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       # taz.de -- Entgiftung der Boberger Niederung: Verseuchtes Erdreich wird entfernt
       
       > 2018 wurde Dioxin in der Boberger Niederung im Boden gefunden. Nun
       > präsentiert die Hamburger Umweltbehörde ihren Plan zur Sanierung.
       
   IMG Bild: Dioxin im Naturschutzgebiet: Untersuchung des Bodens der Boberger Niederung im Jahr 2018
       
       Hamburg taz | Es war der größte Hamburger Giftfund seit Jahrzehnten – und
       er soll bald umfassend beseitigt werden: Nachdem bei einer Routinemessung
       im Herbst 2018 auf einer etwa vier Hektar großen Fläche im
       Naturschutzgebiet Boberger Niederung [1][hochgiftiges Dioxin im Boden]
       nachgewiesen worden war, will die Umweltbehörde die verseuchten Erdmassen
       komplett abtragen.
       
       „Das Gift kommt weg“, erklärte Staatsrat Michael Pollmann am Dienstagabend
       bei einer digitalen Informationsveranstaltung für die Anwohner:innen. Die
       Sanierung dürfte allerdings noch rund drei Jahre bis zur Fertigstellung
       dauern und insgesamt 6,4 Millionen Euro kosten.
       
       Umweltbehörde und das beauftragte Ingenieurbüro Melchior & Wittpohl
       präsentierten vor knapp 80 Zuschauer:innen acht überprüfte
       Sanierungsvarianten – von einer festen Umzäunung des belasteten Gebiets
       über eine Abtragung der vergifteten einzelnen Hotspots bis hin zur
       kompletten Entfernung des belasteten Erdreichs.
       
       „Anhand mehrerer Bewertungskriterien erscheint die komplette Abtragung als
       vorteilhafteste Variante“, schilderte Ingenieur Bernd Steinert das
       Ergebnis. Zwar sei es die teuerste Lösung, allerdings für Mensch und Umwelt
       die sicherste.
       
       ## Gift kommt wohl von Chemiekonzern
       
       Nele Raddatz von der Umweltbehörde referierte zuvor die abschließenden
       Befunde der Messungen in der Boberger Niederung. Das Naturschutzgebiet
       liegt im Hamburger Osten und ist durch seine Seen und die Binnendünen ein
       beliebtes Erholungsgebiet. An der nördlichen Grenzböschung seien mehrere
       Hotspots mit einer Belastung von mehr als [2][10.000 Nanogramm Dioxin pro
       Kilogramm] gemessen worden. Partiell liege die Belastung sogar bei 700.000
       Nanogramm.
       
       Der zulässige Wert, ab dem Maßnahmen zu ergreifen sind, liegt bei lediglich
       1.000 Nanogramm. Immerhin hätten zusätzliche Untersuchungen in der weiteren
       Umgebung der Böschung keine Befunde gebracht. „Der Schaden ist zum Glück
       lokal aufgetreten“, sagte Raddatz.
       
       Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist das Gift in Altlasten zur Boden- und
       Bauschuttauffüllung in den 1960er-Jahren dorthin gelangt. Schon früh geriet
       deshalb der Chemiehersteller Boehringer Ingelheim als Verursacher ins
       Visier, weil Proben darauf hindeuten, dass es sich bei dem Dioxin um ein
       Abfallprodukt aus der Pflanzenschutzmittelproduktion handelt. Eine solche
       Produktion hatte es bis in die 1980er-Jahre im wenige Kilometer entfernten
       Werk des Chemieunternehmens gegeben.
       
       ## Boehringer beteiligt sich freiwillig an Sanierungskosten
       
       Juristisch könne der Konzern allerdings nicht als Verursacher herangezogen
       werden. Umso mehr zeigt sich die Umweltbehörde erfreut, dass Boehringer
       freiwillig 3,75 Millionen Euro zur Sanierung bereitstellt. Damit kennt sich
       der Konzern gut aus: Er verursachte, wie Anfang der 1980er bekannt wurde,
       auf dem ehemaligen Betriebsgelände und in Mülldeponien einen [3][der
       größten Umweltskandale in der Geschichte der Bundesrepublik]. Die Sanierung
       dauert noch Jahrzehnte an.
       
       „In diesem Fall sind wir zu einer guten Lösung gekommen“, befand Staatsrat
       Pollmann zum Abschluss des Infoabends. Das sei bei entdeckten
       Umweltvergiftungen in Hamburg nicht immer der Fall gewesen. Das sehen
       Anwohner:innen offenbar ähnlich: Die Kritik an den angekündigten
       Maßnahmen blieb am Dienstag überschaubar.
       
       27 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
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       nein.