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       # taz.de -- US-Außenminister Blinken in der Ukraine: Rückendeckung für Kiew
       
       > Bei einem Kurzbesuch in der Ukraine warnt Blinken vor einer kurzfristigen
       > Aufstockung russischer Truppen an der Grenze zum Nachbarn.
       
   IMG Bild: Ellbogengruß statt Handschlag: Präsident Wolodymir Selenski (l.) und US-Außenminister Antony Blinken
       
       Kiew taz | Die Pendeldiplomatie geht weiter: Am Mittwoch ist
       US-Außenminister Antony Blinken zu einem Blitzbesuch in der ukrainischen
       Hauptstadt Kiew eingetroffen. Wichtigstes Thema war [1][die angespannte
       Lage an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland]. Über 100.000
       russische Soldaten stehen an der Grenze von Russland und Belarus zur
       Ukraine.
       
       Man wisse von russischen Plänen, diese Streitkräfte sehr kurzfristig weiter
       aufzustocken. Das gäbe Russlands Präsident Wladimir Putin die Möglichkeit,
       sehr kurzfristig weitere aggressive Maßnahmen gegen die Ukraine zu
       ergreifen, sagte Blinken in Kiew. Washington werde versuchen, Russland auf
       den diplomatischen Weg zurückzubringen und nach dem Prinzip verfahren
       „nicht über Europa ohne Europa“, sagte Blinken weiter.
       
       Der US-Außenminister, der auch mit Präsident Wolodimir Selenski
       zusammenkam, machte sich noch am Abend auf den Weg nach Berlin zu einem
       Treffen mit Vertretern von Großbritannien, Frankreich und Deutschland.
       
       Mit gemischten Erwartungen hatte das Portal apostrophe.ua den Besuch des
       US-Außenministers kommentiert. Deren Kolumnist Wladimir Schewtschuk
       fürchtet, dass Moskau die Ukraine über seine Kontakte mit den USA zwingen
       werde, die Friedensvereinbarung von Minsk so umzusetzen, wie Moskau dies
       wünscht.
       
       ## Grundsätzlicher Dissens
       
       Das Problem ist nicht der Inhalt der 13 Punkte der Vereinbarungen, sondern
       die Reihenfolge ihrer Umsetzung. So besteht ein grundsätzlicher Dissens
       darüber, ob Kommunalwahlen im Donbass stattfinden, bevor die Ukraine die
       Kontrolle über den Teil ihrer Grenze erhält, den derzeit die Separatisten
       kontrollieren, wie dies Moskau fordert und wie das auch in den
       Vereinbarungen von Minsk festgehalten ist. Oder ob die prorussischen
       Separatisten die Grenze räumen müssen und erst in einem zweiten Schritt
       Wahlen organisiert werden, wie Kiew das fordert.
       
       Letztendlich seien im Kreml die Würfel für eine Bestrafung der Ukraine für
       ihren Eigenwillen gefallen, fürchtet Kommentator Schewtschuk. Moskau könne
       nicht ständig bluffen und drohen. Irgendwann sehe es sich auch zu konkreten
       Schritten gezwungen.
       
       Für Schewtschuk kommen drei mögliche Szenarien eines russischen Angriffs in
       Betracht. Russland könnte die Spannungen an der Waffenstillstandslinie
       erhöhen, Streitkräfte der OVKS als „Friedenstruppen“ zum angeblichen Schutz
       russischer Staatsbürger in die Ostukraine holen oder einen vermeintlichen
       Blitzkrieg gegen ukrainische Militäreinrichtungen führen. Nicht
       auszuschließen, so Schewtschuk, sei auch, dass US-Präsident Biden nach der
       Niederlage in Afghanistan nun einen Erfolg als Friedensstifter brauche. Der
       könnte möglicherweise zulasten der Ukraine sein.
       
       Juri Butusow, Chefredakteur von censor.net, hat angesichts der aktuellen
       Spannungen die Hoffnung auf [2][eine baldige ukrainische
       Nato-Mitgliedschaft]: „Sollte Putin einen Angriff wagen, wird unser Krieg
       zum Hauptthema der Weltmedien werden, und dann werden die Heldentaten und
       Opfer des ukrainischen Volkes die öffentliche Meinung in Europa dazu
       zwingen, die Regierungen zu drängen, die Ukraine viel früher in die Nato
       aufzunehmen“, so Butusow auf 24tv.ua.
       
       Doch es muss nicht zwangsläufig zu einem Krieg kommen. Am 21. Januar trifft
       sich Blinken mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow in Genf. Das
       Treffen sei ein Versuch, die Spannungen zu entschärfen, zitiert das
       Onlinenachrichtenportal NV den US-Außenminister. Ob das gelinge, werde sich
       zeigen.
       
       20 Jan 2022
       
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