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       # taz.de -- Debatte über Solares Geoengineering: Finger weg vom Dimmer!
       
       > Wissenschaftler fordern ein Abkommen, das das Verringern der
       > Sonneneinstrahlung zum Abkühlen des Klimas verbietet. Dafür haben sie
       > gute Gründe.
       
   IMG Bild: Solares Geoengineering kann das Aus für Kohle, Gas und Öl nicht verhindern
       
       Basel taz | Solares [1][Geoengineering] muss weltweit verboten werden. Das
       verlangt eine Gruppe von Wissenschaftlern von der Staatengemeinschaft. Bei
       diesem Eingriff in die Atmosphäre werden Aerosole, etwa Schwefeldioxid,
       ausgebracht, um das Sonnenlicht zu dimmen und so das Klima zu kühlen. Dass
       das funktioniert, ließ sich beim Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen
       von 1991 beobachten. Der von dem Vulkan in die Stratosphäre geschleuderte
       Schwefel reduzierte die globale Durchschnittstemperatur im Folgejahr um ein
       halbes Grad.
       
       Die gleiche Menge mit Flugzeugen zu versprühen wäre sogar günstig:
       „Aerosole in der Stratosphäre auszubringen ist so billig, dass es Dutzende
       Länder gibt, deren Haushalt für die Luftwaffe dazu ausreichen würde“, sagt
       Klimaökonom Gernot Wagner. Die Frage sei „nicht ob, sondern wann“ das
       gemacht würde.
       
       Um das zu verhindern, schlagen die Wissenschaftler einen Staatsvertrag vor,
       mit dem sich die Länder dazu verpflichten, weder die Erforschung des
       solaren Geoengineerings finanziell zu unterstützen noch dessen Einsatz. Ein
       solches Verbot wäre nicht neu: Es ist auch nicht erlaubt, am Südpol
       Rohstoffe abzubauen, ozonschädigende Gase zu emittieren oder Abfälle im
       Meer zu entsorgen. Die größte Sorge bereitet den Wissenschaftlern, dass
       „solares Geoengineering im Rahmen des derzeitigen internationalen
       politischen Systems nicht auf eine global integrative und gerechte Weise
       geregelt werden kann“. Denn dazu müsste die Menschheit gemeinsam festlegen,
       wie stark und für wie lange das Klima gekühlt wird und wie Menschen und
       Länder entschädigt werden, denen dadurch ein Nachteil entsteht.
       
       Als weitere Gefahr sehen die Wissenschaftler, dass weniger für die
       Reduktion der Emissionen getan wird als möglich, solange die Option
       Geoengineering nicht formell ausgeschlossen ist. Dirk Messner, Präsident
       des Umweltbundesamtes und ein Mitunterzeichner des Aufrufs, sagt: „Solares
       Geoengineering lenkt von der Ursache für die Klimakrise ab. Wir müssen
       aufhören, Öl, Kohle und Gas zu verfeuern.“
       
       ## Vorlage für Konflikte
       
       Zudem besteht die Gefahr internationaler Konflikte. Wenn einzelne Länder
       das Klima mittels Geoengineering kühlen, könnten andere es absichtlich
       aufheizen, um den Effekt zu konterkarieren. Länder mit unterschiedlichen
       Interessen würden in gegensätzliche Richtungen am Thermostat der Erde
       drehen.
       
       [2][Dass es grundsätzlich Regeln für gezielte Eingriffe in das Weltklima
       geben sollte, ist weitgehend Konsens]. Der Chef der Carnegie Climate
       Governance Initiative, Janos Pasztor, sagt, hinter den Kulissen werde
       bereits verhandelt. Ziel sei es, Geoengineering 2023 in der
       UN-Generalversammlung zu diskutieren. Zentrale Frage: „Sind die Risiken
       einer 2 Grad wärmeren Welt schlimmer als die Risiken des Geoengineerings?“
       Erste Anhaltspunkte könnte ein Bericht des Weltklimarats IPCC liefern, der
       Anfang April erscheint.
       
       18 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Müller
       
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