# taz.de -- Krise in Burkina Faso: Immer mehr Putsche in Westafrika
> Auch in Mali und Guinea wurden zuletzt gewählte zivile Präsidenten
> gestürzt. Die Putschisten dort widersetzen sich dem internationalem
> Druck.
IMG Bild: Der Päsident ist gefangen: Jubel und Unterstützung für die putschenden Soldaten
Berlin taz | Am 14. November 2021 im Morgengrauen überfielen rund 300
islamistische Kämpfer auf Lastwagen und Motorrädern den Gendarmerieposten
Inata weit in der nördlichen Savanne von Burkina Faso. Als sie wieder
gingen, waren 53 der 150 Gendarmen tot. Wenig später wurde bekannt, dass
der Kommandeur von Inata zuvor vergeblich Alarm geschlagen hatte: seiner
Truppe gingen Munition und Lebensmittel aus, sie müssten sogar auf
Nahrungssuche gehen.
Der Hilfsappell war vergeblich verhallt. Aber sein Echo ist der
Militärputsch, der allem Anschein nach am 24. Januar 2022 die zivile
[1][Regierung von Burkina Faso hinweggefegt] hat.
Zwischen diesen beiden Daten hat sich die [2][Unzufriedenheit in Burkina
Faso] immer offener geäußert. Der Sahelstaat, in dem selbstbewusste
zivilgesellschaftliche Gruppen den politischen Diskurs prägen, wurde von
Protesten erschüttert. Sie richteten sich gegen die französische
Militärpräsenz und gegen die eigene Regierung, immer in Unterstützung der
eigenen Streitkräfte und der Soldaten, die nach Ansicht der Protestierenden
von ihren politischen Dienstherren und ihren ausländischen Freunden
verraten und vernachlässigt werden und damit für das gesamte burkinische
Volk stehen.
Das Massaker von Inata wurde immer wieder als düsteres Exempel genannt.
„Sauvons le Burkina Faso“ (Retten wir Burkina Faso) nannte sich die größte
Protestkoalition, gegen die die Polizei immer wieder mit Gewalt vorging.
Präsident Marc Christian Roch Kaboré tauschte die komplette Regierung aus
und ernannte Militärgouverneure auf Provinzebene – es nützte ihm nichts.
Nun ist Kaboré der dritte zivile westafrikanische Präsident innerhalb von
achtzehn Monaten, dessen Herrschaft von der eigenen Truppe beendet worden
ist.
## Kette von Staatsstreichen
Der Umsturz in Burkina Faso, so er sich denn als Militärputsch von Dauer
bestätigt, reiht sich ein in eine Kette von Staatsstreichen in Westafrika –
dort, wo zivile Präsidenten sich als unfähig erweisen, die
Herausforderungen ihrer Länder zu meistern. In Mali verhafteten Soldaten am
18. August 2020 Präsident Ibrahim Boubacar Keïta; das [3][Militär ist
seitdem an der Macht], seit einem zweiten Putsch im Mai 2021 mit [4][Oberst
Assimi Goïta an der Staatsspitze].
[5][Guineas Präsident Alpha Condé] wurde am 5. September 2021 von Soldaten
unter Arrest gestellt; seitdem regiert eine Junta unter Mamady Doumbouya.
Er und Goïta kommandierten zuvor beide Spezialkräfte in ihren Ländern.
Jetzt ist Burkina Faso an der Reihe.
Eine solche Kette von Putschen hat Westafrika in diesem Jahrhundert noch
nicht erlebt, und es reagiert in bewährter Manier. Mali und Guinea stehen
unter harten Sanktionen, Burkina Faso dürfte im Falle einer militärischen
Machtergreifung schnell folgen. Die [6][Westafrikanische
Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas)] kennt keine Milde gegenüber Putschisten.
Doch je mehr Putschisten es in Westafrika gibt, desto schwieriger wird es,
sie zu isolieren. Gegen Mali gilt seit dem 10. Januar eine
[7][westafrikanische Wirtschaftsblockade] – aber Guinea wendet das nicht
an. Die Militärherrscher in Bamako und Conakry üben den Schulterschluss.
Mit einer Militärregierung in Ouagadougou könnte sich in Westafrika gegen
die gewählten Regierungen eine Achse der Putschisten bilden.
24 Jan 2022
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## AUTOREN
DIR Dominic Johnson
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