später gibt es manche anstrengende Stunde
       Lautverschiebung. Ächz.
       
       Unter den eher bodenständigen Vertretern und Vertreterinnen der konkreten
       Onomatopöie gibt es die besonders präzisen Sezessionisten (meist Männer),
       die Haarspalter unter den Lautmalern. Das große Vorbild dieser Lautzerleger
       ist Otto Uhl, der 1909 in der „Sprachlehre für deutsche Kinder“ mit seiner
       Plumpslautzerlegung Literaturgeschichte schrieb. Doch lesen Sie selbst und
       möglichst laut:
       
       ## P zu dem lumps
       
       „An „plumps“ kann man sehr hübsch sehen, wie genau das Echo in unserem
       Munde das wiedergibt, was ein anderes Ding gesagt hat. Stellen wir uns vor,
       dass ein Stein in einen Teich fällt. Das „p“ bedeutet das Aufschlagen, das
       „l“ das Versinken des Steins, das „u“ den Strudel, der entsteht, „mp“ den
       Schluss des Strudels, das „s“ das Aufsteigen der Luftblasen.“ Klatsch,
       klatsch. Unser Beifall ist ihm sicher. So sollte ein lautes Wort Buchstabe
       für Buchstabe filetiert werden!
       
       Und was lernt man an der Lauthochschule noch, außer Worte zu zerlegen?
       Verblüffendes: Wir lernen, dass der Totenkopf der einzige einheimische
       Schmetterling ist, der laut und schrill schreien kann. Auch der ruhige
       Dachs kann in Erregung schreien wie ein panisch schreiendes Kleinkind. Der
       Marderhund hingegen kann nicht bellen, dafür aber winseln, fauchen, knurren
       und sogar miauen!
       
       Mit solchem Wissen ausgestattet, verlässt der Lautmaler nach bestandener
       Prüfung (summa cum laute) leise ächzend die Hochschule für angewandten
       Krawall und sucht einen Arbeitsplatz. Da gibt es zunächst die handfesten
       Lautmalereibetriebe der Handwerkskammer. Diese Betriebe versorgen einfache
       Wohnungen mit der Grundausstattung an Geräuschen, ohne die es still und
       fremd im Raum wäre: Knirsch, klopf und tropf, knacks, quietsch, knarr und
       knister.
       
       Wer als Lautmaler aber anspruchsvollere Aufgaben sucht, klopft dann mutig
       an die gepolsterten Türen der Comicverlage und Werbeagenturen, um dort
       seine poetischen lautmalerischen Kostbarkeiten auf den Jahrmarkt der lauten
       Worte zu werfen. Hoffentlich wird unser hoffnungsvoller Bewerber oder
       unsere gutgelaunte Bewerberin nach dem Vorstellungsgespräch nicht schreien
       wie ein erregter Dachs! Wünschen wir ihnen, dass sie zufrieden miauen wie
       ein glücklicher Marderhund!
       
       21 Jan 2022
       
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