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       # taz.de -- Linke Petra Pau über ihre Wurzeln: „Ich war nicht feige“
       
       > Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau hat einen langen Weg hinter sich. Ein
       > Gespräch über Herkunft, fehlende Tische und den Rucksack der linken
       > Partei.
       
   IMG Bild: Petra Pau in ihrem Elternhaus in Berlin-Lichtenberg
       
       taz: Frau Pau, wir treffen uns in Berlin-Lichtenberg, einem Ostberliner
       Arbeiterbezirk. Was verbindet Sie mit dieser Gegend?
       
       Petra Pau: Hier bin ich groß geworden. Von unserer Wohnung in der
       Türrschmidtstraße blickten wir über die S-Bahn-Gleise hinüber zur
       Erlöserkirche, unserer Kirche. Meine Mutter ist Christin, mein Vater war
       getauft. Was übrigens nicht bedeutet hat, dass sie ein Problem damit gehabt
       hätten, dass ich auch bei den Pionieren war.
       
       Was war das hier für eine Gegend? 
       
       Mein Schulweg führte mich hier in der Victoriavorstadt an alten
       Mietshäusern vorbei. Es gab noch Tiere: Kaninchen, Kühe und Hühner in den
       Höfen, auch Pferde. In der Nähe entstand ein nagelneues Hochhausgebiet,
       dort stand meine Schule: acht Züge, in jeder Klasse dreißig Kinder.
       
       Sie sind 1963 in Ostberlin geboren. Ihre Eltern waren Arbeiter. Würden Sie
       sagen, Sie kommen aus einfachen Verhältnissen?
       
       Einfache Verhältnisse waren das in jedem Fall. Aber arm habe ich mich nie
       gefühlt, ich war es auch nicht. Es gab Kinder, die waren materiell besser
       gestellt, klar. Aber das Wichtigste war, dass ich eine gute Bildung
       bekommen habe. Das ist ja ein Thema, das mich als Politikerin bis heute
       umtreibt: dass Herkunft wieder so viel mit Bildung zu tun hat. Inzwischen
       ist die erste Hartz-IV-Generation erwachsen. Die Folgen von deren Armut und
       Benachteiligung sehen wir politisch und gesellschaftlich. Das darf nicht so
       bleiben. Ich hatte die Chance auf Bildung. Und das sage ich, ohne die
       DDR-Verhältnisse verklären zu wollen.
       
       Mit Ihrer Herkunft kommen Sie aus der Arbeiterklasse. Das galt ja in der
       DDR als das Edelste. Wie edel war das denn tatsächlich? 
       
       Fangen wir mit Mama an. Sie ist 1945 aus Pommern mit ihren Eltern, drei
       Schwestern und zwei Brüdern nach Berlin gekommen. Ihre Traumata zeigt sie
       erst jetzt, in ihrer letzten Lebensphase. Sie lebt in einem Pflegeheim.
       Mama hat nach der achten Klasse als Verkäuferin gearbeitet und stand in
       den Sechzigern im Berliner Fernsehwerk am Fließband. 1961 hat sie meinen
       Papa kennengelernt, nach meiner Geburt und der meiner Schwester blieb sie
       mit uns zu Hause. Später hat sie hier im Viertel Pflegekinder betreut.
       Heute würde man Tagesmutter dazu sagen.
       
       Und Ihr Vater? 
       
       Papa kam hier aus dem Kiez, den Krieg hat er im Luftschutzkeller erlebt.
       Gelernt hat er dann Kanalschachtmaurer. Ich erinnere mich sehr gut, wie er
       bei unseren Sonntagsspaziergängen durch Berlin zu jedem Gully eine
       Geschichte erzählt hat. Später hat er als Kraftfahrer bei Zoologica
       gearbeitet, einem DDR-Außenhandelsbetrieb für seltene Tiere. Er fuhr über
       Land und holte bei den privaten Zierfischzüchtern die Tiere ab. Später hat
       auch meine Mutter bei Zoologica als Tierpflegerin für Zierfische
       angefangen, das war eine harte Arbeit.
       
       Hat es der kleinen Petra genützt, aus einem Arbeiterhaushalt zu kommen? 
       
       Sagen wir mal so: Ich war stolz wie Bolle auf meine Eltern. Und wenn ich
       Anstalten gemacht hätte, mich doch noch für die Erweiterte Oberschule zu
       bewerben, hätte ich vermutlich einen der seltenen Abiturplätze bekommen.
       Aber ich wusste früh, dass ich Unterstufenlehrerin werden möchte, dafür
       reichte nach der Zehnten ein Fachschulstudium. Ich hatte eine großartige
       Lehrerin und Pionierleiterin, wie sie wollte ich werden.
       
       In den DDR-Klassenbüchern stand hinter den Namen der Schüler A für
       Arbeiterklasse, I für Intelligenz. Müssen Sie daran manchmal denken, wenn
       heute von Klassismus die Rede ist? 
       
       Aus heutiger Sicht war das eine arg grobe Einteilung. In meinem Fall traf
       das ja zu. Aber die Kinder von Armeeangehörigen galten auch als
       Arbeiterklasse. Tatsächlich ging es der DDR darum, eigene Machteliten zu
       bilden. Es ist ja bekannt, wie vielen Kindern aus christlichen Familien die
       Bildungskarriere verbaut worden ist.
       
       Sie sind getauft und konfirmiert worden. Wann und warum sind Sie aus der
       Kirche ausgetreten? 
       
       Ich bin in der zehnten Klasse ausgetreten, ich hatte Streit mit einigen
       Gemeindemitgliedern. Nach meiner Erinnerung habe ich damals gesagt, ich
       bräuchte nicht die Kirchenmitgliedschaft, um Christin sein zu können. Der
       Austritt hatte aber auch mit dem Abnabelungsprozess von meinen Eltern zu
       tun.
       
       Wie haben die reagiert? 
       
       Mama war entsetzt, obwohl sie eigentlich eine pragmatische Christin war,
       die nur an den Feiertagen mit uns Kindern in die Kirche ging. 1991 sind
       dann übrigens meine beiden Eltern aus der Kirche ausgetreten. Sie haben
       das Prinzip, dass der Staat die Steuern für ihren Glauben einzieht, nicht
       eingesehen.
       
       Heute sind Sie Bundestagsvizepräsidentin. Haben Sie noch Reflexe wie „Das
       hätte ich mir selbst nicht zugetraut“ oder „Geht das alles nicht ein
       bisschen weniger opulent?“? 
       
       Durchaus (lacht). Das ging schon los, als ich 1995 in Berlin Abgeordnete
       geworden bin. Bis dahin hatte ich Basisarbeit gemacht und höchstens mal
       einen Kaffee spendiert bekommen. Das Niveau änderte sich schlagartig, als
       es auf die Landes- und später die Bundesebene ging. Auch wegen meiner
       eigenen Herkunft war es mir immer wichtig, mich bei den Servicekräften zu
       bedanken, das halte ich bis heute so.
       
       Sind Sie je gedemütigt worden? Als Frau, als Ostdeutsche, als Linke? 
       
       Eher über die politische Auseinandersetzung. Ich habe kürzlich für meine
       jungen Mitarbeiter – die sind um die Jahrtausendwende geboren – eine Rede
       von mir zu Bürgerrechten und Demokratie aus dem Jahr 2013 rausgesucht. Es
       ging um den Großen Lauschangriff. Da hatten sich bei CDU und CSU einige
       Abgeordnete richtig reingesteigert und riefen ständig dazwischen:
       „Stalinistin!“ „Die war doch an der Parteihochschule!“ Solche Sachen. Da
       habe ich mein Manuskript beiseitegelegt und sinngemäß gesagt: Ja stimmt,
       ich bin 1989 nicht auf die Straße gegangen. Ich habe meine Lektion gelernt.
       Und gerade deshalb nehme ich mir heute das Recht heraus, auf die Verletzung
       von Bürgerrechten hinzuweisen. Da bin ich für meine Verhältnisse aus dem
       Anzug gestiegen.
       
       Nach der Schule wurden Sie Pionierleiterin und Lehrerin. Was genau haben
       Sie da gemacht? 
       
       Jedenfalls nicht jeden Tag Fahnenappell und Kampflieder singen (lacht).
       Sagen wir so: Wie man Deutsch und Kunsterziehung unterrichtet, habe ich
       genauso gelernt wie jede andere Studierende. Didaktik, Psychologie – das
       war eine grundsolide Ausbildung. Und statt des dritten Faches habe ich dann
       gelernt, Pionierleiterin zu sein. Wir verstanden uns da durchaus als
       Funktionäre der staatlichen Kinderorganisation. Wir hatten ideologische
       Vorgaben, wie die außerschulische Beschäftigung der Kinder organisiert
       wird, vom Basteln bis zur Faschingsparty.
       
       Fanden Sie es angemessen, wie der Staat sich über Schule, Pioniere und die
       Jugendorganisation FDJ die Herzen und Köpfe der Kinder schnappte? 
       
       Aus heutiger Sicht nicht. Wir hatten vor zwei Jahren Seminargruppen-Treffen
       und haben genau darüber diskutiert. Meine Mitstudentinnen schöpfen bis
       heute aus den Kompetenzen, die ihnen damals vermittelt worden sind.
       Zugleich beurteilen sie das System rückblickend durchweg als falsch. Bis
       heute spüre ich da eine persönliche Verantwortung: Das war Indoktrinierung,
       durchaus auch gegen den Willen der Eltern.
       
       Sie traten 1983 in die SED ein, studierten an der Parteihochschule und
       begannen ein Jahr vor dem Mauerfall, beim Zentralrat der FDJ zu arbeiten.
       Warum war aus der getauften Petra eine sozialistische Kaderfrau geworden? 
       
       1983 war ich mit dem Studium fertig und habe in einer Schule im Prenzlauer
       Berg angefangen. Der war damals wirklich noch ein Arbeiterviertel, mit
       teils krassen sozialen Problemen: Gewalt, Vernächlässigung,
       Verhaltensstörungen. Ich war 20 Jahre alt und kannte so was überhaupt
       nicht. Mein Plan war, noch ein Pädagogik-Studium dranzuhängen, um in die
       Lehrerbildung zu wechseln. Da schaltete sich meine Parteileitung ein und
       sagte: Dafür brauchst du erst mal eine gefestigte Weltanschauung. Ich wurde
       vor die Wahl gestellt: entweder vier Jahre Marxismus-Leninismus-Studium in
       Leipzig oder – große Auszeichnung! – drei Jahre Studium der
       Gesellschaftswissenschaften an der Parteihochschule. Dort war ich die
       Jüngste und eine von ganz wenigen Frauen. Die meisten waren mittelalte
       Männer, die für ihre Karriere einen Hochschulabschluss brauchten.
       
       Sie haben einfach gemacht, was Ihnen gesagt wurde? 
       
       Ich habe alles brav mitgemacht. Aber dann passierte etwas: Ich erkrankte
       schwer an Rheuma, meine Perspektive war der Rollstuhl. Es war klar: Das
       war’s mit dem Unterrichten. Die Genossen schickten mich stattdessen 1988 in
       den Bereich Weiterbildung beim Zentralrat der FDJ, wo ich als Angestellte
       für Freizeitpädagogik zuständig sein sollte. Keine Ahnung, wer sich das
       wieder ausgedacht hatte. Dann kam 1989. Und das war’s dann auch fast schon.
       
       Ende der achtziger Jahre fanden genau hier, in Ihrer Erlöser-Gemeinde,
       Proteste statt. Was haben Sie über Ihre Altersgenossen mit den
       Ausreiseanträgen und der Kritik an der Überwachung durch die Stasi
       gedacht? 
       
       In meiner Schule im Prenzlauer Berg unterrichtete ich Kinder, deren Eltern
       die DDR verlassen wollten. Aber ich fürchte, ich habe damals nicht so sehr
       viel über all das nachgedacht. Heute weiß ich, dass eine Studienfreundin
       damals mit ausgetestet hat, ob ich für die Opposition brauchbar wäre. War
       ich nicht.
       
       Nach dem Mauerfall waren Sie 27 Jahre alt, die Welt stand Ihnen offen.
       Warum haben Sie sich damals mit denselben Genossen zusammengetan und in der
       PDS, später in der Linken, Karriere gemacht? 
       
       Ich habe mich ernsthaft befragt: Was hast du bis hierher getan und was
       willst du verändern? Schon in den Achtzigern hatte ich mich mit dem
       verdrängten Stalinismus befasst, das hat mich sehr bewegt. Im Januar 1990
       bin ich deshalb in die PDS-Kreisleitung marschiert und habe gesagt: Ich
       möchte neu eintreten. Und dann will ich darüber reden, wie wir so etwas wie
       den Stalinismus künftig verhindern können. Ich lebte mittlerweile in
       Hellersdorf, wo ich wegen meines Rheumas eine Neubauwohnung bekommen
       hatte. Da standen eines Tages mir Unbekannte vor der Tür: Wir sind hier die
       PDS, und du sollst Ahnung von Kultur und Bildung haben. Im Mai 1990 war ich
       schon Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung. So waren die Zeiten:
       wild.
       
       Sie wurden 1992 Berliner Landesvorsitzende, weil der Vorsitzende seine
       Stasi-Vergangenheit verschwiegen hatte. Sie kamen 1998 in den Bundestag,
       weil jemand seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Mit Gesine Lötzsch saßen
       Sie einsam im Plenum; nicht mal einen Tisch gestand Ihnen die
       Bundestagsverwaltung zu. Man könnte den Eindruck bekommen, dass Sie öfter
       als Notlösung fungiert haben?
       
       Da ist was dran. Aber ich würde das anders formulieren und es auch
       verstanden wissen wollen. Ich habe mich jedenfalls nicht vor Verantwortung
       gedrückt, und ich war nicht feige. Unsere Zeit als Einzelabgeordnete zum
       Beispiel haben Gesine Lötzsch und ich, so gut es ging, genutzt. Wohl
       niemand sonst unter den Abgeordneten kannte sich da so gut mit der
       Geschäftsordnung aus. Unsere Anträge – und damit auch unsere Beiträge
       als Vertreterinnen unserer Wählerschaft – waren berüchtigt! Ich war und bin
       hart in der Sache, wenn es um meine Themen geht. Aber niemals verletzend.
       
       Beneiden Sie manchmal andere Parteien darum, eine eindeutigere und
       übersichtlichere Herkunft zu haben als Ihre? 
       
       Ja und nein. Bei der SPD zum Beispiel habe ich gelernt, dass es da auch
       nicht gerade übersichtlich zugegangen ist. Aber klar, manchmal hat man ja
       das Bedürfnis, zu sagen: Ist gut jetzt. Ich habe mich tatsächlich mit der
       Geschichte meiner Partei auseinandergesetzt. Diesen Rucksack der Geschichte
       trägt aber die gesamtdeutsche Linke, auch die West-Linke. Das wird ja gerne
       mal vergessen. Uns Ostdeutschen ist er eben nachdrücklicher aufgeladen
       worden.
       
       Was meinen Sie damit? 
       
       Ich meine zum Beispiel die Haltung meiner Partei zum Mauerbau 1961. Oder
       die Zwangsvereinigung 1946 von der KPD und der SPD zur SED. Aber auch das
       Thema Antisemitismus und jüdisches Leben und das Verhältnis zum Staat
       Israel gehören für mich dazu. Mit dieser Verantwortung gehe ich offen um,
       ich begreife sie als Chance, auch in meinem Laden etwas voranzubringen. Das
       wird nicht immer begeistert aufgenommen, klar. Nachdem ich im vergangenen
       September nach fast zwei Jahrzehnten meinen Wahlkreis verloren hatte, hieß
       es, das komme eben davon, wenn man sich wie ich ständig entschuldigt.
       (lacht)
       
       Sie sind gerade zum fünften Mal zur Vizepräsidentin des Deutschen
       Bundestages gewählt worden. In dieses Amt kamen Sie 2006, weil der
       Linke-Kandidat Lothar Bisky in vier Wahlgängen nicht die notwendige
       Mehrheit bekommen hatte. Auch so eine Notnagel-Lösung? 
       
       Nein. Das weise ich an dieser Stelle selbstbewusst zurück. Zum einen, weil
       Lothar Bisky mich unter vier Augen gebeten hatte, zu kandidieren. Zum
       anderen behaupte ich bis heute, dass es nicht nur an Union und FDP lag,
       dass er nicht gewählt wurde. Sondern vor allem an der SPD. Das war eine
       willkommene Gelegenheit, Bisky dafür büßen zu lassen, dass plötzlich
       ehemalige Sozialdemokraten wie Oskar Lafontaine, Klaus Ernst oder Ulrich
       Maurer in unserer Linke-Fraktion saßen. Nicht zu vergessen: Die
       vorhergehende Neuwahl war zustande gekommen, weil Gerhard Schröder erklärt
       hatte, er wünsche sich eine Volksabstimmung über die Agenda 2010. Das war
       ein Trauma, das die SPD im Plenum aufgearbeitet hat.
       
       Wenn heute die AfD um einen Sitz im Bundestagspräsidium kämpft – erinnert
       Sie das an Ihre eigene Unterlegenheitssituation 1998? 
       
       Nein, gar nicht. Im Unterschied zur AfD sind wir immer seriös geblieben.
       
       Aber die AfD-Fraktion könnte auf den Gedanken kommen, sich mit Ihnen zu
       vergleichen: von der geächteten Einzelkämpferin zur langjährigen
       Bundestagsvizepräsidentin. 
       
       Noch einmal: Nein. Es ist ein ungeheurer Vertrauensvorschuss, wenn man mit
       qualifizierter Mehrheit in dieses Amt gewählt wird. Da reicht es nicht,
       dass einen die Kollegen nett finden. Mein Eindruck ist, dass in der
       zurückliegenden Wahlperiode immer weniger Abgeordnete bereit waren, diesen
       Vertrauensvorschuss einem AfD-Abgeordneten zu gewähren. Ein Beispiel: Wenn
       ich präsidiere, habe ich immer zwei Abgeordnete an meiner Seite – einen
       Schriftführer aus einer die Koalition tragenden Fraktion und einen aus der
       Opposition. Von vielen habe ich in der zurückliegenden Wahlperiode immer
       wieder gehört, dass sie sich nicht vorstellen können, dass ein
       AfD-Vertreter das Parlament im In- und Ausland vertritt. Es geht bei diesem
       Amt ja nicht nur um die Sitzungsleitung, um die Wahrung der Würde des
       Parlaments. Es geht auch um Repräsentanz.
       
       2021 haben Sie Ihr Direktmandat für den Bundestag verloren. Was sagt das
       über den Zustand der Partei, für die Sie angetreten sind? 
       
       Ich habe mein Mandat seit 1998 immer direkt gewonnen, ab 2002 in
       Marzahn-Hellersdorf. In dieser Zeit ist das Erst- und Zweitstimmenergebnis
       immer weiter abgeschmolzen, insofern war ich nicht völlig überrascht. Das
       korrespondiert auch mit der allgemeinen Entwicklung meiner Partei, ohne
       dass ich ihr die Schuld dafür zuweisen will. Die Frage ist, was Wählerinnen
       und Wähler uns noch zutrauen. Ich bin sehr froh darüber, dass der
       Parteivorstand zu der Frage eine externe Prüfung in Auftrag gegeben hat.
       
       Wie ging es Ihnen in der Wahlnacht? 
       
       Ich hatte mehr als eine Träne im Knopfloch. Ich dachte, ich sei raus aus
       dem Bundestag. Mein Gegenkandidat, der wohl künftige CDU-Generalsekretär
       Mario Czaja, war mit der Botschaft durch den Wahlkreis gezogen: Frau Pau
       ist sowieso drin, die braucht eure Stimme nicht. Ich habe Herrn Czaja
       gratuliert. Ich darf meine Arbeit als Abgeordnete weiterführen. Und ich
       darf auf Vorschlag meiner Fraktion weiter im Präsidium mitarbeiten. Wissen
       Sie, gerade war ich in meinem Wahlkreis bei der Einweihung einer
       Sportanlage. Da wurde mir gesagt: Das schätzen wir an Ihnen – Sie sind vor
       der Wahl immer da und nach der Wahl auch.
       
       23 Jan 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Emilie Plachy
       
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