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       # taz.de -- Saar-Linken Landeschef Lutze entlastet: Einstiger Kronzeuge im Fokus
       
       > Im Politstreit bei den Saar-Linken gibt es eine Wende. Ermittelt wird
       > nicht mehr gegen Thomas Lutze, sondern gegen einen Zeugen.
       
   IMG Bild: Thomas Lutze während einer Bundestagssitzung im Dezember 2020
       
       Saarbrücken taz | Es gibt eine Wende im Politkrimi um die gefälschten
       Beitragsquittungen und [1][angeblich manipulierte Mitgliederlisten im
       saarländischen Landesverband der Linken.] Die Staatsanwaltschaft
       Saarbrücken hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der Urkundenfälschung
       gegen den Linken-Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze
       eingestellt. Das teilte die Behörde der taz mit. Nunmehr richteten sich die
       Ermittlungen gegen Mekan Kolasinac, den früheren Vorsitzenden im
       Stadtverband Saarlouis. Bislang galt dieser als Kronzeuge für die schweren
       Vorwürfe gegen Lutze.
       
       Vor gut einem Jahr hatte die frühere Landesvorsitzende und
       Landtagsabgeordnete Astrid Schramm ihren Nachnachfolger im Parteiamt bei
       der Staatsanwaltschaft angezeigt: Lutze selbst habe Beitragsquittungen
       gefälscht, Mitgliederlisten verändert und sogar mit Geldzahlungen an
       Stimmberechtigte seine Wahl zum Bundestagskandidaten der saarländischen
       Linken manipuliert, so Schramm in einem ausführlichen Schriftsatz. Ihre
       Strafanzeige war mit eidesstattlichen Erklärungen unterlegt, unter anderem
       mit einer von Kolasinac.
       
       „Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ habe nicht Lutze, sondern K. die
       Quittungen über Beitragszahlungen von Mitgliedern gefälscht, teilt die
       Behörde jetzt mit und beruft sich auf ein kriminaltechnisches
       Schriftgutachten des Landespolizeipräsidiums. Eine taz-Anfrage bei
       Kolasinac blieb bislang unbeantwortet. Landeschef Lutze selbst wollte sich
       ebenfalls noch nicht äußern; ihm liege der Beschluss der Staatsanwaltschaft
       nicht vor.
       
       ## Flügelkämpfe überschatteten auch Bundestagswahl
       
       Erledigt ist das Verfahren ohnehin noch nicht. Auf Nachfrage der taz
       präzisierte die Behörde, dass Vorermittlungen gegen Lutze wegen eines
       anderen Vorwurfs andauerten. Dabei gehe es um angeblich zweckentfremdetes
       Geld aus dem Etat des Bundestages. Der jetzt ins Fadenkreuz geratene
       Kolasinac war drei Jahre lang mit einem 450-Euro-Job als Mitarbeiter des
       Bundestagsabgeordneten Lutze beschäftigt gewesen, offiziell für Computer-
       und Schreibarbeiten. Derartige Tätigkeiten habe er zu keinem Zeitpunkt
       übernommen, er sei vielmehr Lutzes „Wirtschaftsberater“ gewesen, hatte
       Kolasinac seinerzeit im Gespräch mit der taz zu Protokoll gegeben. Ob die
       Zahlungen aus Steuermitteln an ihn trotzdem rechtmäßig waren, prüft die
       Behörde deshalb weiter.
       
       Die heftigen Flügelkämpfe im Linken-Landesverband hatte schon im
       vergangenen Jahr den Bundestagswahlkampf überschattet. [2][Parteigründer
       Oskar Lafontaine] entzog dem saarländischen Spitzenkandidaten Lutze wegen
       der Manipulationsvorwürfe öffentlich die Unterstützung. Der Landesvorstand
       forderte [3][Lafontaine und die frühere Landesvorsitzende Schramm deshalb
       auf, die Partei zu verlassen].
       
       Auf Lutzes Antrag wurde Schramm im Juni vom Landesschiedsgericht aus der
       Partei ausgeschlossen. Ihr formaler Widerspruch soll am kommenden Samstag
       vor der Bundesschiedskommission verhandelt werden. Dort liegt auch ein
       Ausschlussantrag gegen Lafontaine selbst. In Saarbrücken gehen viele davon
       aus, dass beide in einem [4][spektakulären Showdown] noch vor der
       Landtagswahl am 27. März mit einem Parteiaustritt ihrem Ausschluss
       zuvorkommen.
       
       Linken-Landeschef Lutze bleibt indes trotz der fortgesetzten Querelen
       zuversichtlich, dass der Landeswahlausschuss in der kommenden Woche die
       KandidatInnenlisten der Linken durchwinkt. Auf den ersten Listenplätzen
       kandidieren ausschließlich Mitglieder, die mit ihm kooperieren. Er hat den
       Machtkampf gegen Lafontaine offenbar gewonnen. Allerdings dümpeln die Werte
       der Partei in den Umfragen gefährlich nahe an der 5-Prozent-Hürde. Die
       Zeiten, in denen die Linken mit Lafontaine an der Spitze stets für
       zweistellige Ergebnisse gut waren, sind vorbei.
       
       13 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Streit-in-der-Linkspartei-im-Saarland/!5741363
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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