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       # taz.de -- Interreligiöses Kita-Haus in Berlin: Drei Religionen unter einem Dach
       
       > In Friedrichshain soll ein interreligiöses Kita-Haus entstehen. Es wäre
       > das erste bundesweit. Das Ziel: Eine vorurteilsbewusste Erziehung.
       
   IMG Bild: So sieht die interreligöse Kita der Zukunft aus
       
       Berlin taz | In Friedrichshain-Kreuzberg soll ab 2023 ein
       Drei-Religionen-Kita-Haus mit einer jüdischen, einer christlichen und einer
       muslimischen Kita entstehen. Vorgesehen sind jeweils 45 Betreuungsplätze.
       Ab kommenden Jahr wird dafür ein viergeschossige Gebäude auf dem Grundstück
       der evangelischen St.Markus-Gemeinde in der Marchlewskistraße gebaut.
       
       „Das ist ein Leuchtturmprojekt“, sagt die Rabbinerin Gesa Ederberg von der
       [1][Jüdischen Gemeinde zu Berlin]. Sie ist eine von vier Initiatorinnen,
       die am Dienstag die Pläne für das Projekt vorgestellt haben: Mit der
       Leiterin des Deutschen Muslimischen Zentrums, Iman Andrea Reimann, der
       Pfarrerin Silke Radosh-Hinder und Kathrin Janert, der Vorständin des
       Evangelischen Kirchenkreisverbandes für Kindertageseinrichtungen Berlin
       Mitte-Nord arbeitet sie seit mehreren Jahren an dem Vorhaben.
       
       Ziel des Modellprojekts sei eine vorurteilsbewusste Erziehung, die den
       Austausch fördert und Missverständnisse beseitigt. „Kindern fehlt häufig
       die Sprachfähigkeit [2][im interreligiösen Dialog], nicht das Interesse“,
       sagt Reimann. Als Ort des Lernens und Zusammenkommens solle das Kita-Haus
       die Fragen der Kinder beantworten. Ziel sei es, dass die Kinder, Familien
       und Erzieher*innen ihren Alltag gemeinsam gestalten, so Ederberg.
       
       Trotzdem soll es sich um drei auch räumlich voneinander getrennte
       Tagesstätten handeln. Eine einzige große gemeinsame Kita, so die
       Befürchtung der Initiatorinnen, könnte zu ungleichen Verhältnissen führen:
       „So stellen wir sicher, dass alle drei Religionen paritätisch vertreten
       sind“, erklärt die Rabbinerin Ederberg. Jede Kita soll ihr eigenes
       religiöses Jahr leben können und außerdem genug Zeit für die Lernförderung
       haben. In der jüdischen Kita gehört zum Beispiel der Erwerb der hebräischen
       Sprache zu den selbst gesteckten Bildungszielen.
       
       ## Die Idee gibt es seit 2014
       
       Die Initiatorinnen blicken auf eine lange Planungszeit zurück: „Die erste
       Idee zu einem Drei-Religionen-Kita-Haus entstand bereits Ende 2014 bei
       einem Treffen des Berliner Forums der Religionen“, erzählt Ederberg. Die
       Standortsuche habe dann aber einige Jahre in Anspruch genommen. Ein
       Grundstück haben sie nun gefunden: Für den Standort zwischen
       Karl-Marx-Allee, Ostbahnhof und Warschauer Straße hat das Berliner
       Architekturbüro Stark&Stilb am Dienstag seinen Entwurf vorgestellt.
       
       Der Entwurf sieht jeweils eine Etage für die drei Kitas, sowie eine
       gemeinsame Begegnungsfläche vor. Außerdem soll es eine Bibliothek und
       Seminarräume, eine vegetarische Vollküche und einen „Raum der Stille“ für
       Gebete geben. Das Sicherheitskonzept steht noch nicht fest: Auch
       Sicherheitsschleusen, wie es sie häufig in jüdischen Einrichtungen gibt,
       seien eine Option, heißt es.
       
       Problematisch bleibt die Finanzierung: Die kalkulierten Baukosten betragen
       sieben Millionen Euro, die Fördermittel über das Kita-Ausbauprogramm werden
       zur vollständigen Finanzierung nicht reichen. „Am Ende bleibt ein Delta von
       1,4 Millionen Euro“, sagt Janert. Sie seien aber schon mit der Politik im
       Gespräch. Im rot-grün-roten Koalitionsvertrag heißt es außerdem, man wolle
       „die Unterstützung für Projekte der religionsübergreifenden Verständigung,
       wie den christlich-jüdischen Dialog sowie das [3][„House of One“] und eben
       die „Drei-Religionen-Kita“ auf Landes- und Bezirksebene fortführen.
       
       Auch wenn das Kita-Haus gezielt christliche, jüdische und muslimische
       Familien anspricht, soll sich jeder für einen Platz bewerben dürfen: „Alle
       Eltern sind willkommen, die anderen Religionen vorurteilsfrei begegnen und
       Lust auf das Projekt haben“, heißt es von den Initiatorinnen.
       
       Aber spricht man so nicht nur die Familien an, die ohnehin schon liberaler
       sind? „Wir wollen erstmal mit denen anfangen, die dem Projekt positiv
       gegenüberstehen“, sagen die Kita-Gründerinnen. Das werde kompliziert genug:
       „Auch wer sich für liberal hält, begegnet immer wieder eigenen
       Vorurteilen.“ Die Bauzeit soll 1,5 Jahre betragen, man rechne mit einer
       Eröffnung in 2024, hieß es.
       
       25 Jan 2022
       
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       ## AUTOREN
       
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