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       # taz.de -- Schwere Ausschreitungen in Kasachstan: Dutzende Tote, tausende Verletzte
       
       > Bei den landesweiten Protesten in Kasachstan sind laut Regierung
       > zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Russland hat Soldaten entsandt.
       
   IMG Bild: Soldaten verschanzen sich hinter einem ausgebrannten Auto auf einer Hauptstraße in Almaty
       
       Almaty dpa | Bei den massiven [1][Protesten in Kasachstan] sind nach
       Regierungsangaben dutzende Demonstranten getötet und mehr als 1.000
       Menschen verletzt worden. Fast 400 Verletzte würden in verschiedenen
       Regionen des Landes im Krankenhaus versorgt, 62 Menschen befänden sich auf
       der Intensivstation, sagte der stellvertretende Gesundheitsminister Aschar
       Guinijat am Donnerstag dem TV-Sender Chabar-24. Ein [2][von Russland
       geführtes] Militärbündnis entsandte auf Bitten des kasachischen Präsidenten
       die ersten „Friedenstruppen“ in das Land.
       
       Kasachstan wird derzeit von beispiellosen Unruhen erschüttert. Proteste,
       die sich zunächst [3][gegen steigende Gaspreise richteten], weiteten sich
       binnen weniger Tage zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land
       aus. Um die Lage zu beruhigen, kündigten die kasachischen Behörden eine
       regionale Senkung der Energiepreise an. Staatschef Kassym-Schomart Tokajew
       entließ am Mittwoch zudem die Regierung, die Proteste rissen jedoch nicht
       ab.
       
       In der Nacht zu Donnerstag wurden nach Polizeiangaben „dutzende“
       Demonstranten getötet. „Extremistische Kräfte“ hätten versucht,
       Verwaltungsgebäude sowie die Zentrale und mehrere Dienststellen der Polizei
       in Almaty zu stürmen, sagte ein Polizeisprecher den Nachrichtenagenturen
       Interfax-Kasachstan, Tass und Ria Nowosti.
       
       Tokajew verhängte wegen der Massenproteste den landesweiten
       Ausnahmezustand. Im ganzen Land gelten damit nächtliche Ausgangssperren,
       Einschränkungen der Bewegungsfreiheit sowie ein Versammlungsverbot. Der
       Staatschef bat zudem um Unterstützung durch die Organisation des Vertrags
       über kollektive Sicherheit (OVKS), der Russland, Kasachstan und vier
       weitere ehemalige Sowjetrepubliken angehören.
       
       ## Russische „Friedenstruppen“ landen
       
       Die OVKS hat inzwischen die ersten „Friedenstruppen“ nach Kasachstan
       entsandt. Die Soldaten würden auf begrenzte Zeit nach Kasachstan geschickt,
       „um die Lage zu stabilisieren und zu normalisieren“, hieß es in einer
       OVKS-Mitteilung, die am Donnerstag vom russischen Außenministerium auf
       Telegram veröffentlicht wurde.
       
       Wie viele Soldaten nach Kasachstan geschickt wurden, war unklar. Unter
       ihnen waren demnach auch Mitglieder der russischen Luftlandetruppen.
       Hauptaufgaben der Truppen seien „der Schutz wichtiger staatlicher und
       militärischer Einrichtungen und die Unterstützung der Ordnungskräfte bei
       der Stabilisierung der Lage“.
       
       Am Mittwoch hatten tausende Menschen in der Wirtschaftsmetropole Almaty den
       Sitz der Stadtverwaltung und andere Regierungsgebäude gestürmt. Mehrere
       Verwaltungsgebäude standen Berichten zufolge in Flammen. Demnach übernahmen
       Demonstranten auch die Kontrolle über den Flughafen in der Metropole.
       
       Nach Angaben Tokajews befand sich die kasachische Luftwaffe am Donnerstag
       in einem „hartnäckigen Kampf“ mit „Terroristen“, die fünf Flugzeuge
       gekapert hätten. Medienberichten zufolge wurden im Zuge der Unruhen zwölf
       Mitglieder der Sicherheitskräfte getötet. Mehr als 350 weitere
       Einsatzkräfte wurden demnach verletzt. Eine der Leichen sei mit
       abgetrenntem Kopf aufgefunden worden, berichtete der Sender Chabar-24 nach
       Angaben russischer Nachrichtenagenturen.
       
       ## Seltene Protestaktionen
       
       Allein in der Nacht zum Mittwoch wurden nach Behördenangaben mehr als 200
       Menschen im Zusammenhang mit den Protesten festgenommen. Auf im Internet
       veröffentlichten Videos waren geplünderte Geschäfte und niedergebrannte
       Gebäude zu sehen sowie Maschinengewehrschüsse zu hören.
       
       Tokajew warf „Terrorgruppen“ vor, hinter den Protesten zu stecken.
       Ausgebildet würden die Gruppen „im Ausland“, sagte er im Staatsfernsehen.
       Auch der derzeitige Vorsitzende der OVKS, [4][Armeniens Ministerpräsident
       Nikol Paschinjan], erklärte, die Unruhen in Kasachstan seien durch „äußere
       Einmischung“ ausgelöst worden. Die USA, die EU und die Bundesregierung
       riefen alle Parteien zur „Zurückhaltung“ auf.
       
       Größere Proteste im autoritär regierten Kasachstan sind selten. Die
       jetzigen Geschehnisse sind die bislang größte Krise in der [5][Amtszeit
       Tokajews], der 2019 den langjährigen Staatschef [6][Nursultan Nasarbajew]
       beerbt hatte. Der inzwischen 81-jährige Nasarbajew stand von 1989 bis 2019
       an der Spitze Kasachstans und kontrolliert die Politik des
       zentralasiatischen Landes als „Führer der Nation“ nach wie vor. Nasarbajew
       ist ein enger Verbündeter von Russlands Präsident Wladimir Putin.
       
       6 Jan 2022
       
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