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       # taz.de -- Unlust zur Verkehrswende: Grundsätzlich auf Autopilot
       
       > Ein Viertel der regelmäßigen Autofahrer will prinzipiell nicht auf ÖPNV
       > oder Fahrrad umsteigen. Da sind noch dicke Bleche zu bohren.
       
   IMG Bild: Idyllisch? Yep. Gut angebunden? Nein. Auf dem Land ist mobil sein ohne Auto noch schwierig
       
       Berlin taz | Manchmal hat die Große Koalition ihren nicht durchgehenden,
       aber doch unbestreitbaren klimapolitischen Unwillen doch nicht
       durchgesetzt. Zum Beispiel vor zwei Jahren. Da hatte der damalige
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) [1][fast alles in seiner Macht
       Stehende dafür getan], dass sein Zuständigkeitsbereich die deutschen
       Klimaziele verfehlt – und dann kam Corona. Niemand flog 2020 unnütz umher
       oder fuhr weite Autostrecken – und der Verkehrssektor schaffte die Vorgaben
       zur CO2-Reduktion aus Versehen doch noch.
       
       Nicht nur bei der CSU sind in Sachen Verkehrswende dicke Bleche zu bohren.
       Das hat in der vergangenen Woche das jährlich erscheinende
       Energiewendebarometer der Förderbank KfW gezeigt, eine repräsentative
       Umfrage in 4.000 Haushalten. Ein Viertel der regelmäßigen
       Autofahrer:innen ist grundsätzlich nicht bereit, künftig häufiger den
       öffentlichen Verkehr zu nutzen und das Auto stehen zu lassen.
       
       Das ist keine kleine Randgruppe. Natürlich, das restliche Dreiviertel ist
       offener. In 75 Prozent der Haushalte, in denen mehrmals pro Woche Auto
       gefahren wird, kann man sich zumindest prinzipiell vorstellen, öfter mal
       den ÖPNV zu nutzen. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen: einer
       besseren Anbindung, geringeren Kosten und mehr Komfort.
       
       ## Mäßige Sabote von SUVs
       
       Das sind Dinge, an denen sich auch eingefleischte Bus- und
       Bahnfahrer:innen nicht unbedingt stören würden. Vielleicht ein bisschen
       zusätzliche Inspiration für Ampel-Verkehrsminister Volker Wissing, der
       gerade am Beginn seiner persönlichen Verkehrswende steht: Anders, als seine
       FDP es noch im Wahlkampf postulierte, sieht er keine Zukunft für Autos mit
       Verbrennungsmotor, deren Durst mit synthetischen Kraftstoffen gestillt
       wird, wie er dem Fachdienst Tagesspiegel Background in der vergangenen
       Woche sagte. Stattdessen schließt er sich der großen Mehrheit von Energie-
       und Verkehrsexpert:innen an, die appellieren: Wenn schon Auto, dann
       mit dem effizienteren E-Motor.
       
       Ineffizient sind Autos natürlich von vornherein, auch unabhängig vom
       Antrieb. Sie haben zum Beispiel meist fünf Sitze, aber im Schnitt nicht mal
       anderthalb Insassen. Und besonders beliebt sind auch noch die Gefährte mit
       besonders ungünstigem Blech-pro-Kopf-Verhältnis: Mehr als ein Drittel der
       Neuzulassungen unter den Pkws waren [2][laut Kraftfahrtbundesamt] im
       vergangenen Jahr SUVs und Geländewagen, also komplett überdimensionierte
       und folglich verschwenderische Autos.
       
       Solche sind in den vergangenen Wochen sogar in den Fokus einer Gruppe
       gekommen, die [3][sie aktiv sabotiert] – laut Bekennerschreiben: im Namen
       der Klimagerechtigkeit. Bisher kam es nur zum Ablassen von Luft aus Reifen.
       Dicke Bleche wurden nicht gebohrt.
       
       16 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verkehrskommission-der-Bundesregierung/!5804094
   DIR [2] https://www.kba.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Fahrzeugzulassungen/2022/pm01_2022_n_12_21_pm_komplett.html?snn=3662144&fromStatistic=3536106&yearFilter=2021&monthFilter=12_Dezember
   DIR [3] /Klimaprotest-legt-Autos-lahm/!5825685
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Schwarz
       
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