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       # taz.de -- Bremer Universität geht an Investor: Der russische Retter
       
       > Serguei Beloussov heißt der Mann, der die Privat-Uni übernimmt. Die
       > rot-grün-rote Landesregierung hat die Einrichtung verkauft. Was wird nun?
       
   IMG Bild: In Bremen fliegen zum Abschluss die Hüte
       
       Der Retter ist nicht alleine nach Bremen gekommen. Ein Dutzend Menschen
       begleiten im September 2021 den Investor Serguei Beloussov durch das
       Rathaus, einen Backsteinbau aus dem frühen 15. Jahrhundert. Der
       Geschäftsmann weilt in der Hansestadt, um sich hier im rot-grün-rot
       regierten Bundesland [1][eine Universität zu kaufen].
       
       Zur Vertragsunterzeichnung in dem mit dunkelroten Damasttapeten
       ausgekleideten Kaminsaal tritt der 50-Jährige in Jeans auf, dazu trägt er
       einen blauen Blazer, auf den gut lesbar der Schriftzug „[2][Acronis]“
       gestickt ist. Dieses Firmenlogo ziert auch den Kragen und gleich mehrfach
       seine Fliege.
       
       Der [3][Cybersecurity-Konzern] gleichen Namens, in den Nullerjahren
       gegründet, schreibt neunstellige Umsatzzahlen und beschäftigt über 1.600
       Menschen. Mit ihm hat der in Leningrad geborene, aber in Singapur lebende
       Beloussov sein Vermögen verdient. In Medien wird es auf [4][600 Millionen
       Dollar] geschätzt. Seine Sprecherin sagt, so genau könne sie das gar nicht
       sagen. Bremen hat er bis zu 50 Millionen Euro für seine klamme, von der
       Insolvenz bedrohte Privat-Universität versprochen.
       
       2019 gründete der promovierte Computerwissenschaftler Serguei Beloussov in
       der Schweiz das [5][Schaffhausen Institute of Technology], abgekürzt SIT,
       eine kleine Privathochschule mit angeschlossenem Technologiepark für die
       Forschung an künstlicher Intelligenz und Quantencomputern. Zuletzt
       studierten dort etwa 60 Personen. Manche von ihnen verpflichteten sich,
       hernach für das SIT oder Acronis zu arbeiten, um die Studiengebühren
       abzuarbeiten.
       
       Im Bremer Rathaus fallen zwei junge Männer mit knallroten T-Shirts auf, auf
       denen in großen weißen Buchstaben „SIT“ gedruckt steht. Bei den
       Bediensteten erregen sie Missfallen, weil sie im Rathaus Werbung machen.
       Doch tatsächlich hat das kleine SIT nun die große Jacobs University Bremen
       (JUB) übernommen. Bei der Pressekonferenz ist für deren Vertreter an diesem
       Tag schon kein Platz mehr, ihre beiden Geschäftsführer:innen sitzen
       hinten im Saal, noch hinter ihrem Pressesprecher.
       
       ## Eine innovative Idee – gescheiteret
       
       Um zu verstehen, was dieser Deal bedeutet, muss man [6][20 Jahre
       zurückgehen]: Bremen war damals der Ort einer großen, bundesweit beachteten
       Idee. Jenes Bremen, das anderswo für seine „rote Kaderschmiede“ genannte
       Uni verrufen und vom Niedergang seiner Werften gezeichnet war. Aus der
       alten Roland-Kaserne sollte eine völlig neue Universität werden, finanziert
       von Philanthrop:innen, die dafür 500 Millionen D-Mark stiften würden. Ein
       Ort, der hochkarätige Forscher:innen vieler Disziplinen mit Studierenden
       aus aller Welt verbinden und trotz seiner hohen Studiengebühren keine
       mondäne Elite-Uni für die Kinder der Reichen sein sollte.
       
       Ein sozialdemokratisches Gewissen sollte sie haben, die Kinder arbeitsloser
       Werftarbeiter:innen aufnehmen. Jeder Dritte der 1.600 Studierenden
       zahlt nicht die offiziellen 20.000 Euro pro Studienjahr, mehr als jeder
       Zehnte kommt aus Ländern wie Indien, Nepal, Albanien. Menschen aus 110
       Nationen finden hier zusammen. „Jacobs Spirit“ nennen sie das. Bisher
       bleiben rund 40 Prozent der Absolvent:innen in Deutschland, die Hälfte
       hat spätestens drei Monate nach dem Studium einen Job.
       
       „[7][Harvard ist der Maßstab]“, verkündete einst die Frankfurter
       Allgemeine, und dass die Jacobs University Bremen „eine der besten
       Hochschulen des Landes“ sei. Selbst die frühere Kanzlerin Angela Merkel
       stimmte mit ein. Kurz darauf kam mit [8][Klaus Jacobs] ein Mäzen, der in
       Stanford studiert und in Bremen mit Kaffee sehr viel Geld verdient hatte –
       er stiftete 200 Millionen Euro, nachdem der Rest seines Vermögens in die
       Schweiz gewandert war. Nie hatte eine Hochschule in Mitteleuropa eine
       größere Spende erhalten. Seither trägt sie seinen Namen. 2020 gab die
       Jacobs Foundation all ihre Anteile zurück, Klaus Jacobs ist schon 2008
       verstorben.
       
       Geblieben ist das wissenschaftliche Renommee: In fast allen [9][Rankings]
       steht die Jacobs University Bremen glänzend da. Doch es fehlt Geld. Seit
       Jahren weist die gemeinnützige GmbH, die die Uni organisiert, meist
       Verluste in der Bilanz aus, 2014 wurden 60 Angestellte entlassen.
       
       Also wollte das rot-grün-rote Bremen die private Uni ganz loswerden. Eine
       weitere öffentliche Finanzierung sei „[10][ausgeschlossen]“, verkündete der
       Senat im Herbst. Zur Gründung investierte das Land noch 230 Millionen
       D-Mark, später gab es 50 Millionen Euro Kredit.
       
       „Heute sind wir eine arme Universität“, sagt Neubesitzer Serguei Beloussov.
       Die Mehrheitsanteile an der Jacobs-Uni bekam er für [11][22.000 Euro].
       Dabei war Beloussov nicht die erste Wahl. Zunächst sollte der deutsche
       Software-Riese SAP und der chinesische Software-Entwickler Neusoft die Uni
       zum Zentrum für künstliche Intelligenz gesundschrumpfen. Doch dieser Plan
       war wohl nie mehr als Hoffnung, schon als der Senat sie [12][offiziell
       verkündete].
       
       Ein Philanthrop ist Serguei Beloussov nicht. „Wir sind sehr pragmatisch“,
       schreibt er der taz, „wir glauben, dass private Universitäten vor allem
       finanziell tragfähig sein müssen“. Er unterschrieb einen Vertrag für die
       nächsten 99 Jahre, setzte einen seiner Vertrauten, den Mailänder
       Wirtschaftsprofessor Fabio Pammolli, als neuen Präsidenten ein und ließ
       sich von Bremen die unbefristete staatliche Anerkennung als Hochschule
       garantieren.
       
       [13][„Ich mache nie etwas ohne geschäftliches Interesse“], erklärte
       Beloussov der Zeitung Finanz und Wirtschaft. Der Bildungssektor sei „ein
       15-Billionen-Dollar-Markt“, auf dem staatliche Unis eher ineffizient
       agierten. Ja, die Jacobs Foundation hatte „vielleicht etwas romantischere
       Ziele“, sagt Beloussov der taz.
       
       ## An der Uni stößt der Investor nicht nur auf Zustimmung
       
       Eine Professorin, die nicht genannt werden will, hat Beloussov getroffen,
       als er sich erstmals seiner neuen Uni vorstellte. Da habe er einen Vortrag
       gehalten, den er überall hätte halten können, sagt sie: „Uns hat er nicht
       adressiert.“ Andere fanden ihn „nicht empathisch“. Als „erfolgreicher
       Geschäftsmann“ habe er sich verkauft, sagt einer, der auch da war und
       ansonsten erst einmal betont, dass man bislang nichts Rechtes wisse. Keiner
       will mit Namen genannt werden.
       
       Die Professorin ist Grundlagenforscherin, eine renommierte
       Biowissenschaftlerin. Wer sie besucht, schreitet einen langen, dunklen Gang
       aus steinernem Grau entlang, die Wände sind notdürftig mit
       englischsprachigen Plakaten komplizierter Forschungen aufgehübscht. Die
       Stuben links und rechts dienten einst der Wehrmacht als Kaserne. Die
       Professorin hat einst in den USA gearbeitet, ihrem Büro geben ein paar
       Teppiche etwas wohnlicheres Flair. Sie ist eine von denen, die seit
       Anbeginn an der Jacobs University dabei sind.
       
       „Das Beste aus beiden Welten“ habe sie sich von dieser Uni erhofft, sagt
       sie, die Versöhnung des Humboldt’schen Bildungsideals mit den Chancen
       amerikanischer Privat-Unis. Ihr gefiel die Idee, dass an der Jacobs-Uni
       „kleine Kajaks“ statt „großer Tanker“ unterwegs sind, sagt sie. Und sie hat
       ja immer abgeliefert, auf ihrem Schiffchen, dabei auf die Vorteile des
       Berufsbeamtentums verzichtet, auf Pensionsansprüche, eine Sekretärin und
       Hilfskräfte, die für sie kopieren gehen.
       
       „Heute habe ich nicht das Beste, sondern eher das Schlechteste aus beiden
       akademischen Welten“, sagt sie, und dass es doch „ehrlicher“ gewesen wäre,
       wenn die Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken zugegeben hätte: „Wir
       wollen Euch aus ideologischen Gründen nicht.“ Wenn sie von dem Management
       der Jacobs University in all den Jahren spricht, fällt das Wort „Schande“.
       Andere sehen das ähnlich, aber auch sie wollen anonym bleiben.
       
       Jetzt ist statt eines örtlichen SPD-Staatsrates Beloussov selbst der
       Aufsichtsratsvorsitzende und Philipp Rösler sein Stellvertreter. Ja,
       richtig, der ehemalige Vizekanzler von der FDP.
       
       Wie die Mehrheit der 62 Professor:innen hier ist die Professorin
       jenseits der 50 – zu alt, um einen Lehrstuhl an einer staatlichen
       Universität zu bekommen. Wer heute an der Jacobs-Uni lehrt, verdient
       weniger als an einer staatlichen Universität, sagen viele
       Professor:innen übereinstimmend.
       
       „Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet die Linke in Bremen
       nun dem unregulierten Kapitalismus die Tür öffnet“, meint [14][Sybille
       Reichert], Autorin einer großen [15][Studie zur regionalen Rolle der
       Jacobs-Universität Bremen] und Inhaberin einer international agierenden
       Hochschulberatungskanzlei. Sie spricht von einem „Ausverkauf der
       öffentlichen Interessen“. Reichert [16][warb wiederholt] für eine
       öffentliche Beteiligung an der Privat-Uni, für eine Kooperation mit der
       staatlichen Universität und Forschungsinstituten. Bremen lehnte das strikt
       ab. „In anderen Regionen des Landes hätte eine Uni wie diese es leichter
       gehabt, in Baden-Württemberg, Bayern, in Nordrhein-Westfalen oder
       Niedersachsen“, sagt Reichert. Die oft als Vorbild gehandelte Privat-Uni in
       Witten-Herdecke etwa wird 2024 über 18 Millionen Euro vom Land bekommen.
       
       Reichert geht davon aus, dass einigen Forscher:innen „mittel- bis
       langfristig“ der Boden entzogen werde, in den Biowissenschaften etwa. Denn
       private Hochschulen, die sich selbst tragen, seien eben nicht experimentell
       fokussiert: „Mir ist nicht bekannt, dass es eine
       naturwissenschaftlich-technisch gut aufgestellte Forschungsuni in der Welt
       gibt, die ohne öffentliche Gelder auskommt“, sagt Reichert. Auch die
       Vorbilder in den USA hängen zu 20 bis 30 Prozent vom Staat ab.
       
       Zuletzt war ja immer mal von einer Insolvenz der Jacobs University die
       Rede, obwohl die entsprechende Stiftung jüngst noch einmal 63 Millionen
       Schweizer Franken überwies. Der letzte Rest. Die Manager:innen der
       Jacobs-Universität verkündeten zwar all die Jahre stets, dass die Idee
       ihrer Privat-Uni wirklich funktioniert. Doch selbst den sechs Hektar großen
       [17][Science Park] neben der Uni, auf dem sich allerlei Firmen ansiedeln
       sollten, gibt es bis heute nicht. Nur einen Gärtner, der die Brache pflegt.
       
       Künftig soll es auf dem Campus viel um Quantentechnologie gehen, um
       Computer, Software, Mathematik, Data Sciences und Maschinenintelligenz.
       Trotzdem soll Platz für Sozialwissenschaften oder Psychologie bleiben. Es
       sei ja doch schwer, sich irgendeinen Professor vorzustellen, der nicht mit
       Informationstechnologie arbeite, sagt Serguei Beloussov, der neue Besitzer.
       
       ## „Ich mag alles hier – außer dem Wetter“
       
       Bremen habe er schon vor 15 Jahren kennengelernt, erzählt der, und dass er
       zwei Jahre lang hier lebte und arbeitete. „Ich mag alles hier – außer dem
       Wetter von Zeit zu Zeit.“ Er wolle Gutes tun und dabei Spaß haben, sagt er
       über seine Motivation: „Ich will gute Zwecke und interessante Projekte
       profitabel und nachhaltig gestalten“. Warum eine Universität? „Es gibt
       wenige Unternehmen, die älter als 500 Jahre sind. Universitäten sind fast
       alle über 500 Jahre alt“, sagte er einmal.
       
       An der Jacobs-Universität zweifeln manche, dass Beloussov so recht wusste,
       was er sich da gekauft hat. Immer wieder hört man diesen Satz. Der Investor
       ist da anderer Meinung: „Wir haben die Situation ziemlich genau untersucht
       und ich hatte eine relativ vollständige Idee.“ Dazu gehört, dass Beloussov
       den über 30 Hektar großen Campus „pragmatischer verwalten“ will. Der ist
       zentral gelegen – in fünf Fußminuten ist man an der S-Bahn, die eine gute
       Viertelstunde in die Innenstadt fährt.
       
       Doch die Uni liegt in Bremen-Nord, einer Art Enklave Bremens, die für
       Stadtbremer:innen genauso weit weg ist wie das 60 Kilometer entfernte
       Bremerhaven. Also: rein gefühlt. [18][„Ich habe den Eindruck, dass diese
       Universität in Bremen noch nicht wirklich wahrgenommen wird“], sagte ihr
       letzter Präsident. Zwar befinden sich in den Backsteinmauern, von denen die
       Uni umgeben ist, Glasfenster, auf denen „Willkommen“ steht, in vielen
       Sprachen. Doch schon aus der Welt der kleinen, eingeschossigen
       Doppelhaushälften mit Kirschlorbeerhecken betrachtet, die jene Straße
       säumen, die zum Haupteingang führt, ist der „Jacobs Spirit“ weit weg.
       
       Künftig sollen auf dem Campus bis zu 5.000 Betten stehen. Die Rede ist von
       3.000 Studierenden vor Ort, von 8.000 Menschen, die hybrid unterrichtet
       werden, und 50.000 reinen Online-Studierenden. Beloussov spricht von einem
       Schwimmbad mit 50-Meter-Becken, von Kultur und besserer Gastronomie auf dem
       Campus, von einem Hotel für auswärtige Professor:innen, von vielen neuen
       Jobs, Forschungslaboren für Quantentechnologie und Materialforschung und
       einem „World Class Data Center“. Die Universität solle eine der [19][25
       besten der Welt] werden, sagte Beloussov jüngst.
       
       Sie sei „eindeutig positiv gestimmt“, sagt eine Mitarbeiterin, die sich um
       Geld kümmert und schon seit Anbeginn dabei ist – aber lieber von „Visionen“
       spricht als von „Plänen“. „Die Stimmung hellt sich auf“, meint ein
       Professor der Naturwissenschaften, der die Idee der Jacobs University mal
       so überzeugend fand, dass er dafür aus den USA zurückkam.
       
       ## Beloussovs Freunde
       
       Der Investor erzählt gern, dass er das Moskauer Institut für Physik und
       Technologie (MFTI) abgeschlossen hat – das ist eine der führenden
       russischen Unis. Im Sommer 2021 legte er seinen Posten als Generaldirektor
       von Acronis nieder und wurde ihr Direktor für Forschungen. Als solcher
       kümmert er sich verstärkt um [20][Zusammenarbeit mit Unis]. In Russland
       lebt er schon fast 30 Jahre nicht mehr, wie er betont. Wie seine Eltern,
       die beide Physikprofessoren sind, ging er zunächst in die USA.
       
       2016 gelang es ukrainischen Hacker:innen der wegen ihrer antirussischen
       Ausrichtung sehr umstrittenen Plattform [21][„informnapalm]“, Mails von
       Beloussov und Wladislaw Surkow zu hacken. Surkow war von 2013 bis 2020 ein
       enger Mitarbeiter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
       
       Surkow war es auch, dem Beloussov 2013 die Idee von einem [22][neuen
       Wissenschaftszentren am MFTI] unterbreitete, die mit führenden
       Wissenschaftler:innen etwa aus Harvard oder dem Massachusetts
       Institute of Technology zusammenarbeiten sollten, um Anwendungen für
       Hochtechnologiefirmen zu entwickeln. Auch einen Vorschlag zum Bau einer
       Ölplattform im fernen Osten Russlands machte er Surkow. Bauen sollte diese
       die „Brian Chang Holdings“ aus Singapur. In einem Begleitschreiben finden
       sich Fotos von Brian Chang, auf denen er mit Putin und Igor Setschin, dem
       Chef des russisches Mineralölkonzerns Rosneft, im freundschaftlichen
       Gespräch vertieft ist.
       
       Beloussov ist auch einer der Chefs des russischen Quantenzentrums – es baut
       auf einer „engen Zusammenarbeit führender Wissenschaftler, des Staates und
       des Big Business“ auf, schrieb der russische [23][Kommersant] vergangenes
       Jahr. Im Beirat sitzt der Vorstandsvorsitzende der Gazprombank. Rosatom,
       Herr über alle russischen Atomkraftwerke und an der [24][Entwicklung von
       Atomwaffen] beteiligt, ist Partner des Quantenzentrums.
       
       Der Neuen Zürcher Zeitung gilt Beloussov als ein „[25][Oligarch]“. Ihn
       wegen seines Namens und seiner Herkunft so zu nennen, zeuge von
       Vorurteilen, sagt seine Sprecherin. Im Übrigen habe er ja all sein Geld
       außerhalb Russlands verdient. Er bezeichnet sich als „stolzen Bürger des
       großartigen Singapur“.
       
       Auf dem [26][Demokratieindex des Economist] rangiert der Stadtstaat
       allerdings auf Platz 74 von 167, hinter Sri Lanka und Albanien, kurz vor
       Bangladesch und der Ukraine. Viele von Beloussovs Firmen sind laut Neuer
       Zürcher Zeitung in Steuerparadiesen angesiedelt. In der Schweiz ist
       Schaffhausen der Kanton mit den geringsten Unternehmenssteuern – und der
       Sitz des SIT. In Bremen betont die Politik, dass es keine Subventionen
       geben werde und reagierte einhellig positiv auf den Investor.
       
       Doch sein SIT ist bislang „eher ein Projekt, denn eine Realität“, sagt
       Antonio Loprieno, der bis Ende 2021 Präsident der Jacobs University Bremen
       war und als Präsident des Europäischen Verbunds der Akademien der
       Wissenschaften fungiert. Das Schweizer Wissenschaftssystem reagiere „sehr
       allergisch auf Interventionen von außen“ wie die von Beloussov. „Er hat es
       schwer in der Schweiz“, sagt Loprieno, der an der Uni Basel lehrt. Mit den
       maximal 1.000 Studierenden am SIT sei es eh „schwierig“, diese Uni
       „finanziell nachhaltig aufzustellen“, sagte Beloussov der Schaffhauser AZ.
       
       Loprieno trat an, um zu beweisen, dass es in Deutschland möglich ist, eine
       Idee wie die der Jacobs University umzusetzen. Er wollte „[27][die leicht
       ideologische Opposition“ staatlicher und privater Unis „überwinden]“, warb
       für staatliches Engagement in der Privat-Uni – vielleicht mit einem
       Umweltschwerpunkt. [28][Er scheiterte, kündigte nach wenigen Monaten].
       
       Bis heute sind die meisten Privathochschulen hierzulande eher Business
       Schools. „Die Idee, dass es in Deutschland eine rein private, aber
       philanthropisch geführte Voll-Uni geben kann, ist radikal erschüttert“,
       sagt Loprieno. Er will nicht sagen: tot.
       
       Mitarbeit: Eiken Bruhn und Bernhard Clasen
       
       10 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bremen-verkauft-Jacobs-University/!5797960
   DIR [2] https://www.acronis.com/de-de/
   DIR [3] /Geplanter-Verkauf-der-Jacobs-University/!5802336
   DIR [4] https://www.shaz.ch/2019/07/23/ein-eiskalter-profi/
   DIR [5] https://sit.org/
   DIR [6] /20-Jahre-Privatuniversitaet-in-Bremen/!5741815
   DIR [7] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/international-university-bremen-harvard-ist-der-massstab-1381197.html
   DIR [8] https://jacobsfoundation.org/klaus-j-jacobs/
   DIR [9] https://www.timeshighereducation.com/world-university-rankings/jacobs-university
   DIR [10] https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/tinte-trocken-die-jacobs-university-hat-einen-neuen-mehrheitsgesellschafter-367494?asl=bremen02.c.730.de
   DIR [11] /Kaeufer-fuer-Bremer-Privat-Uni/!5797690
   DIR [12] https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/senat-beschliesst-eckpfeiler-zur-neuausrichtung-der-jacobs-university-347481
   DIR [13] https://www.fuw.ch/article/kaffee-mit-serguei-beloussov-cybersecurity-experte/
   DIR [14] https://www.reichert-consulting.de/
   DIR [15] https://www.stiftung-bwb.de/presse/
   DIR [16] http://friends-of-jacobs-university.com/future-discussion/
   DIR [17] https://www.wfb-bremen.de/de/page/grundstuecke-und-immobilien/gewerbeflaechen-bremen/science-park
   DIR [18] /JUB-Praesident-ueber-Geld-und-Bildung/!5648228
   DIR [19] https://www.youtube.com/watch?v=i2VYv3-UuvM
   DIR [20] https://vk.com/bsmipt?w=wall-204334252_161
   DIR [21] https://informnapalm.org/de/
   DIR [22] https://phystech-union.org/miptstrategy/
   DIR [23] https://www.kommersant.ru/doc/4292000
   DIR [24] /!5633750
   DIR [25] https://www.nzz.ch/schweiz/der-oligarch-und-seine-schweizer-elite-uni-ld.1537514
   DIR [26] https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratieindex#2020
   DIR [27] /JUB-Praesident-ueber-Geld-und-Bildung/!5648228
   DIR [28] /Bremer-Privat-Uni-steht-ohne-Chef-da/!5738438
       
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   DIR Umstrittenes Hochschulgesetz in Berlin: Humboldt-Uni klagt in Karlsruhe
       
       Die Hochschule reicht Verfassungsklage gegen das Gesetz ein. Es sieht die
       unbefristete Weiterbeschäftigung von Nachwuchsforschern vor.